Von Tobias Wenzel
Während sich das Feuilleton der „Welt“ mit dem Leben und Schaffen Michel Foucaults befasst, fragt die „Süddeutsche Zeitung“ nach der pädagogischen Verwertbarkeit der Raupe Nimmersatt.
„Er war davon überzeugt, dass ihn das Schicksal nach Berkeley führen würde oder auf ein Schiff von ‚Ärzte ohne Grenzen’“, schreibt Johanna Schmeller in der WELT über jenen Franzosen, der vor 25 Jahren an AIDS starb und heute einer der meistgelesenen Philosophen der Moderne ist: Michel Foucault. Bei einer solch schillernden Person muss die Autorin einmal ganz tief Luft holen:
„Er erklärte die Irrnis und die Sinnerklärung gleichermaßen zum Recht der Philosophie. Theorien stellte er auf, um sie auch wieder zu verwerfen. Er konnte Revoluzzer sein und Gentleman. Dandy oder in sich gekehrter Außenseiter […], ein selbsterklärter ‚Experimentator’, der seine Vorstellungen bis in die griechische Antike hinein begründete […] und dennoch für linke Ideen eintrat, kurz: Foucault machte sich in der Fachwelt hoch verdächtig.“
Seine Zuhörer am Collège de France liebten ihn dagegen, so Johanna Schmeller: „Da war er ein Popstar“. „Aber er war alles andere als ein Popstar“, mit diesem Satz grätscht Tilman Krause der Kollegin in ihren Artikel, ebenfalls in der WELT und folgt in seiner Glosse Foucault bis in den Darkroom. Krause hat Foucault noch persönlich erlebt, wähnt sich ihm so nah, dass man nicht stören möchte und lieber weiter das Porträt von Johanna Schmeller liest:
„Während sich Kollegen mit zwei Dutzend Zuhörern zufrieden geben mussten, hätte man die Massen vor Foucaults Auditorium schon mit Wasserwerfern wegspritzen müssen.“
Hätte Foucault die bedienen können, hätte er davon Gebrauch gemacht. Denn er wollte weniger Zuhörer.
Nimmersatt waren andere. Eine Raupe zum Beispiel. Eric Carle hat sie 1969 geschaffen und mit ihr 29 Millionen Kinderzimmer erobert. Aber warum?, fragt Roswitha Budeus-Budde in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zum 80. Geburtstag des Bilderbuchautors:
„Beruht diese Faszination vielleicht auf der Lust des Autors, mit einem Sachthema ganz unpädagogisch zu spielen. Die Darstellung der biologischen Entwicklung der Raupe zu nutzen, um den elterlichen Erziehungsvorstellungen ein Schnippchen zu schlagen. Welchem Kind gefällt es nicht, dass man trotz ungesundem Naschzeug, wie Schokoladenkuchen, Eiswaffeln, Lolli, Früchtebrot und Törtchen zu einem wunderschönen Schmetterling wird, wenn die Bauchschmerzen vorbei sind.“
Der in den USA geborene Carle hasst die Schule in Stuttgart, weil sein Lehrer ihn schlägt. Mit 16 und ohne Schulabschluss wird er an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart angenommen, der Anfang einer unglaublichen Karriere. Zu seinen Ideen, so Roswitha Budeus-Budde in der SZ, hat ihn auch sein Onkel inspiriert:
„Wenn sich der kleine Eric bei den sonntäglichen Besuchen eine Geschichte wünschte, wurde immer das gleiche Spiel inszeniert. Er musste so lange einen unsichtbaren Hebel am Kopf des Onkels drehen, die ‚Denkmaschine’ ankurbeln, bis dieser rief, ‚Halt, ich hab’ eine Geschichte für dich.’“
Mit einem Hebel dösende Hirne zum Rattern zu bringen – die Vorstellung muss Ronny Blaschke gefallen. Schließlich deckt er in der BERLINER ZEITUNG auf, „wie einseitig die Medien über Südafrika berichten“, das Land, das 2010 Gastgeber der Fußball-WM ist.
