Von Tobias Wenzel
Der "Spiegel" beleuchtet die Rolle, die der Springer-Verlag und die "Bild"-Zeitung in der Plagiatsaffäre um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg spielen, und in der "Welt" stellt sich Henryk M. Broder die Frage, inwieweit die Doktorarbeit Gregor Gysis wissenschaftlichen Kriterien genügt.
Man könnte sich in einem Artikel der FAZ über unseren Umgang mit Risiken informieren und darüber, was den Lotto-Jackpot mit Stromschlägen verbindet. Man könnte im SPIEGEL erfahren, inwiefern Hans Magnus Enzensberger Brüssel als "sanftes Monster" erscheint. Man könnte auch im TAGESSPIEGEL das Gespräch mit Arno Geiger über dessen demenzkranken Vater lesen, anstatt es nur zu überfliegen und sich nur an einem Satz des Vaters zu erfreuen:
"Der Finger in der Nase dichtet auch."
Man könnte das alles tun, wenn die Plagiatsaffäre um Minister Guttenberg nicht so wuchtig weiter wabern würde und einem die Zeit dazu nähme. Drei Autoren des SPIEGELs gehen der Frage nach, ob Karl-Theodor zu Guttenberg vorsätzlich große Passagen fremder Autoren ohne Quellenangaben in seine Arbeit übernommen hat. Der SPIEGEL zitiert den Kölner Strafrechtsprofessor und "erfahrenen Doktorvater" Thomas Weigend mit den Worten:
"Ich würde einem Kandidaten nicht glauben, der in so einem Fall behauptet, dass es bloße Fahrlässigkeit war."
Vier Seiten sind dem SPIEGEL die Plagiatsaffäre wert. Wenn man genau hinsieht, auch die Titelgeschichte. Die dreht sich zwar um die Frage, ob und wenn ja, inwiefern die "Bild"-Zeitung ein geistiger Brandstifter ist. Aber der Artikel beginnt mit dem Satz:
"Auch in finsteren Zeiten kann sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auf treue Freunde verlassen, vor allem wenn es sich um Journalisten aus dem Hause Springer handelt."
Der SPIEGEL druckt ein Foto ab, das den Bild-Chefredakteur Kai Diekmann mit Ministergattin Guttenberg in freundschaftlicher Umarmung zeigt. "Bild" berichte nicht sachlich über die Affäre zu Guttenberg. Vielmehr habe sie – ganz unjournalistisch - eine Kampagne für ihn gestartet, habe vorübergehend eine Umfrage auf Bild.de vom Netz genommen, der zufolge sich 57 Prozent der Befragten für einen Rücktritt des Ministers ausgesprochen hätten. "Bild", so der SPIEGEL, übernehme gar
"wieder die Rolle einer rechtspopulistischen Partei, die im deutschen Politikbetrieb"
fehle. Minister Guttenberg kommt’s zugute.
"Im Fall Guttenberg erhob sich Gregor Gysi zum Richter. Ein Blick in seine Dissertation zeigt, wie kurzsichtig das war",
schreibt Henryk M. Broder in der WELT. Gysi habe "weite Teile" seiner Doktorarbeit bei "Marx, Engels, Lenin, dem ZK der SED" abgeschrieben, allerdings "die Quellen immer korrekt angegeben". Ein bisschen tut einem Broder Leid. Hat er sich doch offensichtlich durch alle 230 Seiten der ebenso juristischen wie sozialistischen Doktorarbeit Gysis gekämpft. Broders Fazit:
"Wenn das eine Arbeit ist, die wissenschaftlichen Kriterien standhält, dann ist auch Kartenlegen eine wissenschaftliche Disziplin."
Denn die Arbeit Gysis ruhe vor allem auf einem Grundsatz: "Die Partei hat immer Recht." Gysi stimme darin eine Hymne auf den "sozialistischen Staat" und die "sozialistische Rechtsetzung" an. Diese Abhandlung hätte Broders Meinung nach Gysi dazu veranlassen müssen,
"demütig den Beginn des Ruhestands im Schoß der von ihm verachteten ‚Monopolbourgeoisie’ abzuwarten, statt den Politkommissar in Sachen Anstand und Moral zu spielen."
Im wohlverdienten Ruhestand ist der Maler und DDR-Staatskünstler Willi Sitte. An diesem Montag wird er 90.
"Was hätte aus diesem Künstler werden können, wenn er seine Freiheit nicht irgendwann für die Verlockungen der Politik geopfert hätte?"
fragt Michael Zajonz wohl rhetorisch im TAGESSPIEGEL. Stephan Speicher erinnert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG an jenen Eklat im Jahr 2000, als die Aufsichtsgremien des Germanischen Nationalmuseums Bedenken bezüglich einer geplanten Sitte-Ausstellung äußerten.
"Sittes Rolle in der Kunstpolitik der DDR werde nicht gebührend dargestellt."
