Von Ulrike Timm
Ein Lob auf die Sparkassen erhebt Martin Walser in der "Süddeutschen Zeitung". Die befasst sich auch mit der "Kulturgeschichte des Saufens" während "Die Welt" Parallelen zwischen Spanischer und Schweinegrippe zieht.
Seltsame Blüten treibt das Feuilleton heute gleich mehrfach. Der Schriftsteller Martin Walser liest ein Buch über Sparkassen, weil er zum 200. Geburtstag des Sparkassenverbandes eine Sparkassen-Lobrede halten musste oder wollte – und die steht dann in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Das heißt, den meisten Raum in dieser Sparkassen-Lobrede nehmen Zitate aus dem Buch über Sparkassen ein, das Martin Walser zur Vorbereitung dieser Rede offenbar gründlich und mit Andacht gelesen hat – das ist nett, aber wäre diese Lobrede auch in die SÜDDEUTSCHE gelangt, wenn sie nicht von Martin Walser stammte? Man wundert sich und ist verstimmt.
Eine Seite weiter recherchiert der Feuilletonchef der SÜDDEUTSCHEN ziemlich nüchtern die Kulturgeschichte des Saufens. Das ist doch mal ein feines Thema: "Der Rausch"! Auch Thomas Steinfeld hat ziemlich viel gelesen und erzählt uns davon, kommt von der antiken Literatur, wo es "von mehr oder weniger betrunkenen Menschen wimmelt" über die These, dass der Infanterist des ersten Weltkriegs anders trank als der Arbeiter – aber wohl beide ähnlichen Fusel – bis zum Komatrinken unter den Jugendlichen unserer Tage. Warum machen die das?
"Der Zwang, das Grauenhafte zu tun und die Euphorie, es gemeinsam mit anderen zu tun, in der immer schon getrogenen Hoffnung vielleicht, dass sich in der höchsten Intensität des Kollektivs das Grauenhafte in etwas Schönes verwandelt."
Ach so. Pardon, Herr Feuilletonist, hat bei diesem Satz vielleicht …das Thema ein klein wenig zugeschlagen? "Der Rausch" steht in der SÜDDEUTSCHEN. Imponiert hat uns aber diese Passage:
"’Der einfache Trinker bleibt aus Vorsicht gegenüber dem Zuviel innerhalb seiner Grenzen, während der wirkliche Trinker nichts anderes im Sinn hat als das Übermaß, als das Darüberhinaus.’ Eine der beliebtesten Wodkamarken heißt ‚Absolut’. Selten gab es einen besseren Namen."
Jetzt haben Sie eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder machen Sie sich einen extra starken Kaffee. Oder Sie geben sich vollends die Kante und lesen die WELT:
"Den Bestattungsunternehmern fehlen die Särge. Niemand stirbt mehr seinen eigenen Tod (…) Die Totengräber erhöhen ihre Preise um 600 Prozent."
Das Foto zum Artikel hat schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel - die junge Dame, die mit Mundschutz Berichte in die Schreibmaschine hämmert, tut das 1918, zur Zeit der Spanischen Grippe.
Die kostete viele Millionen Menschen das Leben, was den Soziologen Wolfgang Sofsky mit Blick auf die Schweinegrippe nicht nur beunruhigt, sondern auch schwer inspiriert. Anders kann man sein Worst Case Szenario zu einem eventuell mutierenden Schweinegrippevirus kaum lesen. "Wenn die Schweinegrippe wirklich ernst macht, sind auch die Behörden machtlos", konstatiert Sovsky.
Und auch wenn man sich nach Lektüre der WELT erst mal mit Mundschutz in den hintersten Winkel verkrümeln möchte, hätte so ein klitzekleiner Hinweis vielleicht auch nicht geschadet - darauf nämlich, dass heute, bei aller berechtigten Wachsamkeit gegenüber einer Pandemie, doch auch das eine oder andere Medikament zur Verfügung steht, das die bedauernswerten Grippeopfer 1918 noch nicht hatten. Nun denn, wer sich gruseln möchte, ist mit "Sommerfieber" in der WELT bestens bedient.
Eine Seite weiter recherchiert der Feuilletonchef der SÜDDEUTSCHEN ziemlich nüchtern die Kulturgeschichte des Saufens. Das ist doch mal ein feines Thema: "Der Rausch"! Auch Thomas Steinfeld hat ziemlich viel gelesen und erzählt uns davon, kommt von der antiken Literatur, wo es "von mehr oder weniger betrunkenen Menschen wimmelt" über die These, dass der Infanterist des ersten Weltkriegs anders trank als der Arbeiter – aber wohl beide ähnlichen Fusel – bis zum Komatrinken unter den Jugendlichen unserer Tage. Warum machen die das?
"Der Zwang, das Grauenhafte zu tun und die Euphorie, es gemeinsam mit anderen zu tun, in der immer schon getrogenen Hoffnung vielleicht, dass sich in der höchsten Intensität des Kollektivs das Grauenhafte in etwas Schönes verwandelt."
Ach so. Pardon, Herr Feuilletonist, hat bei diesem Satz vielleicht …das Thema ein klein wenig zugeschlagen? "Der Rausch" steht in der SÜDDEUTSCHEN. Imponiert hat uns aber diese Passage:
"’Der einfache Trinker bleibt aus Vorsicht gegenüber dem Zuviel innerhalb seiner Grenzen, während der wirkliche Trinker nichts anderes im Sinn hat als das Übermaß, als das Darüberhinaus.’ Eine der beliebtesten Wodkamarken heißt ‚Absolut’. Selten gab es einen besseren Namen."
Jetzt haben Sie eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder machen Sie sich einen extra starken Kaffee. Oder Sie geben sich vollends die Kante und lesen die WELT:
"Den Bestattungsunternehmern fehlen die Särge. Niemand stirbt mehr seinen eigenen Tod (…) Die Totengräber erhöhen ihre Preise um 600 Prozent."
Das Foto zum Artikel hat schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel - die junge Dame, die mit Mundschutz Berichte in die Schreibmaschine hämmert, tut das 1918, zur Zeit der Spanischen Grippe.
Die kostete viele Millionen Menschen das Leben, was den Soziologen Wolfgang Sofsky mit Blick auf die Schweinegrippe nicht nur beunruhigt, sondern auch schwer inspiriert. Anders kann man sein Worst Case Szenario zu einem eventuell mutierenden Schweinegrippevirus kaum lesen. "Wenn die Schweinegrippe wirklich ernst macht, sind auch die Behörden machtlos", konstatiert Sovsky.
Und auch wenn man sich nach Lektüre der WELT erst mal mit Mundschutz in den hintersten Winkel verkrümeln möchte, hätte so ein klitzekleiner Hinweis vielleicht auch nicht geschadet - darauf nämlich, dass heute, bei aller berechtigten Wachsamkeit gegenüber einer Pandemie, doch auch das eine oder andere Medikament zur Verfügung steht, das die bedauernswerten Grippeopfer 1918 noch nicht hatten. Nun denn, wer sich gruseln möchte, ist mit "Sommerfieber" in der WELT bestens bedient.