Von Tobias Wenzel
In der "taz" findet die Sexismusdebatte eine Fortsetzung. Die "FAZ" will Gérard Depardieu besser kennenlernen – aus der Sicht eines Russen. In der "SZ" wird die Wiener Max-Ernst-Retrospektive kritisch beäugt.
Was hätten wohl Charlotte Roche und Jan Böhmermann in ihrer Talkshow auf ZDFkultur mit der Sexismusdebatte gemacht? Sie vielleicht lächelnd mit einem edlen Whiskey heruntergespült? Die Feuilletons vom Dienstag melden: Die angekündigte dritte Staffel von "Roche & Böhmermann" wird es doch nicht mehr geben. Damit ist die selbstironischste und am schönsten verpackte deutsche Talkshow tot.
Die gute Nachricht: Silke Burmester, Gast der zweitletzten Sendung von "Roche & Böhmermann", lebt. Beteiligt sich die Journalistin doch in der TAZ an der Sexismusdebatte um Rainer Brüderle und holt weit aus:
""Als Kind war das die Frage, warum ein Junge die Brause aus der Flasche trinken darf, ich aber nicht. Heute, warum sie die gleiche Arbeit besser bezahlt bekommen, die Männer?"
Nun würden Frauen im Internet endlich aus ihrer Perspektive über Ungerechtigkeiten und sexuelle Belästigungen schreiben:
"Das Internet befreit uns Frauen von der Hoheit der Männer über die Meinungsbildung."
Zum ersten Mal in ihrem Leben hat Burmester Hoffnung, dass sich wirklich etwas ändert:
"All das, was im Moment passiert, passiert ohne Alice Schwarzer. Und ich glaube, genau das ist der Punkt, warum sich eine solche Kraft entwickelt."
Über das "Rockhochheben in der Öffentlichkeit" schreibt der russische Schriftsteller Viktor Jerofejew in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Jerofejew meint aber nicht die Sexismusdebatte, sondern die französische Seele. Der Franzose empfinde den Blick anderer in die Seele der Grande Nation als ebenso "aggressiven, schamlosen Akt" wie das "Rockhochheben in der Öffentlichkeit".
Jerofejew will die französische Seele erforschen, um Gérard Depardieu vielleicht doch noch zu verstehen. Der Schauspieler hat jüngst die russische Staatsbürgerschaft als Geschenk von Putin persönlich angenommen, um der französischen Reichensteuer zu entkommen, und die russische Opposition kritisiert. Jerofejew erinnert an jene Franzosen von Malraux bis Gide, die begeistert nach Russland kamen, um dann entgeistert wieder zu verschwinden. Und Depardieu?
"Man muss alles tun, um den wunderbaren, von allen geliebten Schauspieler nicht zu enttäuschen","
lässt Jerofejew seiner Ironie freien Lauf.
""Man muss das Land schrubben, dass es nur so glänzt, ihm die Haare schneiden, es rasieren, rote Rosen setzen, die Zivilgesellschaft einführen, einen Haufen Raketen und Sputniks in den Himmel schießen. Sonst haut er uns womöglich wieder ab, der Lump!"
So gut wie Depardieu Russland gefielen dem Kunstkritiker Werner Spies die sieben Max-Ernst-Fälschungen von Wolfgang Beltracchi. Der Max-Ernst-Experte Spies behauptete vielmehr, sie seien Originale und kassierte für seine Echtheitszertifkate horrende Provisionen. Daran erinnert Catrin Lorch in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG anlässlich der Max-Ernst-Retrospektive in der Wiener Albertina. Der Kurator der Ausstellung: Werner Spies. Darüber ist die SZ-Autorin wenig erfreut:
"So eine Auswahl einem Mann zu überlassen, der in Marktklüngel und Zuschreibungsprobleme verstrickt war, kann man zumindest als unsensibel empfinden"."
