Von Tobias Wenzel

Die "NZZ" beschäftigt sich mit der Sprache von Italiens Ex-Ministerpräsident Berlusconi. Der "Spiegel" lässt den chinesischen Dissidenten Liao Yiwu Zitate von Altbundeskanzler Helmut Schmidt über China bewerten. "Die Welt" berichtet über die Berliner Konferenz "Inside Iran".
An ihrer Sprache könne man "die Halunken am ehesten erkennen", schreibt Franz Haas in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG, zitiert damit Karl Kraus und denkt an den nun abgetretenen italienischen Ministerpräsidenten: "Zukünftige Linguisten werden das Italienisch von Silvio Berlusconi noch ausgiebig sezieren." Mit dem Wort "traditore", "Verräter", habe Berlusconi jene acht Abweichler aus seinem Lager bezeichnet. Man solle diese "Verräter" erschießen und zwar in den Rücken, habe ein treuer postfaschistischer Abgeordneter daraufhin gesagt.

Haas erinnert daran, dass Mussolini einst dessen Schwiegersohn einen Verräter nannte, weil der 1943 gegen Mussolini gestimmt hatte. Mussolini ließ den Schwiegersohn als "Verräter" hinrichten. Nun ist Berlusconi kein Mörder, aber für den NZZ-Autor ein geistiger Brandstifter:

"Die Sprache des Berlusconismus, der auch den Faschismus wieder salonfähig gemacht hat, ist ein Gemisch aus Brutalität und Frivolität im Dienst der Macht, und sie wird dem Land noch lange als ein giftiges Geschenk aus dieser Ära bleiben."

Franz Haas warnt – ähnlich wie Hans Woller in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG – davor, zu meinen, mit dem Abgang Berlusconis sei Italien schon gerettet. Zu groß seien die "Flurschäden" von Berlusconis Erbe:

"Seine Minister liessen Pompei zerbröseln, kappten Theatern und Konzerthäusern die Gelder, strichen die Forschungsmittel der Universitäten fast auf das Niveau der Mongolei. Und die ohnehin schon maroden öffentlichen Schulen gleichen nun denen in einem mittleren Schwellenland."

Nicht nur das Feuilleton der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG ist an diesem Montag besonders politisch. Susanne Beyer hat für den SPIEGEL den chinesischen Dissidenten Liao Yiwu getroffen und ihn mit Aussagen von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt konfrontiert.

Demnach hatte Schmidt in Günther Jauchs Talkshow im Ersten den chinesischen Kommunismus als "erfolgreich" bezeichnet. Denn schließlich gehe es aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs fast allen Chinesen besser als zuvor. "Die haben das Recht nach ihrer eigenen Fasson selig zu werden."

Diese Zitate hat die SPIEGEL-Autorin nun dem chinesischen Schriftsteller Liao vorgelegt. Darauf der: So würden nur Menschen reden, die den Handel mit China nicht gefährden wollten. Wenn man den Handel über die Menschenrechte stelle, sei "der Tag des Weltuntergangs gekommen". Ob Helmut Schmidt Liaos Buch über seine Zeit im chinesischen Gefängnis gelesen hat? Über die Foltermethoden? An diesem Montag erhält Liao für sein Gefängnisbuch den Geschwister-Scholl-Preis in München. DER SPIEGEL hat seine Dankesrede abgedruckt. Darin erzählt Liao Yiwu, wie er am 4. Juni 1989 ein Gedicht "über die blutigen Ereignisse am Platz des Himmlischen Friedens" schrieb und mit dem Vers endete: "Dieses Massaker überleben nur Hunde."

Er selbst sei tatsächlich "herabgesunken" zu einem Hund seines eigenen Staates, als man ihn in einen "Käfig" einsperrte. Liao versuchte sich im Gefängnis das Leben zu nehmen, indem er seinen Kopf gegen die Wand schlug. Seine beiden Mithäftlinge hatten nur Spott für den Blutüberströmten übrig. "So ist der Hund langsam herangewachsen", schreibt Liao:

"Einmal haben sie mich so gereizt, dass ich einem Wärter in den Finger gebissen habe, das hat im ganzen Gefängnis für Aufsehen gesorgt. Sie haben mich beschimpft, ich sei ein tollwütiger Hund, und es war mir auch selbst bewusst, dass ich meine Würde verloren hatte."

So traurig sollte man keine Presseschau beenden. Andrea Backhaus hat für DIE WELT die Berliner Konferenz "Inside Iran" verfolgt, die eigentlich rein wissenschaftlich sein wollte, doch durch die Diskussion über das vermeintliche Atomprogramm des Iran auch politisch wurde. Müssen wir uns also vor dem Iran fürchten? Der Historiker Ali Ansari habe die Frage so beantwortet: "Die Iraner werden die Welt und damit sich selbst nicht in die Luft jagen. Dafür sind sie viel zu eitel." Na, das ist doch mal beruhigend.