Von Tobias Wenzel

Die "Welt" hat das Computerspiel "Dantes Inferno" getestet und findet darin durchaus literarische Bezüge. Die "Frankfurter Rundschau" ist erstaunt über eine modernisierte Neuauflage von Aristophanes' Lysistrata ausgerechnet bei Sat1. Die "Süddeutsche" berichtet von einem Hackerangriff auf die russische regierungskritische Zeitung "Nowaja Gaseta".
"In den USA ist gerade eine neue Dante-Ausgabe mit der wegweisenden Übersetzung von Henry Wadsworth Longfellow erschienen", berichtet Thomas Lindemann in der WELT.

"Auf dem Cover steht: 'Der Klassiker, der das Videospiel inspirierte'."

Dieses Spiel, das offensichtlich den Verkauf des Buchs fördern soll, hat Lindemann getestet. So wie im Buch "Die göttliche Komödie" gehe auch im Spiel "Dantes Inferno" das Alter Ego Dantes durch Vorhölle und neun Kreise der Hölle.

"Allerdings trug Dante im Original keineswegs eine dem Tod selbst entrissene Sense bei sich, mit der er Monstren aller Art zerhacken muss, um zu überleben. Auch ist er im literarischen Original nicht losgezogen, um seine immer wieder nackt auftretende Braut Beatrix aus der Hölle zu retten."

Das versöhnliche Fazit Lindemanns:

"Das Spiel 'Dante's Inferno' macht zwar jeden zum Rambo der Weltliteratur, hat aber üblichen Action-Spielen einiges voraus – von einem ungewöhnlich kunstvollen Design über zahlreiche Dante-Zitate bis hin zu historischen Bezügen."

Es geht also auch ohne Buch. Und ohne Sex. "Sexstreik" heißt die Komödie, die Sat.1 am Dienstagabend ausstrahlt. Sexverweigerung bei Sat.1? Das ließ die Feuilletonisten aufhorchen. Klaudia Wick fasst in der FRANKFURTER RUNDSCHAU die Handlung so zusammen:

"Weil die Handyleitung von Julia, offizielle Assistentin de[s] Bürgermeisters, für einen winzigen Moment gestört ist, missversteht Petra, Friseurin und inoffizielle Kommunikationszentrale des kleinen Örtchens Schönstett, was sie an alle Frauen des Ortes weitersagen soll. Statt des geplanten 'Sitzstreikes' vor den Toren der nahegelegenen Müllverbrennungsanlage, meinte Petra 'Sexstreik' verstanden zu haben."

Die Frauen machen ernst mit dem Sexstreik, so wie einst ihre Geschlechtsgenossinnen in der griechischen Komödie "Lysistrata" von Aristophanes. Klaudia Wick ist ebenso von der modernen Interpretation angetan wie ihre Kollegin Antje Hildebrandt von der WELT. Wie finden wohl die männlichen Filmkritiker die Vorstellung, dass ihnen ihre Frauen den Sex verweigern?

Für den russischen Mann gibt's für diesen Fall ein Trostpflaster: Pornos gratis, in aller Öffentlichkeit: "Vor zwei Wochen gelang gewieften Spezialisten ein Aufsehen erregender Coup", so Frank Nienhuysen in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "als auf einer großflächigen Werbeleinwand direkt am Moskauer Gartenring plötzlich minutenlang ein Pornofilm gezeigt wurde und spontan ein Straßenchaos auslöste." Ein lustiger Hackerangriff.

Aber Hacker können in Russland auch ganz anders. Frank Nienhuysen berichtet über einen Angriff auf die Internetseite der regierungskritischen Zeitung "Nowaja Gaseta". Von wem der Angriff kam, weiß niemand. Sicher aber ist, dass die Mitarbeiter der Zeitung viele Feinde haben. Vor dem Hintergrund hat dieser Hackerangriff nichts von der Komik, die herrschte, als in Moskau der rege Verkehr auf der Leinwand den regen Verkehr auf der Straße zum Stillstand brachte.

Stillstehen oder -sitzen war in der Fotografie im Jahr 1864 noch wichtig. Damals, erzählt Steffen Siegel in der TAGESZEITUNG, fertigte Albin Mutterer in seinem Atelier in Wien "ein Porträt des Redakteurs Reitmayer an: Es zeigt ihn in Anzug und Mantel gekleidet, das dunkle Tuch elegant um den schneeweißen Hemdkragen geschlungen. Reitmayer hat vor der Kamera schön still gehalten; nichts ist verwackelt, kein Detail unscharf. Zu danken war dies indes dem Zyankali, mit dem sich der Redakteur am Vortag das Leben nahm. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war er längst tot."

Wer Lust auf mehr Fotos von Toten hat, dem empfiehlt Steffen Siegel enthusiastisch Katharina Sykoras Buch "Totenfotografie und ihr sozialer Gebrauch". Eine hübsche Geschenkalternative zum Computerspiel "Dantes Inferno".