Von Tobias Wenzel

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" interviewt den derzeitigen Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker, Christian Thielemann, der von 2012 an in Dresden dirigiert. Der "Spiegel" und die "Süddeutsche Zeitung" beschäftigen sich mit dem Ereignis der Woche: der Frankfurter Buchmesse.
Traditionell macht der Mann den Heiratsantrag. Christian Thielemann erwartete ihn aber von ihr: von der Dresdener Staatskapelle. "Da fragte man mich", erzählt der derzeitige Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker Julia Spinola im Interview für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, "ob ich denn, falls das Orchester wolle, wohl auch wollen würde? Und ich antwortete: ‚Dann sagen Sie doch mal, ob das Orchester will. Natürlich will ich, aber das Orchester muss den Heiratsantrag machen.’"

Von 2012 an soll Thielemann in Dresden dirigieren, eine Nachricht, die fast alle Feuilletons beschäftigt. Er will sich auch in Neuem versuchen, verriet er der FAZ: Mit Schostakowitsch liebäugle er und in der Oper mit dem späten Verdi. Alle "Grobdaten" für die neue Ehe mit der Dresdner Braut seien schon in einem Vorvertrag geklärt, es müssten nur noch "Kleinigkeiten" geregelt werden. Nachfrage FAZ: "Solche Kleinigkeiten wie das Letztentscheidungsrecht über Gastdirigenten?" Da lacht Christian Thielemann.

"Ein Lächeln aus Beton" haben Wolfgang Höbel und Andreas Lorenz ihren SPIEGEL-Artikel über den anstehenden Auftritt Chinas bei der Frankfurter Buchmesse genannt. Das Lächeln aus Beton gehört Tie Ning, der Chefin des chinesischen Schriftstellerverbandes. "Zensur? Welche Zensur?", gibt sie zu Protokoll und außerdem, dass sie sich "enthusiastisch auf den offenen Meinungsaustausch" in Frankfurt freue. Kommentar des SPIEGELS: "Das kann eine heitere Buchparty werden."

100 chinesische Autoren reisen mit der offiziellen Delegation, die ganz nebenbei mehr als 1000 Funktionäre und Manager umfasst. Wir erfahren aus dem höchst lesenswerten Artikel, dass 600 Bücher pro Jahr in China verboten werden und dass bei 150.000 jährlichen Neuerscheinungen der Zensur auch schon mal ein kritischer Roman wie "Brüder" von Yu Hua "durchgerutscht" ist. "Vielleicht ist das Land zu groß", mutmaßt der SPIEGEL, "um es völlig kontrollieren zu können. Vielleicht ist es Zufall, dass Yu Hua heute reich ist und berühmt und Chinas Literatur in Frankfurt vertritt, während andere im Gefängnis sitzen oder Bücher schreiben, die nie veröffentlicht werden in China."

Der Autor Yan Lianke gehört nicht zur offiziellen Delegation, könnte aber auf eigene Faust zur Buchmesse reisen. Aber er möchte seine Familie "nicht in Schwierigkeiten bringen", sagt er und fährt fort: "Vor 30 Jahren hat man unliebsame Schriftsteller gefoltert und umgebracht. Als man vor 15 Jahren zum ersten Mal einen Roman von mir verboten hat, musste ich ein halbes Jahre lang regelmäßig aufs Amt kommen und Selbstkritik schreiben. Heute lässt man mich privat in Ruhe." Aber nicht in die offizielle Delegation hinein. Die ist nämlich auch für talentfreie Betonköpfe reserviert. Einen von ihnen, nämlich Wang Zhaoshan, stellt Henrik Bork in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vor.

"Danke, dass ich hier in den Trümmern sterben darf", ist zugleich ein Vers von Wang und der Titel von Borks Artikel. Wang gehört zu den 100 auserwählten chinesischen Autoren, mit denen sich China auf der am Dienstag beginnenden Buchmesse schmücken will: "Selbst in der offiziellen Delegation gibt es Unmut darüber, dass dieser Mann in Frankfurt mit dabei sein darf." Anscheinend verspüren sogar Kulturkader beim Lesen der Verse Wangs Brechreiz. Hier ein Auszug aus "Stimme aus der Tiefe der Ruinen", einem Gedicht über ein Erdbebenopfer, das unter Trümmern begraben liegt, aber noch genug Kraft hat, um in Versen zu sprechen:

"Die Partei bemuttert, das Vaterland liebt mich / Ihre Rufe, Ton um Ton, dringen zu mir durch den Schutt / 1,3 Milliarden Menschen weinen gemeinsam / […] Die große Liebe der Nation erfahren habend / Bin ich selbst als Toter voller Zufriedenheit / Hätte ich doch nur einen Fernsehbildschirm vor meinem Grab / Um die Olympiade anzusehen und mit in den Jubel einzustimmen."

Wie sagten die beiden SPIEGEL-Autoren noch so schön? "Das kann eine heitere Buchparty werden."