Von Tobias Wenzel
Während im "Spiegel" der britische Schriftsteller Ian McEwan zu Wort kommt und sich zu Atomkraft und Sex äußert, widmen sich die "Taz" und die "Welt" Ernst Jünger und Arthur Schopenhauer: Auch da spielt Sex eine Rolle.
"Ich wünschte, meine Generation hätte nicht so stark gegen Atomkraft gekämpft."
Das sagt der britische Schriftsteller Ian McEwan im SPIEGEL-Interview mit Claudia Voigt. Für seinen Roman "Solaris" hat sich McEwan laut eigenen Angaben intensiv mit der Klimaproblematik auseinandergesetzt. Sein Fazit: Wir brauchen Atomenergie. Gerührt zeigt sich der Autor von den leuchtenden Großstädten bei Nacht. Und behauptet:
"Wir werden Städte wie London, Paris oder Berlin an einem kalten Tag im Februar nicht mit Windenergie am Laufen halten."
Im Übrigen, so Ian McEwan weiter, sei das Problem der Endlagerung lösbar. "Lasst mich in Ruhe mit euren Explosionen", auch das ein Satz aus dem SPIEGEL-Interview. Allerdings spricht McEwan hier nicht über die Vorstellung, Kernkraftwerke könnten in die Luft fliegen. Vielmehr über die Darstellung von Sexszenen in der Literatur. Nein, so peinlich primitiv mache er das nicht, aber Sex, mit Gefühlen verbunden, gehöre schon in einen Roman. Warum? fragt die SPIEGEL-Redakteurin. Antwort McEwan:
"Weil Sex interessanter ist als Briefmarkensammeln."
Arthur Schopenhauer, der am Dienstag vor 150 Jahren gestorben ist, hätte das Briefmarkensammeln vorgezogen. Denn die Sexualität war ihm, zumindest in seiner Philosophie, so etwas wie das Zentrum dessen, was er "Wille" nannte und womit er "Trieb" meinte. Dann lieber Askese üben. Die WELT zitiert den Philosophen mit den Worten:
"Alle Verliebtheit, wie ätherisch sie sich auch gebärden mag, wurzelt allein im Geschlechtstriebe."
Und Rüdiger Safranski, der selbst ein Buch über Schopenhauer geschrieben hat, fasst dessen Gedanken im SPIEGEL so zusammen:
"Die Genitalien suchen sich, und die Seelen glauben sich zu finden."
Wer mag dem Mann da seinen tiefen Pessimismus verdenken und die Tatsache, dass er Menschen manchmal abfällig als "Zweifüßler" bezeichnete und seinen Pudel mit den Worten "du Mensch" zu beschimpfen glaubte. Auch das erfährt man aus dem Essay von Rüder Safranski. Schopenhauer habe mit seinem Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung" eine biologische Wende in der Philosophie herbeigeführt. Er habe gewisse Grundlagen für die Psychoanalyse geschaffen. Und mehr noch: Wir brauchen heute Schopenhauer mehr denn je: "Wir müssen Verzicht und Askese lernen", schreibt Rüdiger Safranski. "Die Gier dämpfen."
"Er war ein hitziger, mordlustiger Kämpfer." Mit diesen Worten lässt der TAZ-Kritiker Jörg Magenau seine Rezension zu Ernst Jüngers "Kriegstagebuch" enden. Die ungeschönten Aufzeichnungen aus den Jahren des Ersten Weltkriegs, gewissermaßen die Rohfassung, die Vorlage für die romanhaften Schilderungen der "Stahlgewitter", ist nun erschienen, herausgegeben vom Heidelberger Germanisten Helmuth Kiesel. Daland Segler hat das Buch für die FRANKFURTER RUNDSCHAU gelesen und kommt zu dem Schluss, dass der nicht einmal volljährige Leutnant Jünger "zynisch" schreibt, "den Grausamkeiten das gleiche Maß an Darstellung zukommen lässt wie seinen Freizeitbeschäftigungen". Jörg Magenau analysiert in der TAZ Jüngers Sprache. Jünger verwende zum Beispiel das Wort "putzig", um eine tote Kuh zu beschreiben, die nur noch Haut und Knochen ist. Von sich selbst schien der junge Kämpfer viel zu halten. Zitat:
"Führer sein mit klarem Kopfe heißt der Gottähnlichkeit nahe sein. Wenige sind auserkoren."
Offensichtlich zählte sich Jünger selbst dazu.
"In der Hitze des Augenblicks sah und hörte ich nichts mehr als die Kerls, die ich vernichten wollte."
