Von Tobias Wenzel
Die "Welt" empört sich über das Urteil der russischen Richterin, die den Pussy-Riot-Aktivistinnen eine Persönlichkeitsstörung attestiert und zwei Jahre Straflager verhängt hat. "Spiegel"-Autorin Ulrike Knöfel hat einen Galeristen in Peking besucht, dessen Künstler staatlichen Repressionen ausgesetzt sind.
Ein russisch-orthodoxer Priester mit langem Bart und einem Kreuz um den Hals hält mit beiden Händen ein Jesus-Bildnis in die Höhe. Direkt neben ihm steht eine junge, tätowierte Frau mit Sonnenbrille. Auf ihr weißes T-Shirt hat sie mit violetter Farbe "Free Pussy Riot" gesprüht.
Zwei Russen vor dem Moskauer Chamowniki-Gericht, zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Das Foto, abgedruckt im Feuilleton der WELT, symbolisiert den Riss, der nach der Verurteilung der Punkband Pussy Riot durch die russische Gesellschaft geht. Zwei Jahre Straflager für drei junge Frauen, weil sie vierzig Sekunden lang in einer Kirche in Moskau mit einem Punkgebetslied gegen den Präsidenten Vladimir Putin und die Verquickung von Kirche und Staat protestiert hatten.
"Das Urteil ist gefällt, der Kulturkampf beginnt","
so die Überschrift zu Julia Smirnovas Artikel in der WELT. Oder ist dies gar der Beginn einer Revolution, wie einige Beobachter meinen? Richterin Marina Syrowa hatte in ihrer Urteilsbegründung den Musikerinnen aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens eine Persönlichkeitsstörung attestiert.
""Die Symptome: eine Neigung dazu, die eigene Meinung aktiv und kategorisch auszudrücken, starkes Selbstbewusstsein, Hartnäckigkeit, Tendenzen zum oppositionellen Verhalten und zu Protestreaktionen."
So die WELT-Autorin über die vermeintliche Krankheit der Angeklagten, die doch kerngesund erscheinen im Vergleich zur fauligen Mélange aus korrupter Justiz und totalitärem Staat.
"Die Spaltung der Gesellschaft ist wie eine Bombenexplosion. So viele Splitter, dass man nicht sofort begreifen kann, wie groß der Schaden ausfiel","
mit diesen Worten zitiert Julia Smirnova einen Moskauer Galeristen. Auch Ulrike Knöfel vom SPIEGEL zitiert einen Galeristen. Und auch der kommentiert den Angriff des Staates auf die Kunst. Allerdings nicht in Russland, sondern in China. Erstaunlich, erschreckend die Ähnlichkeiten.
""Solche Methoden kennen wir aus dem Faschismus","
sagt der deutsche Kunsthändler Alexander Ochs, der eine Galerie in Peking hat. Und er meint folgendes: Die chinesische Zollpolizei hat Werke des staatskritischen Malers und Bildhauers Zhao Zhao, eines ehemaligen Assistenten von Ai Weiwei, beschlagnahmt, als sie in Richtung New York verschifft werden sollten. Der Künstler muss nun umgerechnet 38.000 Euro Strafe zahlen. Wofür auch immer. In den Worten Ulrike Knöfels:
""Sein Werk aber, so teilte man Zhao mit, werde er auch nach Zahlung der Strafe nicht zurückbekommen. Immerhin dürfe er es sich noch ein letztes Mal anschauen, bevor es zerstört werde."
Nur hat Zhao eben keine 38.000 Euro, um überhaupt in den Genuss zu kommen, Abschied von seinen Werken zu nehmen. Von denen behaupten die chinesischen Machthaber einfach, sie seien keine Kunst. Zhao aber ist weiter mutig, empfängt ausländische Journalisten wie die SPIEGEL-Autorin, schafft neue Werke in einem Land, in dem der Staat seine Künstler fürchtet und bekämpft. Und das einen traurigen ersten Platz einnimmt: In keinem anderen Land der Welt werden so viele Menschen hingerichtet.
Ob China ihnen wenigstens eine Henkersmahlzeit gewährt?
Die New Yorker Künstlerin Julia Ziegler-Haynes hat 24 von US-Bürgern wirklich bestellte Henkersmahlzeiten nachgekocht und arrangiert und für ihr Buch "Today’s Special" fotografiert, wie im SPIEGEL zu lesen ist. Die Bilder der Künstlerin würden nicht anklagen, aber man spüre,
"wie erbärmlich es ist, wenn die letzte Wahl, die ein Mensch im Leben trifft, die zwischen Kaffe und Cola"
sei. Ein Todeskandidat aus Texas orderte
""20 Tacos, 20 Enchiladas, zwei doppelte Cheeseburger und eine Pizza"."
