Von Tobias Wenzel

In der "FAZ" verlangt Martin Walser nach einem geeinigten Europa, während "NZZ" und "SZ" die Zustände um Pussy Riot in Russland bemängeln. Die "taz" stellt unterdessen eine Maschine vor, die angeblich künstliches Fleisch produzieren kann.
"Noch Ein Mal brüllen,/ Moralisch brüllen!" Diese Verse Nietzsches führt Martin Walser in "Das richtige Europa" an, so der Titel seines langen Artikels für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Und sofort stellt man sich Walser vor, wie er die Worte mit größter Verve in die Welt hinausschreit oder zumindest über den Bodensee:

"Europäer-Inbrunst, Europäer-/ Heißhunger!/ Und da stehe ich schon,/ Als Europäer,/ Ich kann nicht anders,/ Gott helfe mir!/ Amen!"

Nietzsche spricht Walser aus der Seele. Einer, der Europa noch liebte, der für Europa glühte, für dessen Wiege Griechenland, wie es auch Hölderlin und Goethe taten. Wie Martin Walser selbst. Es ist sein leidenschaftliches, mit Versen gespicktes Plädoyer für den Zusammenhalt der Europäer und für den Euro. Denn die gemeinsame Währung ist für Walser eine gemeinsame Sprache. Und die dürfe man in keinem Fall opfern:

"Ein Rückschritt jetzt würde das richtige Europa für unvorstellbar viele Jahre auf den Müllhaufen der Geschichte werfen."

Entsorgt oder zumindest kaltgestellt hat die russische Justiz Hand in Hand mit Putin die drei jungen Frauen der Punkband Pussy Riot. Zwei Jahre Straflager für ein in einer Kirche gesungenes Anti-Putin-Gebet. "Wie schockierend darf Kunst sein? Die Affäre um Pussy Riot spaltet die russische Gesellschaft", titelt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. Und der Leser mag sich fragen: Welcher Russe kann nach diesem Schauprozess denn wirklich noch zu Putin stehen? Die Antwort findet sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:

"Putin ist ein starker Mann und im Augenblick gut für Russland","

sagt Anna Netrebko im Interview mit Egbert Tholl. Und der hakt nach: Putin sei doch aber nicht gut für die Demokratie. Worauf die weltberühmte und im ersten Teil des Interviews sehr sympathisch wirkende Opernsängerin antwortet, man solle doch nur mal auf die Ukraine schauen, wo sich Politiker im Parlament mit Schuhen beworfen hätten. Was wohl heißen soll: Putin würde so etwas nie im russischen Parlament zulassen.

Das ist die Hauptsache. Da darf man ja schon mal ein paar kritische Künstlerinnen wegsperren. Die Politiker, die an der Macht seien, so Netrebko, würden im Übrigen sowieso nur egoistisch handeln, um sich selbst zu bereichern. Ihr Management werde immer nervös, wenn sie auf politische Fragen antworte, erzählt Anna Netrebko noch. Wer würde bei solch dümmlichen Äußerungen nicht nervös, wäre er Netrebkos Manager? Wer könnte da noch lächeln?

""[ ... ] auch die zum freundlich lächelnden Gesicht gegossene Wurstscheibe hat zu lebenden Tieren gehört, die sich nicht freiwillig das Bolzenschussgerät an die Schläfe gesetzt haben, selbst wenn sie angesichts der Zustände in der Intensivtierhaltung durchaus Anlass dazu hätten","

beschreibt Heiko Werning in der TAZ auf seine Art das ethische Problem des Schlachtens von Tieren zur Nahrungsaufnahme. Die Lösung glaubt nun die US-amerikanische Firma Modern Meadow, "Moderne Weide", gefunden zu haben: ein Verfahren, um mit Maschinen künstliches Fleisch herzustellen. In den Worten des TAZ-Autors:

""Eine Flüssigkeit mit Zellen soll in stabile Form gegossen und anschließend im Bioreaktor zu verzehrbarem Synthetikfleisch herangezogen werden."

Wem jetzt schon das Wasser im Munde zusammenläuft, den holt Heiko Werning wieder zurück in die Jetztzeit. Er vermutet nämlich, dass noch viel "Forschungs- und später Überzeugungsarbeit beim Konsumenten" nötig sei, bis das Kunstfleisch auf den Markt komme. Stattdessen hat er einen anderen Vorschlag:

"Vielleicht wäre der von Douglas Adams in 'Per Anhalter durch die Galaxis' ersonnene Weg kürzer: Nutztiere zu züchten, die ganz scharf darauf sind, geschlachtet zu werden."