„’Es besteht Lebensgefahr!’, titelte […] das Boulevardblatt Sport-Bild in der vergangenen Woche. Belege? Der Reporter hatte im Ellis Park von Johannesburg, einem von zehn WM-Stadien, 1,5 Zentimeter lange Schrauben entdeckt, die aus dem Boden ragen.“
Über so viel Arroganz aus Deutschland und Europa können die Südafrikaner gar nicht lachen. Dass der Zeitplan beim Bau der Stadien eingehalten wird, blenden einige Journalisten gerne aus, um dann ausführlich auf Armut und Morde einzugehen. Oder auf vermeintlichen Rassismus. In den Worten von Ronny Blaschke:
„Siehe Spanien. Ein Reporter hatte sich während des Auftaktspiels des Confederations Cup über das Ausbuhen gegenüber dem einzigen weißen Spieler des südafrikanischen Teams gewundert. Prompt beförderte er die Zuschauer in die Apartheid zurück. […] Die Fans hatten den Namen ihres Lieblingsspielers gerufen: Booth.“
„Er erklärte die Irrnis und die Sinnerklärung gleichermaßen zum Recht der Philosophie. Theorien stellte er auf, um sie auch wieder zu verwerfen. Er konnte Revoluzzer sein und Gentleman. Dandy oder in sich gekehrter Außenseiter […], ein selbsterklärter ‚Experimentator’, der seine Vorstellungen bis in die griechische Antike hinein begründete […] und dennoch für linke Ideen eintrat, kurz: Foucault machte sich in der Fachwelt hoch verdächtig.“
Seine Zuhörer am Collège de France liebten ihn dagegen, so Johanna Schmeller: „Da war er ein Popstar“. „Aber er war alles andere als ein Popstar“, mit diesem Satz grätscht Tilman Krause der Kollegin in ihren Artikel, ebenfalls in der WELT und folgt in seiner Glosse Foucault bis in den Darkroom. Krause hat Foucault noch persönlich erlebt, wähnt sich ihm so nah, dass man nicht stören möchte und lieber weiter das Porträt von Johanna Schmeller liest:
„Während sich Kollegen mit zwei Dutzend Zuhörern zufrieden geben mussten, hätte man die Massen vor Foucaults Auditorium schon mit Wasserwerfern wegspritzen müssen.“
Hätte Foucault die bedienen können, hätte er davon Gebrauch gemacht. Denn er wollte weniger Zuhörer.
Nimmersatt waren andere. Eine Raupe zum Beispiel. Eric Carle hat sie 1969 geschaffen und mit ihr 29 Millionen Kinderzimmer erobert. Aber warum?, fragt Roswitha Budeus-Budde in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zum 80. Geburtstag des Bilderbuchautors:
„Beruht diese Faszination vielleicht auf der Lust des Autors, mit einem Sachthema ganz unpädagogisch zu spielen. Die Darstellung der biologischen Entwicklung der Raupe zu nutzen, um den elterlichen Erziehungsvorstellungen ein Schnippchen zu schlagen. Welchem Kind gefällt es nicht, dass man trotz ungesundem Naschzeug, wie Schokoladenkuchen, Eiswaffeln, Lolli, Früchtebrot und Törtchen zu einem wunderschönen Schmetterling wird, wenn die Bauchschmerzen vorbei sind.“
Der in den USA geborene Carle hasst die Schule in Stuttgart, weil sein Lehrer ihn schlägt. Mit 16 und ohne Schulabschluss wird er an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart angenommen, der Anfang einer unglaublichen Karriere. Zu seinen Ideen, so Roswitha Budeus-Budde in der SZ, hat ihn auch sein Onkel inspiriert:
„Wenn sich der kleine Eric bei den sonntäglichen Besuchen eine Geschichte wünschte, wurde immer das gleiche Spiel inszeniert. Er musste so lange einen unsichtbaren Hebel am Kopf des Onkels drehen, die ‚Denkmaschine’ ankurbeln, bis dieser rief, ‚Halt, ich hab’ eine Geschichte für dich.’“
Mit einem Hebel dösende Hirne zum Rattern zu bringen – die Vorstellung muss Ronny Blaschke gefallen. Schließlich deckt er in der BERLINER ZEITUNG auf, „wie einseitig die Medien über Südafrika berichten“, das Land, das 2010 Gastgeber der Fußball-WM ist.
„’Es besteht Lebensgefahr!’, titelte […] das Boulevardblatt Sport-Bild in der vergangenen Woche. Belege? Der Reporter hatte im Ellis Park von Johannesburg, einem von zehn WM-Stadien, 1,5 Zentimeter lange Schrauben entdeckt, die aus dem Boden ragen.“
Über so viel Arroganz aus Deutschland und Europa können die Südafrikaner gar nicht lachen. Dass der Zeitplan beim Bau der Stadien eingehalten wird, blenden einige Journalisten gerne aus, um dann ausführlich auf Armut und Morde einzugehen. Oder auf vermeintlichen Rassismus. In den Worten von Ronny Blaschke:
„Siehe Spanien. Ein Reporter hatte sich während des Auftaktspiels des Confederations Cup über das Ausbuhen gegenüber dem einzigen weißen Spieler des südafrikanischen Teams gewundert. Prompt beförderte er die Zuschauer in die Apartheid zurück. […] Die Fans hatten den Namen ihres Lieblingsspielers gerufen: Booth.“