Von Tobias Wenzel

Günter Wallraff entdeckt im Interview mit der "WELT" Parallelen zwischen den Protesten in der Türkei und den 68ern. In der "FAZ" warnt der Sprecher des Chaos Computer Clubs vor weiteren Bespitzelungen durch Geheimdienste. Und im "SZ"-Interview geht es um Licht als Nahrungsmittel.
"Wenn die Gewalt gegen die Protestbewegung weitergeht, sollten wir alle in Europa in die Türkei, Protesturlaub machen."

Enthüllungsjournalist Günter Wallraff fordert das im Gespräch mit Boris Kalnoky von der WELT.

"Dann einfach dabei sein, die Demonstranten durch unsere Anwesenheit ermutigen. Ganz unmilitant."

Unmilitant sind die meisten deutschen Türkei-Urlauber bestimmt. Die Frage ist wohl nur, was die größere Anziehungskraft auf sie ausübt: der Taksim-Platz samt demonstrierenden Türken oder doch die Liege am Pool des All-inclusive-Hotels. Na ja. Wallraffs Idealismus wirkt jedenfalls erfrischend. Und dass er selbst seiner eigenen Aufforderung nachkommen wird, daran lässt er keinen Zweifel. Diese Demonstranten müsse man einfach unterstützen, seien sie doch "das Symbol einer neuen Türkei", einer kosmopolitischen. Diese Menschen brächten jetzt das alte System zum wanken, in einem Land, in dem es Säuberungen in den Behörden gegeben habe und die Presse nahezu gleichgeschaltet sei:

"Wie weit das fortgeschritten war, hat man in dieser Krise erst richtig gesehen, als in den türkischen Sendern in den ersten Tagen die Proteste kaum vorkamen, sondern über Pinguine und Schizophrenie und die Strahlung auf dem Mars berichtet wurde"."

Günter Wallraff entdeckt Parallelen zwischen den Protestaktionen in der Türkei und der 68er-Bewegung:

""Es geht um das Aufbegehren gegen eine einengende, autoritäre Gesellschaft. Erdogans Verschwörungstheorie vom Einfluss dunkler ausländischer Mächte klingt mir allzu vertraut."

Über eine Verschwörungstheorie, die gar keine ist, sondern erschreckende Wirklichkeit klärt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG auf.

"Wenn jemand sagte, die NSA habe Zugriff auf die Daten aller amerikanischen Unternehmen, wurde das immer als Spinnerei abgetan",
erinnert sich Frank Rieger, der Sprecher des Chaos Computer Clubs, im Interview mit Michael Hanfeld. Nach einem Bericht der "Washington Post" ist nun klar, was Experten schon lange vermutet hatten: Der amerikanische Geheimdienst NSA überwacht in erheblichem Umfang Telefongespräche und greift auf die Daten der Internetkonzerne zu. Innerhalb der USA. Das Überwachungsprojekt trägt den ebenso hübschen wie harmlosen Namen prism ("Prisma"). Welche Inhalte denn überwacht würden, fragt Hanfeld. Riegers Antwort:

"Das ist genau alles. Chats, Videos, Fotos, E-Mails. Auch Skype, das lange von Unwissenden als abhörsicher bezeichnet wurde. Es geht um praktisch alle Inhalte, die über die Internetunternehmen kommuniziert werden. Auch Apple gehört dazu. Der Zugriff auf die Informationen ist total."

Deshalb sollten sich deutsche Unternehmen sehr genau überlegen, ob sie nun noch ihre Daten auf den Servern US-amerikanischer Cloud-Anbieter wie Microsoft und Amazon speichern wollten. Denn diese Daten könnten ja vom Gemeindienst überwacht werden. Wer das Interview in der FAZ liest, dem könnte auch die Lust vergehen, in die USA zu telefonieren. Die Gespräche würden nämlich genauso wie die Datenübertragungen – wenigstens potenziell – mehrfach überwacht:

"Von mindestens drei Geheimdiensten", behauptet der Sprecher des Chaos Computer Clubs.

"Vom BND – die strategische Fernüberwachung –, dann wahrscheinlich von den Briten, weil dort die Leitungen durchgehen, dann noch einmal von den Amerikanern."

Vor einem Amerikaner muss man allerdings gar keine Angst haben, denn er schafft Schönes mit Licht. Und damit kommen wir zum dritten und letzten Interview dieser Feuilleton-Schau. Peter Richter hat den Künstler James Turrell für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG interviewt. Es falle den Kritikern schwer, über seine Lichtinstallationen zu schreiben, weil das Licht nichts anderes symbolisiere, erklärt Turrell: "Es ist, was es ist." Und zwar etwas äußerst Materielles:

"Es ist eine Sache. Wir essen Licht, als Vitamin D. Durch die Haut. Es ist ein Nahrungsmittel. Wenn es daran mangelt, verursacht das Winterdepressionen, die man aus nördlichen Ländern kennt. In Europa geben sie deshalb Kindern Vitamin D in die Milch. Sie vergessen nur immer, es auch ins Bier und den Whiskey zu tun, für die Erwachsenen."