Von Ulrike Timm

Die "Welt" beschäftigt sich mit einer Untersuchung über Nationalhymnen, "Die Zeit" und andere mit dem neuen Album von Leonard Cohen und die "Süddeutsche" trauert um den griechischen Regisseur Theo Angelopoulos.
Die "Welt" beschäftigt sich mit einer Untersuchung über Nationalhymnen, "Die Zeit" und andere mit dem neuen Album von Leonard Cohen und die "Süddeutsche" trauert um den griechischen Regisseur Theo Angelopoulos.

"Die Marseillaise ist unverbrühbar"

lesen wir in der WELT und sind schwer beruhigt, gehört die Erinnerung an Sarah Connors "brüh im Lichte dieses Glückes", dass sie der deutschen Nationalhymne angedeihen lies, doch nicht ganz zu den Highlights der Interpretation. Zwei Musikwissenschaftler haben sich Nationalhymnen vorgenommen und höre da: sowohl die amerikanische als auch die deutsche sind eben schlicht zu schwierig nach Ton, Text und Rhythmus. Und die französische Marseillaise so wunderbar einfach, dass noch heute

"jeder einigermaßen beseelte Zuschauer, wenn er dieses Lied hört, doch sofort ein paar Aristrokraten köpfen möchte."

Dumm nur, dass die Stichprobe der Musikwissenschaft nur sechs Hymnen umfasst, ärgert sich Matthias Heine in der WELT, bergen doch gerade die Hymnen ambitionierter Kleinstaaten oft die größten Schwierigkeiten.

"Je winziger das Land, je geringer das Bruttosozialprodukt, desto komplizierter meist die Harmonik und desto häufiger der Rhythmuswechsel",

vermutet augenzwinkernd die WELT und eröffnet allen Hymnenforschern mit dieser These ein reiches Betätigungsfeld.

Mitsingen oder wenigstens mitbrummen kann man die Songs von Leonard Cohen ganz gut, nach acht Jahren hat er mit alten Ideen ein neues Album aufgenommen und gleich im Titel hat Leonard Cohen klar gemacht, dass er sich genau das vorgenommen hatte: "Old ideas", so heißt das Album und ist der ZEIT fast eine komplette Seite wert. Mit Wärme, beinahe mit Andacht besingt Thomas Gross in Worten die Lieder des mittlerweile 77jährigen Cohen, "so radikal unzeitgemäß, dass es wieder passt" sei der Mann und "ein Erotiker von Welt".

Während diese Rezension also schon wieder eine Hymne ist, plumpst man mit der WELT schnurstracks ganz tief,

"Er ist nicht mehr jung und braucht das Geld"

überschreibt Michael Pilz seine Sicht auf das neue Album von Leonard Cohen, während Rüdiger Schaper im Tagesspiegel die Aufnahme mit durchaus bangen Fingern in die Hände nahm, um dann festzustellen:

"Alte Liebe rostet langsamer".

So viel Gedrucktes über Klingendes – gewiss wird Ihnen das neue Album von Leonard Cohen in den nächsten Tagen und Wochen noch vielfach entgegenschallen, zitieren wir also noch ganz kurz die BERLINER ZEITUNG:

"An allen Ecken rufen wehe, süße Damenchöre einen herzzugewandten Gruß"…"

""Kämpfer der Stille" – wir sind in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und bei einem der vielen ehrenden Nachrufe auf den griechischen Regisseur Theo Angelopoulos, der einen völlig eigenen Ton und vor allem einen völlig eigenen Rhythmus für seine Filme fand.

"Seine langsamen, beinah schwebenden, wunderbar komponierten Kamerafahrten – bei aller Poesie funktionierten sie auch als Zeichen der Verweigerung, als Protest gegen die neuen, globalen, sinnlos beschleunigten Bilderfluten"

meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erinnert an einige besonders eindrückliche filmische Sequenzen, die Angelopoulos aus dieser Haltung heraus schuf:

"die Leninstatue, die auf einem Flussdampfer vorbeizieht, während am Ufer die Menschen auf die Knie fallen, in ,Der Blick des Odysseus’ … oder Marcello Mastroianni als Imker, der sich auf die Erde legt, um sich von seinen Bienen totstechen zu lassen, in ,Der Bienenzüchter’...Zeit, Raum und Klang verschmolzen in seinen Filmen zu einem einzigartigen Gesamtkunstwerk",

so die FAZ.

Theo Angelopoulos ist nach einem Unfall bei Dreharbeiten in Piräus im Alter von 76 Jahren gestorben, der TAGESSPIEGEL ruft ihm nach

"Was für ein lauter, oberflächlich dramatischer Tod, der so gar nicht zu diesem inwendig glühenden Leben passen will. Aber wann passt ein Tod schon zum Leben?"