Ob Ernst Jünger ein anderer Soldat geworden wäre, einer, der seine Triebe besser im Griff gehabt und vielleicht sogar Mitleid empfunden hätte, wenn er Schopenhauer gelesen hätte?
Das sagt der britische Schriftsteller Ian McEwan im SPIEGEL-Interview mit Claudia Voigt. Für seinen Roman "Solaris" hat sich McEwan laut eigenen Angaben intensiv mit der Klimaproblematik auseinandergesetzt. Sein Fazit: Wir brauchen Atomenergie. Gerührt zeigt sich der Autor von den leuchtenden Großstädten bei Nacht. Und behauptet:
"Wir werden Städte wie London, Paris oder Berlin an einem kalten Tag im Februar nicht mit Windenergie am Laufen halten."
Im Übrigen, so Ian McEwan weiter, sei das Problem der Endlagerung lösbar. "Lasst mich in Ruhe mit euren Explosionen", auch das ein Satz aus dem SPIEGEL-Interview. Allerdings spricht McEwan hier nicht über die Vorstellung, Kernkraftwerke könnten in die Luft fliegen. Vielmehr über die Darstellung von Sexszenen in der Literatur. Nein, so peinlich primitiv mache er das nicht, aber Sex, mit Gefühlen verbunden, gehöre schon in einen Roman. Warum? fragt die SPIEGEL-Redakteurin. Antwort McEwan:
"Weil Sex interessanter ist als Briefmarkensammeln."
Arthur Schopenhauer, der am Dienstag vor 150 Jahren gestorben ist, hätte das Briefmarkensammeln vorgezogen. Denn die Sexualität war ihm, zumindest in seiner Philosophie, so etwas wie das Zentrum dessen, was er "Wille" nannte und womit er "Trieb" meinte. Dann lieber Askese üben. Die WELT zitiert den Philosophen mit den Worten:
"Alle Verliebtheit, wie ätherisch sie sich auch gebärden mag, wurzelt allein im Geschlechtstriebe."
Und Rüdiger Safranski, der selbst ein Buch über Schopenhauer geschrieben hat, fasst dessen Gedanken im SPIEGEL so zusammen:
"Die Genitalien suchen sich, und die Seelen glauben sich zu finden."
Wer mag dem Mann da seinen tiefen Pessimismus verdenken und die Tatsache, dass er Menschen manchmal abfällig als "Zweifüßler" bezeichnete und seinen Pudel mit den Worten "du Mensch" zu beschimpfen glaubte. Auch das erfährt man aus dem Essay von Rüder Safranski. Schopenhauer habe mit seinem Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung" eine biologische Wende in der Philosophie herbeigeführt. Er habe gewisse Grundlagen für die Psychoanalyse geschaffen. Und mehr noch: Wir brauchen heute Schopenhauer mehr denn je: "Wir müssen Verzicht und Askese lernen", schreibt Rüdiger Safranski. "Die Gier dämpfen."
"Er war ein hitziger, mordlustiger Kämpfer." Mit diesen Worten lässt der TAZ-Kritiker Jörg Magenau seine Rezension zu Ernst Jüngers "Kriegstagebuch" enden. Die ungeschönten Aufzeichnungen aus den Jahren des Ersten Weltkriegs, gewissermaßen die Rohfassung, die Vorlage für die romanhaften Schilderungen der "Stahlgewitter", ist nun erschienen, herausgegeben vom Heidelberger Germanisten Helmuth Kiesel. Daland Segler hat das Buch für die FRANKFURTER RUNDSCHAU gelesen und kommt zu dem Schluss, dass der nicht einmal volljährige Leutnant Jünger "zynisch" schreibt, "den Grausamkeiten das gleiche Maß an Darstellung zukommen lässt wie seinen Freizeitbeschäftigungen". Jörg Magenau analysiert in der TAZ Jüngers Sprache. Jünger verwende zum Beispiel das Wort "putzig", um eine tote Kuh zu beschreiben, die nur noch Haut und Knochen ist. Von sich selbst schien der junge Kämpfer viel zu halten. Zitat:
"Führer sein mit klarem Kopfe heißt der Gottähnlichkeit nahe sein. Wenige sind auserkoren."
Offensichtlich zählte sich Jünger selbst dazu.
"In der Hitze des Augenblicks sah und hörte ich nichts mehr als die Kerls, die ich vernichten wollte."
Ob Ernst Jünger ein anderer Soldat geworden wäre, einer, der seine Triebe besser im Griff gehabt und vielleicht sogar Mitleid empfunden hätte, wenn er Schopenhauer gelesen hätte?