Von Ulrike Timm

Die "NZZ" beschwert sich über Ungenauigkeiten in der Kalenderrechnung. Die "Welt" berichtet von Thomas Manns Haus im kalifornischen Exil, für das ein neuer Mieter gesucht wird. Und die "Frankfurter Rundschau" schreibt über die Rückkehr der Familie von Anne Frank ins Jüdische Museum Frankfurt.
Diesen Beitrag kann man nur alle vier Jahre schreiben - und so bekommt Klaus Bartels für "Die ewige Wiederkehr der Ungenauigkeit" in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG eine gediegene Seite Platz, samt uralter Gestirnenkarte. Die soll das Grundärgernis deutlich machen: Der Himmel hält sich an keine runde Zahl, die Erde dreht sich in 365 1/4- Tagen um die Sonne, da braucht es Schalttage. Der Kalender musste entsprechend zurechtgebogen werden - und der Korrekturleser der NZZ hatte wohl viel zu tun oder zu rechnen, weil der Autor mit gebührender Sorgfalt im alten Rom beginnt:

"Vier Sonnenjahre von je 365,25 Tagen haben 1461 Tage; mit seinen Vierjahreszyklen von 355 und 377, 355 und 378, zusammen 1465 Tagen ging der altrömische Kalender in jedem Jahr einen Tag nach."

Uff. Preisen wir Cäsar, der hat da etwas aufgeräumt, und die NZZ durchläuft die Änderungen stoisch wie ein Schweizer Uhrwerk. Wir überspringen mutig zwei Spalten, viele hundert Jahre und jede Menge Mathematik und lernen: Cäsars julianischer Kalender hatte nach gut 500 Schaltzyklen so viel Verspätung, dass er renoviert werden musste. 1582 verfügte der Papst ein entsprechendes Update, und der Restfehler, der immer neu aus diesem vertrackten viertel Tag herrührt, den die eigensinnige Erde zusätzlich um die Sonne kreist und um den sie sich offenbar nicht ausbremsen lässt, dieser Restfehler wird sich erst in vielen tausend Jahren auswirken und Änderung erzwingen. So sorgt die NZZ schon heute vor:

"Wenn Gott will und wir leben, können wir im Februar 40.000 ja wieder entsprechend verfahren."

Vor einem erneuten Kalenderupdate hat das Haus von Thomas Mann, das er sich im kalifornischen Exil bauen ließ und in dem er sich so besonders wohl fühlte, hoffentlich einen neuen Mieter. Der wird nämlich gesucht und kann unter www.dreamhomephoto.com/1550sanremo schon mal gucken: Acht Zimmer, fünf Bäder, und auch von Thomas Manns geliebten Palmen auf dem Grundstück stehen noch drei. 15.000 Dollar Miete im Monat sind ein "Schnäppchen" im Vergleich zu manch anderem Objekt, das etwa in Beverly Hills angeboten wird. "Dieses Haus gehört uns allen", meint die WELT über die kulturträchtige Immobilie und empfiehlt:

"Eine große Chance könnte die Villa für Kulturstaatsminister Bernd Neumann sein, der sie mit Bundesmitteln zur Gedenk- und Kommunikationsstätte in Erinnerung an Tausende jüdische Emigranten aus Deutschland und Österreich machen könnte, die Los Angeles zu dem gemacht haben, was es heute ist: eine kulturelle Weltstadt."

Eine erstaunliche Rückkehr beschreibt Arno Widmann in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Die Familie von Anne Frank kommt zurück nach Frankfurt. Ins Museum für jüdische Geschichte."

Frankfurt? Ja, das Manuskript des Tagebuches gehört nach Amsterdam und wird dort bleiben, aber die Nachfahren der miteinander verwandten Familien Stern, Elias und Frank haben entschieden, ihre umfangreiche Sammlung als Dauerleihgabe dem Frankfurter Jüdischen Museum zur Verfügung zu stellen. Der 87-jährige Buddy Elias, der Bilder und Dokumente jetzt dem Jüdischen Museum übergibt, sagt, "er habe Frankfurt, seine Heimatstadt, wieder lieben gelernt."

Die FR skizziert den gesellschaftlichen Aufstieg des Urahnen der Familie Frank, der Ende des 18. Jahrhunderts noch im Ghetto geboren wurde, als Hausierer begann und es mit seiner Familie zu angesehenen Frankfurter Bürgern brachte, als eine "Geschichte von Menschen, die ihre Bildungschancen nutzten. Lesen und Schreiben (...) waren Fertigkeiten, die man übte, in denen man sich trainierte. Die ganze Familie schrieb Geschichten und Tagebücher. Die Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, das auch festzuhalten, kennen wir aus den Tagebüchern von Anne Frank, (...) aber (...) in dieser Familie schrieben alle und so ermunterten sie einander zu schreiben."

Arno Widmann formuliert in seinem Artikel eine Hoffnung: So wie der Vorfahre der Francks "sollen in ein paar Jahren die Hausierer von heute aussehen. Diesen Weg sollen sie und wir mit ihnen gehen. Dann wäre nicht nur die Familie, sondern auch Anne Frank im Museum. Zu unserer Freude."