Von Tobias Wenzel
Der "Spiegel" veröffentlicht Auszüge aus dem neuen Buch des chinesischen Dissidenten Liao Yiwus, die "Welt" hat die Memoiren des verstorbenen Regisseurs Christoph Schlingensief gelesen und "Süddeutsche" und "taz" kritisieren "Wetten dass".
Der "Spiegel" veröffentlicht Auszüge aus dem neuen Buch des chinesischen Dissidenten Liao Yiwus, die "Welt" hat die Memoiren des verstorbenen Regisseurs Christoph Schlingensief gelesen und "Süddeutsche" und "taz" kritisieren "Wetten dass".
"Wenn das Gefängnis in einem drin ist, wird man nie frei", sagte einmal Liao Yiwus Flötenlehrer. Als der chinesische Schriftsteller schließlich 1994 aus dem Gefängnis entlassen wurde, bewahrheitete sich der weise Satz. 1989 hatte Liao, erschüttert von der gewaltsamen Niederschlagung des Protestes am Platz des Himmlischen Friedens in Peking, das Gedicht "Massaker" geschrieben. Ein Jahr später war er verhaftet worden. DER SPIEGEL druckt einen Auszug aus Liaos am Dienstag erscheinenden Buchs "Die Kugel und das Opium". "Aber Liao, was soll denn der Schwachsinn, die Regierung hat dir nur vier Jahre gegeben, das ist nicht viel, warum machst du andauernd Schwierigkeiten?", fragte ihn einmal ein Polizist. Und Liao Yiwu antwortete, stark angetrunken: "Selbst wenn, du Schwanzlutscher! Ich bin ein räudiger Hund in einem Schweinestall. Wenn ihr den Mut habt, dann lasst mich raus und Ausländer beißen." Für diese Antwort gab's Prügel vom Polizisten und eine weitere Nacht im Gefängnis. Liao erinnert sich im neuen Buch, wie ihm ein Todeskandidat immer wieder erzählte, wie er seine Frau getötet und dann mit der Leiche Sex gehabt hatte.
Liao Yiwu wurde im Gefängnis gefoltert, versuchte dort zwei Mal, sich umzubringen. Draußen kann es nur besser sein, könnte man denken. Aber nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis folgt ein Schock auf den anderen: Die eigene Tochter, geboren während seiner Haft, läuft beim Anblick des Vaters weg. Die Beziehung zur Ehefrau funktioniert nicht mehr, Scheidung. Alte, gute Freunde wenden sich von ihm ab oder haben ihre Ideale von einst verraten. Liao Yiwu ist allein, ganz unten. Er sucht "auf den Müllhalden am Ende der Straßen" "nach Geschichten". Später flieht er durch den Schornstein seines Hauses vor der Polizei. Erst, als er im Juli 2011 an seinem Exilort Berlin aus dem Flugzeug steigt, hat der Horror ein Ende: "Ich habe die Zunge herausgestreckt, um die Luft zu schmecken, sie war süß. Die Luft der Freiheit ist süß."
Auch noch gerade rechtzeitig zur am Mittwoch beginnenden Frankfurter Buchmesse sind posthum Christoph Schlingensiefs Memoiren erschienen: "Ich weiß, ich war's" heißen sie. Matthias Heine hat sie für die WELT gelesen. Eine Überraschung für Heine ist, dass Schlingensief und Peter Zadek befreundet waren. Zadek schickte Schlingensief statt Blumen einen Pornocomic zur Aufheiterung. Schlingensief war verwirrt: "Wahnsinnig toll gezeichnet, aber nur ficken, lecken, blasen, alles auf dem Rasen." Schöner und sogar noch jugendfrei die Anekdote, der zufolge Schlingensief ein Erweckungserlebnis im spießigen Oberhausener Wohnzimmer seiner Eltern hatte. Der Vater zeigte einen Super-8-Film, den er aus Versehen doppelt belichtet hatte. Und Sohn Christoph philosophierte: "Was ist, wenn wir in Wahrheit alle doppelt, dreifach, vierfach belichtet werden? Und wir alle wahnsinnig damit beschäftigt sind, diese Mehrfachbelichtungen und Überblendungen zu ignorieren bzw. zu bekämpfen, statt sie produktiv zu nutzen?"
"Es ist spannend, einem Dinosaurier dabei zuzusehen, ob er sich noch einmal gegen das Aussterben wehren kann." So erklärt Holger Gertz in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG den Hype um die erste von Markus Lanz moderierte Ausgabe von "Wetten, dass ..?" Gertz hat beobachtet, wie die Hände des Moderators zitterten und kommentiert dies bissig: "Eine Überraschung für diejenigen, die ihn bis dato - mit gewissem Recht - für batteriebetrieben gehalten hatten." "Journalistischer" als sein Vorgänger Thomas Gottschalk habe Markus Lanz fragen wollen. Daran erinnert in der TAZ David Denk. Davon sei wenig zu merken: "Seine Fragen sind allenfalls eitler: Seht her, wie toll ich mich vorbereitet habe! Die Antworten sind ihm genauso egal, wie sie Thomas Gottschalk egal waren." Denk hat aufgeatmet, als der Schauspieler und einstige Waldorfschüler Wotan Wilke Möhring doch nicht seinen Namen tanzen musste. Hinter diesem Wetteinsatz verberge sich "der ganze piefige, kleingeistige Mitklatschhumor": "Hihi, Waldorfschüler. Haha, dicke Frau im roten Paillettenkleid. Hoho, ein Förster, der mit seinen wackelnden Ohren Morsezeichen sendet. Da lacht der Spießbürger."