Noch mal völlen vor dem Tod. Ein Häftling aus Ohio war bescheidener. Er verlangte und bekam einen großen weißen Teller mit einer einzigen schwarzen Olive.
Zwei Russen vor dem Moskauer Chamowniki-Gericht, zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Das Foto, abgedruckt im Feuilleton der WELT, symbolisiert den Riss, der nach der Verurteilung der Punkband Pussy Riot durch die russische Gesellschaft geht. Zwei Jahre Straflager für drei junge Frauen, weil sie vierzig Sekunden lang in einer Kirche in Moskau mit einem Punkgebetslied gegen den Präsidenten Vladimir Putin und die Verquickung von Kirche und Staat protestiert hatten.
"Das Urteil ist gefällt, der Kulturkampf beginnt","
so die Überschrift zu Julia Smirnovas Artikel in der WELT. Oder ist dies gar der Beginn einer Revolution, wie einige Beobachter meinen? Richterin Marina Syrowa hatte in ihrer Urteilsbegründung den Musikerinnen aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens eine Persönlichkeitsstörung attestiert.
""Die Symptome: eine Neigung dazu, die eigene Meinung aktiv und kategorisch auszudrücken, starkes Selbstbewusstsein, Hartnäckigkeit, Tendenzen zum oppositionellen Verhalten und zu Protestreaktionen."
So die WELT-Autorin über die vermeintliche Krankheit der Angeklagten, die doch kerngesund erscheinen im Vergleich zur fauligen Mélange aus korrupter Justiz und totalitärem Staat.
"Die Spaltung der Gesellschaft ist wie eine Bombenexplosion. So viele Splitter, dass man nicht sofort begreifen kann, wie groß der Schaden ausfiel","
mit diesen Worten zitiert Julia Smirnova einen Moskauer Galeristen. Auch Ulrike Knöfel vom SPIEGEL zitiert einen Galeristen. Und auch der kommentiert den Angriff des Staates auf die Kunst. Allerdings nicht in Russland, sondern in China. Erstaunlich, erschreckend die Ähnlichkeiten.
""Solche Methoden kennen wir aus dem Faschismus","
sagt der deutsche Kunsthändler Alexander Ochs, der eine Galerie in Peking hat. Und er meint folgendes: Die chinesische Zollpolizei hat Werke des staatskritischen Malers und Bildhauers Zhao Zhao, eines ehemaligen Assistenten von Ai Weiwei, beschlagnahmt, als sie in Richtung New York verschifft werden sollten. Der Künstler muss nun umgerechnet 38.000 Euro Strafe zahlen. Wofür auch immer. In den Worten Ulrike Knöfels:
""Sein Werk aber, so teilte man Zhao mit, werde er auch nach Zahlung der Strafe nicht zurückbekommen. Immerhin dürfe er es sich noch ein letztes Mal anschauen, bevor es zerstört werde."
Nur hat Zhao eben keine 38.000 Euro, um überhaupt in den Genuss zu kommen, Abschied von seinen Werken zu nehmen. Von denen behaupten die chinesischen Machthaber einfach, sie seien keine Kunst. Zhao aber ist weiter mutig, empfängt ausländische Journalisten wie die SPIEGEL-Autorin, schafft neue Werke in einem Land, in dem der Staat seine Künstler fürchtet und bekämpft. Und das einen traurigen ersten Platz einnimmt: In keinem anderen Land der Welt werden so viele Menschen hingerichtet.
Ob China ihnen wenigstens eine Henkersmahlzeit gewährt?
Die New Yorker Künstlerin Julia Ziegler-Haynes hat 24 von US-Bürgern wirklich bestellte Henkersmahlzeiten nachgekocht und arrangiert und für ihr Buch "Today’s Special" fotografiert, wie im SPIEGEL zu lesen ist. Die Bilder der Künstlerin würden nicht anklagen, aber man spüre,
"wie erbärmlich es ist, wenn die letzte Wahl, die ein Mensch im Leben trifft, die zwischen Kaffe und Cola"
sei. Ein Todeskandidat aus Texas orderte
""20 Tacos, 20 Enchiladas, zwei doppelte Cheeseburger und eine Pizza"."
Noch mal völlen vor dem Tod. Ein Häftling aus Ohio war bescheidener. Er verlangte und bekam einen großen weißen Teller mit einer einzigen schwarzen Olive.