Von Tobias Wenzel
Der "FAZ"-Redakteur Dieter Bartetzko schaut auf das Krisenland Griechenland und kritisiert jene Menschen, die mit dem moralischen Zeigefinger die griechische Regierung zeigen. In einem Kurzinterview mit Peter Sloterdijk fragt der "Spiegel" beim Philosophen nach, ob die Gier nicht das Triebmoment unseres Wirtschaftssystems sei.
Wenigstens die Feuilletons halten Griechenland noch die Treue. Dieter Bartetzko widmet sich in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG der "zu allem bereiten Hure". Nicht Bartetzko selbst hält Griechenland für eine solche.
Vielmehr kritisiert der Autor jene Menschen, die mit dem moralischen Zeigefinger auf das vermeintlich verhurte Krisenland zeigen, das mit allen Mitteln versucht, neue Geldquellen aufzutun. Nun will die griechische Regierung antike Nationaldenkmäler kommerziell nutzen: "Athens Agora, der Urort des Parlamentarismus, als Spielwiese für Catwalker und 007-Stunts", lässt Dieter Bartetzko seiner Fantasie freien Lauf und weist zugleich die empörten Kritiker in die Schranken.
Griechenland tue doch nur offen, was ganz Europa längst praktiziere. Nicht nur Italien, das Denkmäler wie das Kolosseum "als Touristenattraktion" verschleißt, bis Steine herabstürzen, ist demnach schon lange verhurt. Auch Deutschland. Der FAZ-Autor nennt als Beispiel das 1945 zerbombte und 2010 wieder aufgebaute Kurländer Palais in Dresden. Das sei keine Kulturstätte mehr, sondern eine "Event Location", mit folgendem Angebot: "Draculas Hochzeit - eine köstliche Dinnershow mit Biss". "Wo ist hier noch der Unterschied zu Griechenlands Hausiererei?", fragt Bartetztko und antwortet gleich selbst:
"Im Zeichen der Eurokrise arbeiten überall Geldgier und Geldmangel Hand in Hand."
"Ist Gier nicht das Triebmoment unseres Wirtschaftssystems?"
will der SPIEGEL im Kurzinterview von Peter Sloterdijk wissen. Und der Philosoph antwortet:
"Den Menschen auf Giergetriebenheit zu reduzieren ist gefährlich, weil die Leute so werden, wie man sie auffasst."
Fassen wir also Peter Sloterdijk lieber nicht als Brigitte Nielsen auf. Denn sonst müsste Petra Sloterdijk sich vor laufender Kamera unter anderem vier Liter Fett aus dem Po absaugen und neue Brustimplantate einsetzen lassen und dann später im Dschungel als C-Philosophin um die Gunst der Reality-TV-Glotzer buhlen. Fassen wir Sloterdijk also lieber als Mann auf, und zwar als gönnerhaften. Hat er doch gemeinsam mit Freunden einen mit 50.000 Euro dotierten Preis für großzügige Menschen gestiftet und sich also auch selbst als großzügig erwiesen.
Ist es eigentlich ein Akt von Großzügigkeit, wenn der Maler Gerhard Richter mit einem Cutter seine millionenschweren Gemälde zerstört? Jedenfalls ist es "ein Akt der Befreiung". Das hat er Ulrike Knöfel vom SPIEGEL gesagt.
"Der Zerstörer" heißt ihr Artikel. Allein in den 60er-Jahren hat Richter ungefähr 60 Gemälde zerstört. Knöfel schätzt, dass sie heute eine halbe Milliarde Euro wert wären. Erhalten davon sind aber nur noch die Fotos, die Richter vor dem Vernichten machte. Ein "eigenes, geheimes Museum" würden diese Zeugnisse seiner Zerstörung bilden, so die SPIEGEL-Autorin. Ganz so geheim sind sie dann doch nicht mehr: das Magazin druckt einige der Fotografien ab.
Ein Geheimnis sind dem Journalisten Peter Böhm die Frauen aus Saudi-Arabien, wie er in seinem Artikel für die TAZ verrät. Ein Jahr hat er in dem Land mit der wohl rigidesten Geschlechtertrennung der Welt gelebt. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es dort nicht, sonst kämen die Geschlechter ja zusammen. Ein Geistlicher warnte davor, den Frauen das Autofahren zu erlauben, weil
"Ausschweifung und Prostitution die unmittelbare Folge wären."
Alle Frauen sind bis auf einen winzigen Schlitz auf Augenhöhe komplett verschleiert. Aber selbst diesen Schlitz bedecken einige durch ein halbtransparentes Tuch. Um gar nicht erst in Versuchung zu kommen, mit den Augen zu flirten. In ihren langen schwarzen Gewändern schweben die Frauen wie Geister über den Boden. Peter Böhm ging respektvoll bis ängstlich auf Distanz zu ihnen:
"Die schwarzen Gestalten bedeuteten Gefahr. Denn wenn ein Lächeln, ein hingeworfener Satz zur Orgie führen konnten, war es besser den Kontakt überhaupt zu vermeiden."
