Von Tobias Wenzel
Günter Wallraffs neue Undercover-Rolle als verkleideter Schwarzer mit Perücke wird in den Feuilletons durchaus kritisch gesehen. Der "Tagesspiegel" sieht Peter Ripken, dem bisherigen Leiter des Internationalen Zentrums der Buchmesse, als Bauernopfer. Und die "Welt" berichtet von einer abstrusen Veranstaltung in Berlin.
"Wallraffen", erfahren wir von Philipp Lichterbeck im TAGESSPIEGEL, ist ein in Skandinavien verbreitetes Verb, das "etwas aufdecken" bedeutet. Legendär ist die Methode von Günter Wallraff geworden, gesellschaftliche Missstände freizulegen, indem der Journalist eine andere Identität annimmt, zum Beispiel die des Türken Ali. Für seinen Dokumentarfilm "Schwarz auf Weiß" ist Wallraff als Somalier Kwami Ogonno, braun angemalt, mit dunklen Kontaktlinsen und schwarzer Perücke, durch Deutschland gezogen und vor allem auf Fremdenfeindlichkeit gestoßen. Festgehalten hat er das mit einer versteckten Kamera und mit einem Filmteam im Hintergrund.
TAGESSPIEGEL-Autor Philipp Lichterbeck hat allerdings "Unbehagen" beim Sehen des Dokumentarfilms empfunden:
"Es hat mit der fragwürdigen Methode zu tun. Warum lässt er nicht gleich einen echten Afrikaner losziehen? Wallraff selber ist nur die Karikatur eines Schwarzen und reproduziert gängige Vorurteile. Er radebrecht, erzählt beim Schrebergartenverein, dass er ganze Schweine grillen möchte, und läuft mit einer schrägen Afrofrisur samt Sonnenbrille herum. Warum muss er in einer Kölner Kneipe versuchen, einem Besoffenen die Bekanntschaft mit einem Strauß Rosen auszuspannen? Wallraffs Eitelkeit setzt die Glaubwürdigkeit des Themas aufs Spiel."
Katja Lüthge schlägt in der BERLINER ZEITUNG in dieselbe Kerbe:
"Als Beweis für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, deren bisweilen tödliche Existenz in Deutschland nicht in Abrede gestellt werden soll, taugt der Film nur bedingt – vielleicht war Wallraff manchem einfach nur suspekt."
Die Autorin schließt mit dem Satz:
"Zukünftig werden wir uns stets fragen, ob es nicht Günter Wallraff mit seiner versteckten Kamera ist, der uns da als 'Fremder' gegenübersteht."
Vielleicht war es ja gar nicht die chinesische Staatskritikerin Dai Qing, die man auf der Frankfurter Buchmesse mal reden ließ, mal nicht, aus Angst, die offizielle chinesische Delegation zu verärgern. Vielleicht war es der als Chinesin verkleidete Günter Wallraff. Ob das Peter Ripken, dem bisherigen Leiter des Internationalen Zentrums der Buchmesse, seinen Job gerettet hätte? Gregor Dotzauer, der nach den vielen Empfängen auf der Buchmesse wieder in der Redaktion des Berliner TAGESSPIEGELS eingetrudelt ist, bezeichnet Ripken in Übereinstimmung mit anderen Feuilletonisten als Bauernopfer:
"Wer aber hat, um im Bild zu bleiben, die Partie gewonnen? Wackelt der Buchmessenkönig Juergen Boos, ein Mann von netter Unverbindlichkeit, nicht auch schon gefährlich?"
Ganz ohne Schachmetaphorik kommt Natalie Soondrum in ihrem Kommentar in der FRANKFURTER RUNDSCHAU aus und kommentiert eine Begebenheit, die sich während der Frankfurter Buchmesse ereignet hat, mit den Worten:
"Aufstehen und aufeinander zugehen. Man muss nicht unter einer Diktatur gelitten haben, um die innere Freiheit zu begreifen, die in dieser Geste liegt."
Was war geschehen? Die chinesische Aktivistin Dai Qing wollte eine Lesung von Herta Müller verfolgen, konnte aber bei dem großen Menschenandrang nichts sehen. Nach der Lesung entdeckte jedoch Herta Müller Dai Qing und küsste sie, einen Kuss pro Wange.