"Wenn das Gefängnis in einem drin ist, wird man nie frei", sagte einmal Liao Yiwus Flötenlehrer. Als der chinesische Schriftsteller schließlich 1994 aus dem Gefängnis entlassen wurde, bewahrheitete sich der weise Satz. 1989 hatte Liao, erschüttert von der gewaltsamen Niederschlagung des Protestes am Platz des Himmlischen Friedens in Peking, das Gedicht "Massaker" geschrieben. Ein Jahr später war er verhaftet worden. DER SPIEGEL druckt einen Auszug aus Liaos am Dienstag erscheinenden Buchs "Die Kugel und das Opium". "Aber Liao, was soll denn der Schwachsinn, die Regierung hat dir nur vier Jahre gegeben, das ist nicht viel, warum machst du andauernd Schwierigkeiten?", fragte ihn einmal ein Polizist. Und Liao Yiwu antwortete, stark angetrunken: "Selbst wenn, du Schwanzlutscher! Ich bin ein räudiger Hund in einem Schweinestall. Wenn ihr den Mut habt, dann lasst mich raus und Ausländer beißen." Für diese Antwort gab's Prügel vom Polizisten und eine weitere Nacht im Gefängnis. Liao erinnert sich im neuen Buch, wie ihm ein Todeskandidat immer wieder erzählte, wie er seine Frau getötet und dann mit der Leiche Sex gehabt hatte.
Liao Yiwu wurde im Gefängnis gefoltert, versuchte dort zwei Mal, sich umzubringen. Draußen kann es nur besser sein, könnte man denken. Aber nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis folgt ein Schock auf den anderen: Die eigene Tochter, geboren während seiner Haft, läuft beim Anblick des Vaters weg. Die Beziehung zur Ehefrau funktioniert nicht mehr, Scheidung. Alte, gute Freunde wenden sich von ihm ab oder haben ihre Ideale von einst verraten. Liao Yiwu ist allein, ganz unten. Er sucht "auf den Müllhalden am Ende der Straßen" "nach Geschichten". Später flieht er durch den Schornstein seines Hauses vor der Polizei. Erst, als er im Juli 2011 an seinem Exilort Berlin aus dem Flugzeug steigt, hat der Horror ein Ende: "Ich habe die Zunge herausgestreckt, um die Luft zu schmecken, sie war süß. Die Luft der Freiheit ist süß."
Auch noch gerade rechtzeitig zur am Mittwoch beginnenden Frankfurter Buchmesse sind posthum Christoph Schlingensiefs Memoiren erschienen: "Ich weiß, ich war's" heißen sie. Matthias Heine hat sie für die WELT gelesen. Eine Überraschung für Heine ist, dass Schlingensief und Peter Zadek befreundet waren. Zadek schickte Schlingensief statt Blumen einen Pornocomic zur Aufheiterung. Schlingensief war verwirrt: "Wahnsinnig toll gezeichnet, aber nur ficken, lecken, blasen, alles auf dem Rasen." Schöner und sogar noch jugendfrei die Anekdote, der zufolge Schlingensief ein Erweckungserlebnis im spießigen Oberhausener Wohnzimmer seiner Eltern hatte. Der Vater zeigte einen Super-8-Film, den er aus Versehen doppelt belichtet hatte. Und Sohn Christoph philosophierte: "Was ist, wenn wir in Wahrheit alle doppelt, dreifach, vierfach belichtet werden? Und wir alle wahnsinnig damit beschäftigt sind, diese Mehrfachbelichtungen und Überblendungen zu ignorieren bzw. zu bekämpfen, statt sie produktiv zu nutzen?"
"Es ist spannend, einem Dinosaurier dabei zuzusehen, ob er sich noch einmal gegen das Aussterben wehren kann." So erklärt Holger Gertz in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG den Hype um die erste von Markus Lanz moderierte Ausgabe von "Wetten, dass ..?" Gertz hat beobachtet, wie die Hände des Moderators zitterten und kommentiert dies bissig: "Eine Überraschung für diejenigen, die ihn bis dato - mit gewissem Recht - für batteriebetrieben gehalten hatten." "Journalistischer" als sein Vorgänger Thomas Gottschalk habe Markus Lanz fragen wollen. Daran erinnert in der TAZ David Denk. Davon sei wenig zu merken: "Seine Fragen sind allenfalls eitler: Seht her, wie toll ich mich vorbereitet habe! Die Antworten sind ihm genauso egal, wie sie Thomas Gottschalk egal waren." Denk hat aufgeatmet, als der Schauspieler und einstige Waldorfschüler Wotan Wilke Möhring doch nicht seinen Namen tanzen musste. Hinter diesem Wetteinsatz verberge sich "der ganze piefige, kleingeistige Mitklatschhumor": "Hihi, Waldorfschüler. Haha, dicke Frau im roten Paillettenkleid. Hoho, ein Förster, der mit seinen wackelnden Ohren Morsezeichen sendet. Da lacht der Spießbürger."