Von Tobias Wenzel

Ein SPIEGEL-Interview mit Literaturnobelpreisträger Mo Yan über sein Werk und China hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Ungeteilt positiv sind hingegen die Erinnerungen der Feuilletons zum 100. des Bösewicht-Darstellers Gert Fröbe und zum Tode des "letzten deutschen Kapellmeisters" Wolfgang Sawallisch.
"Ich bin schuldig", gesteht der chinesische Literaturnobelpreisträger Mo Yan im Interview mit Bernhard Zand vom SPIEGEL. "Ich war eifersüchtig auf Leistungen anderer, auf ihre Talente, auf das Glück, das sie hatten. Und ich habe, um meiner eigenen Zukunft willen, meine Frau zu einer Abtreibung gedrängt." Das klingt, als könnte aus diesem Gespräch in Peking ein noch umfassenderes Schuldeingeständnis werden, als würde Mo vielleicht jene im letzten Jahr gemachte Bemerkung widerrufen, Zensur in China sei nun mal ein "notwendiges Übel". Doch das war es dann auch schon mit der Selbstkritik. Zand versucht immer wieder im Gespräch mit Mo einen Widerspruch zu klären: Wieso übe der Autor in seinen Werken eindeutig Kritik an den Missständen in China, zum Beispiel in dem nun erschienenen Buch "Frösche" an der Ein-Kind-Politik, tue dies aber nicht entsprechend als öffentlicher Mensch? Mos Antwort: "Ich habe Angst, vor Leute zu treten." Im Gespräch verteidigt Mo seine Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei. Die Kulturrevolution sei nur durch "Fehler einzelner Führer" entstanden. "In Ihrem autobiografischen Band ‚Change‘ berichten Sie davon, wie Sie kleine Mao-Statuen verwenden, um in Ihrem Schlafzimmer die Ratten zu verscheuchen. Warum wagen Sie solche Tabubrüch in Ihren Büchern – scheuen Sie aber im öffentlichen Raum?" hakt der SPIEGEL"" nach. "Finden Sie, dass ich im öffentlichen Raum so vorsichtig bin? Dann hätte ich diesem Gespräch nicht zugestimmt." Mo lobt das Werk von Martin Walser, der wiederum Mos Werk schätzt, ja schlägt Walser sogar für den Nobelpreis vor. Auf die Kritik des Künstlers Ai Weiwei, Mo sei als Intellektueller ungeeignet, um China zu repräsentieren, reagiert Mo mit den Worten: "Ich kann das nicht. Kann es Ai Weiwei? Ich glaube, China können nur die wirklich vertreten, die da draußen mit den Händen im Dreck wühlen und Straßen pflastern."

"Der Mann hat gegen so ziemlich jede Regel verstoßen, die man befolgen sollte, um ein internationaler Star zu werden", schreibt Frank Noack im
TAGESSPIEGEL zum 100. Geburtstag von Gert Fröbe. "Seine Figur ließ zu wünschen übrig, zuerst war er zu dünn, später zu dick. Er war nicht einmal ein überragender Schauspieler und ehrgeizig schon gar nicht."
Ein "bayerischer Preuße" sei dagegen der nun im Alter von 89 Jahren verstorbene Dirigent Wolfgang Sawallisch gewesen, zitiert Wolfgang Schreiber in der
SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG die Worte eines mit Sawallisch befreundeten Verlegers: "Schon seine Körperhaltung ist preußisch beherrscht, konzentriert betritt er das Pult." Bayerisch sei allerdings der Dirigierstil, der einen "Zug ins leidenschaftlich Musikantische" gehabt habe. Der TAGESSPIEGEL und die WELT ziehen mit einer Stimme den Hut vor dem Experten für die Musik von Wagner und Richard Strauss, und zwar als dem "letzten deutschen Kapellmeister". Gerhard Rohde erläutert dies in der FAZ so: "Wolfgang Sawallisch war im guten alten Sinne ein wahrer ‚Capellmeister‘, aus der Zeit, in der man das Wort noch mit einem ‚C‘ schrieb. Mit einem ‚K‘ geschrieben, bedeutet das heutzutage, zweiter oder dritter Mann an einem Opernhaus zu sein, Repertoirevorstellungen zu leiten, Ballettabende und Operetten. Ein ‚Meister der Capelle‘ aber musste mehr sein: hochmusikalisch, fachlich absolut kompetent, allumfassend gebildet und dazu auch eine gestandene Persönlichkeit, um dem Ehrentitel zu entsprechen. Und, was eigentlich das Wichtigste ist, ein gehorsamer Diener der Musik, der sich nie mit seiner Person vorlaut vor ein Werk stellt."

Eher zu kleinlaut scheinen viele Künstler zu sein, die ihr täglich Brot hart erarbeiten müssen. Jetzt aber mucken sie auf und dokumentieren auf der Facebook-Seite "Kuenstlergagen" Unverschämtheiten bei der Honorarverhandlung, wie Birgit Walter in der
FRANKFURTER RUNDSCHAU berichtet. Die Vermutung, Künstler hätten Spaß bei der Arbeit, führe oft zu der Annahme, man müsse sie dann ja gar nicht mehr bezahlen oder jedenfalls nicht richtig. Ein Beispiel: "Der Veranstalter einer Feier bietet Künstlern die Teilnahme am anschließenden Sektempfang als Gage."