Etwas härterer Natur sind die Liebkosungen, die sich zwei Frauen vor den Augen eines ans Kreuz gefesselten Mannes zufügen, in einem Film, der einen feministischen Preis für Pornos in Berlin erhalten hat. Lars Kreye musste für DIE WELT über die befremdliche Veranstaltung berichten. Das tut er derart gekonnt und mit solch subtiler Ironie, dass man hier nicht mehr verraten sollte als die Titelzeile seines Artikels:
""Fair auspeitschen! Und die Ruhepausen nicht vergessen"."
Lars Kreye hat das Abstruse einer feministischen Pornofilmbewegung wunderschön gewallrafft.
TAGESSPIEGEL-Autor Philipp Lichterbeck hat allerdings "Unbehagen" beim Sehen des Dokumentarfilms empfunden:
"Es hat mit der fragwürdigen Methode zu tun. Warum lässt er nicht gleich einen echten Afrikaner losziehen? Wallraff selber ist nur die Karikatur eines Schwarzen und reproduziert gängige Vorurteile. Er radebrecht, erzählt beim Schrebergartenverein, dass er ganze Schweine grillen möchte, und läuft mit einer schrägen Afrofrisur samt Sonnenbrille herum. Warum muss er in einer Kölner Kneipe versuchen, einem Besoffenen die Bekanntschaft mit einem Strauß Rosen auszuspannen? Wallraffs Eitelkeit setzt die Glaubwürdigkeit des Themas aufs Spiel."
Katja Lüthge schlägt in der BERLINER ZEITUNG in dieselbe Kerbe:
"Als Beweis für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, deren bisweilen tödliche Existenz in Deutschland nicht in Abrede gestellt werden soll, taugt der Film nur bedingt – vielleicht war Wallraff manchem einfach nur suspekt."
Die Autorin schließt mit dem Satz:
"Zukünftig werden wir uns stets fragen, ob es nicht Günter Wallraff mit seiner versteckten Kamera ist, der uns da als 'Fremder' gegenübersteht."
Vielleicht war es ja gar nicht die chinesische Staatskritikerin Dai Qing, die man auf der Frankfurter Buchmesse mal reden ließ, mal nicht, aus Angst, die offizielle chinesische Delegation zu verärgern. Vielleicht war es der als Chinesin verkleidete Günter Wallraff. Ob das Peter Ripken, dem bisherigen Leiter des Internationalen Zentrums der Buchmesse, seinen Job gerettet hätte? Gregor Dotzauer, der nach den vielen Empfängen auf der Buchmesse wieder in der Redaktion des Berliner TAGESSPIEGELS eingetrudelt ist, bezeichnet Ripken in Übereinstimmung mit anderen Feuilletonisten als Bauernopfer:
"Wer aber hat, um im Bild zu bleiben, die Partie gewonnen? Wackelt der Buchmessenkönig Juergen Boos, ein Mann von netter Unverbindlichkeit, nicht auch schon gefährlich?"
Ganz ohne Schachmetaphorik kommt Natalie Soondrum in ihrem Kommentar in der FRANKFURTER RUNDSCHAU aus und kommentiert eine Begebenheit, die sich während der Frankfurter Buchmesse ereignet hat, mit den Worten:
"Aufstehen und aufeinander zugehen. Man muss nicht unter einer Diktatur gelitten haben, um die innere Freiheit zu begreifen, die in dieser Geste liegt."
Was war geschehen? Die chinesische Aktivistin Dai Qing wollte eine Lesung von Herta Müller verfolgen, konnte aber bei dem großen Menschenandrang nichts sehen. Nach der Lesung entdeckte jedoch Herta Müller Dai Qing und küsste sie, einen Kuss pro Wange.
Etwas härterer Natur sind die Liebkosungen, die sich zwei Frauen vor den Augen eines ans Kreuz gefesselten Mannes zufügen, in einem Film, der einen feministischen Preis für Pornos in Berlin erhalten hat. Lars Kreye musste für DIE WELT über die befremdliche Veranstaltung berichten. Das tut er derart gekonnt und mit solch subtiler Ironie, dass man hier nicht mehr verraten sollte als die Titelzeile seines Artikels:
""Fair auspeitschen! Und die Ruhepausen nicht vergessen"."
Lars Kreye hat das Abstruse einer feministischen Pornofilmbewegung wunderschön gewallrafft.