Seine von Picasso beeinflussten kubistischen Werke hätten durchaus Klasse, aber an Propaganda-Kunst habe es Sitte leider nicht fehlen lassen. Was in den Feuilletons fehlt, ist der Hinweis darauf, wie wenig Propaganda Sitte hinsichtlich seines Äußeren gemacht hat. Das, sagte Sitte einmal, gleiche dem eines Sparkassenmitarbeiters.
"Der Finger in der Nase dichtet auch."
Man könnte das alles tun, wenn die Plagiatsaffäre um Minister Guttenberg nicht so wuchtig weiter wabern würde und einem die Zeit dazu nähme. Drei Autoren des SPIEGELs gehen der Frage nach, ob Karl-Theodor zu Guttenberg vorsätzlich große Passagen fremder Autoren ohne Quellenangaben in seine Arbeit übernommen hat. Der SPIEGEL zitiert den Kölner Strafrechtsprofessor und "erfahrenen Doktorvater" Thomas Weigend mit den Worten:
"Ich würde einem Kandidaten nicht glauben, der in so einem Fall behauptet, dass es bloße Fahrlässigkeit war."
Vier Seiten sind dem SPIEGEL die Plagiatsaffäre wert. Wenn man genau hinsieht, auch die Titelgeschichte. Die dreht sich zwar um die Frage, ob und wenn ja, inwiefern die "Bild"-Zeitung ein geistiger Brandstifter ist. Aber der Artikel beginnt mit dem Satz:
"Auch in finsteren Zeiten kann sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auf treue Freunde verlassen, vor allem wenn es sich um Journalisten aus dem Hause Springer handelt."
Der SPIEGEL druckt ein Foto ab, das den Bild-Chefredakteur Kai Diekmann mit Ministergattin Guttenberg in freundschaftlicher Umarmung zeigt. "Bild" berichte nicht sachlich über die Affäre zu Guttenberg. Vielmehr habe sie – ganz unjournalistisch - eine Kampagne für ihn gestartet, habe vorübergehend eine Umfrage auf Bild.de vom Netz genommen, der zufolge sich 57 Prozent der Befragten für einen Rücktritt des Ministers ausgesprochen hätten. "Bild", so der SPIEGEL, übernehme gar
"wieder die Rolle einer rechtspopulistischen Partei, die im deutschen Politikbetrieb"
fehle. Minister Guttenberg kommt’s zugute.
"Im Fall Guttenberg erhob sich Gregor Gysi zum Richter. Ein Blick in seine Dissertation zeigt, wie kurzsichtig das war",
schreibt Henryk M. Broder in der WELT. Gysi habe "weite Teile" seiner Doktorarbeit bei "Marx, Engels, Lenin, dem ZK der SED" abgeschrieben, allerdings "die Quellen immer korrekt angegeben". Ein bisschen tut einem Broder Leid. Hat er sich doch offensichtlich durch alle 230 Seiten der ebenso juristischen wie sozialistischen Doktorarbeit Gysis gekämpft. Broders Fazit:
"Wenn das eine Arbeit ist, die wissenschaftlichen Kriterien standhält, dann ist auch Kartenlegen eine wissenschaftliche Disziplin."
Denn die Arbeit Gysis ruhe vor allem auf einem Grundsatz: "Die Partei hat immer Recht." Gysi stimme darin eine Hymne auf den "sozialistischen Staat" und die "sozialistische Rechtsetzung" an. Diese Abhandlung hätte Broders Meinung nach Gysi dazu veranlassen müssen,
"demütig den Beginn des Ruhestands im Schoß der von ihm verachteten ‚Monopolbourgeoisie’ abzuwarten, statt den Politkommissar in Sachen Anstand und Moral zu spielen."
Im wohlverdienten Ruhestand ist der Maler und DDR-Staatskünstler Willi Sitte. An diesem Montag wird er 90.
"Was hätte aus diesem Künstler werden können, wenn er seine Freiheit nicht irgendwann für die Verlockungen der Politik geopfert hätte?"
fragt Michael Zajonz wohl rhetorisch im TAGESSPIEGEL. Stephan Speicher erinnert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG an jenen Eklat im Jahr 2000, als die Aufsichtsgremien des Germanischen Nationalmuseums Bedenken bezüglich einer geplanten Sitte-Ausstellung äußerten.
"Sittes Rolle in der Kunstpolitik der DDR werde nicht gebührend dargestellt."
Seine von Picasso beeinflussten kubistischen Werke hätten durchaus Klasse, aber an Propaganda-Kunst habe es Sitte leider nicht fehlen lassen. Was in den Feuilletons fehlt, ist der Hinweis darauf, wie wenig Propaganda Sitte hinsichtlich seines Äußeren gemacht hat. Das, sagte Sitte einmal, gleiche dem eines Sparkassenmitarbeiters.