Vielmehr kritisiert der Autor jene Menschen, die mit dem moralischen Zeigefinger auf das vermeintlich verhurte Krisenland zeigen, das mit allen Mitteln versucht, neue Geldquellen aufzutun. Nun will die griechische Regierung antike Nationaldenkmäler kommerziell nutzen: "Athens Agora, der Urort des Parlamentarismus, als Spielwiese für Catwalker und 007-Stunts", lässt Dieter Bartetzko seiner Fantasie freien Lauf und weist zugleich die empörten Kritiker in die Schranken.
Griechenland tue doch nur offen, was ganz Europa längst praktiziere. Nicht nur Italien, das Denkmäler wie das Kolosseum "als Touristenattraktion" verschleißt, bis Steine herabstürzen, ist demnach schon lange verhurt. Auch Deutschland. Der FAZ-Autor nennt als Beispiel das 1945 zerbombte und 2010 wieder aufgebaute Kurländer Palais in Dresden. Das sei keine Kulturstätte mehr, sondern eine "Event Location", mit folgendem Angebot: "Draculas Hochzeit - eine köstliche Dinnershow mit Biss". "Wo ist hier noch der Unterschied zu Griechenlands Hausiererei?", fragt Bartetztko und antwortet gleich selbst:
"Im Zeichen der Eurokrise arbeiten überall Geldgier und Geldmangel Hand in Hand."
"Ist Gier nicht das Triebmoment unseres Wirtschaftssystems?"
will der SPIEGEL im Kurzinterview von Peter Sloterdijk wissen. Und der Philosoph antwortet:
"Den Menschen auf Giergetriebenheit zu reduzieren ist gefährlich, weil die Leute so werden, wie man sie auffasst."
Fassen wir also Peter Sloterdijk lieber nicht als Brigitte Nielsen auf. Denn sonst müsste Petra Sloterdijk sich vor laufender Kamera unter anderem vier Liter Fett aus dem Po absaugen und neue Brustimplantate einsetzen lassen und dann später im Dschungel als C-Philosophin um die Gunst der Reality-TV-Glotzer buhlen. Fassen wir Sloterdijk also lieber als Mann auf, und zwar als gönnerhaften. Hat er doch gemeinsam mit Freunden einen mit 50.000 Euro dotierten Preis für großzügige Menschen gestiftet und sich also auch selbst als großzügig erwiesen.
Ist es eigentlich ein Akt von Großzügigkeit, wenn der Maler Gerhard Richter mit einem Cutter seine millionenschweren Gemälde zerstört? Jedenfalls ist es "ein Akt der Befreiung". Das hat er Ulrike Knöfel vom SPIEGEL gesagt.
"Der Zerstörer" heißt ihr Artikel. Allein in den 60er-Jahren hat Richter ungefähr 60 Gemälde zerstört. Knöfel schätzt, dass sie heute eine halbe Milliarde Euro wert wären. Erhalten davon sind aber nur noch die Fotos, die Richter vor dem Vernichten machte. Ein "eigenes, geheimes Museum" würden diese Zeugnisse seiner Zerstörung bilden, so die SPIEGEL-Autorin. Ganz so geheim sind sie dann doch nicht mehr: das Magazin druckt einige der Fotografien ab.
Ein Geheimnis sind dem Journalisten Peter Böhm die Frauen aus Saudi-Arabien, wie er in seinem Artikel für die TAZ verrät. Ein Jahr hat er in dem Land mit der wohl rigidesten Geschlechtertrennung der Welt gelebt. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es dort nicht, sonst kämen die Geschlechter ja zusammen. Ein Geistlicher warnte davor, den Frauen das Autofahren zu erlauben, weil
"Ausschweifung und Prostitution die unmittelbare Folge wären."
Alle Frauen sind bis auf einen winzigen Schlitz auf Augenhöhe komplett verschleiert. Aber selbst diesen Schlitz bedecken einige durch ein halbtransparentes Tuch. Um gar nicht erst in Versuchung zu kommen, mit den Augen zu flirten. In ihren langen schwarzen Gewändern schweben die Frauen wie Geister über den Boden. Peter Böhm ging respektvoll bis ängstlich auf Distanz zu ihnen:
"Die schwarzen Gestalten bedeuteten Gefahr. Denn wenn ein Lächeln, ein hingeworfener Satz zur Orgie führen konnten, war es besser den Kontakt überhaupt zu vermeiden."