Ihre These: Spies, der mit Max Ernst befreundet war, habe dessen Bedeutung als Künstler überbewertet, ihn gar als "wichtigsten Maler des 20. Jahrhunderts neben Picasso" bezeichnet. Davon hätten Spies und Ernst finanziell profitiert. Catrin Lorch kommt zu einer kritischeren Einschätzung des Werks. In der kleinen Form, als "verspielter Collagist", habe Max Ernst durchaus "Charme" und "Witz" bewiesen. Aber ein bedeutender, "radikaler Maler" sei er nicht gewesen. Wenn man Ernst unbedingt im Olymp ansiedeln wolle, dann gelte es, mit ihm dort "ein paar Stufen herunterzusteigen"
Die Füße benutzen, das hätte Johann Gottfried Seume gefallen. An diesem Dienstag wäre der Wanderer, Reporter und Literat 250 Jahre alt geworden. Christian Thomas erinnert in der BERLINER ZEITUNG an den Erfinder des geflügelten Wortes "sich in die Büsche schlagen" und an den begeisterten Verfechter des Gehens:
""Ich halte den Gang für das Ehrenvollste und Selbstständigste in dem Manne und bin der Überzeugung, dass alles besser gehen würde, wenn man ginge."
Die gute Nachricht: Silke Burmester, Gast der zweitletzten Sendung von "Roche & Böhmermann", lebt. Beteiligt sich die Journalistin doch in der TAZ an der Sexismusdebatte um Rainer Brüderle und holt weit aus:
""Als Kind war das die Frage, warum ein Junge die Brause aus der Flasche trinken darf, ich aber nicht. Heute, warum sie die gleiche Arbeit besser bezahlt bekommen, die Männer?"
Nun würden Frauen im Internet endlich aus ihrer Perspektive über Ungerechtigkeiten und sexuelle Belästigungen schreiben:
"Das Internet befreit uns Frauen von der Hoheit der Männer über die Meinungsbildung."
Zum ersten Mal in ihrem Leben hat Burmester Hoffnung, dass sich wirklich etwas ändert:
"All das, was im Moment passiert, passiert ohne Alice Schwarzer. Und ich glaube, genau das ist der Punkt, warum sich eine solche Kraft entwickelt."
Über das "Rockhochheben in der Öffentlichkeit" schreibt der russische Schriftsteller Viktor Jerofejew in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Jerofejew meint aber nicht die Sexismusdebatte, sondern die französische Seele. Der Franzose empfinde den Blick anderer in die Seele der Grande Nation als ebenso "aggressiven, schamlosen Akt" wie das "Rockhochheben in der Öffentlichkeit".
Jerofejew will die französische Seele erforschen, um Gérard Depardieu vielleicht doch noch zu verstehen. Der Schauspieler hat jüngst die russische Staatsbürgerschaft als Geschenk von Putin persönlich angenommen, um der französischen Reichensteuer zu entkommen, und die russische Opposition kritisiert. Jerofejew erinnert an jene Franzosen von Malraux bis Gide, die begeistert nach Russland kamen, um dann entgeistert wieder zu verschwinden. Und Depardieu?
"Man muss alles tun, um den wunderbaren, von allen geliebten Schauspieler nicht zu enttäuschen","
lässt Jerofejew seiner Ironie freien Lauf.
""Man muss das Land schrubben, dass es nur so glänzt, ihm die Haare schneiden, es rasieren, rote Rosen setzen, die Zivilgesellschaft einführen, einen Haufen Raketen und Sputniks in den Himmel schießen. Sonst haut er uns womöglich wieder ab, der Lump!"
So gut wie Depardieu Russland gefielen dem Kunstkritiker Werner Spies die sieben Max-Ernst-Fälschungen von Wolfgang Beltracchi. Der Max-Ernst-Experte Spies behauptete vielmehr, sie seien Originale und kassierte für seine Echtheitszertifkate horrende Provisionen. Daran erinnert Catrin Lorch in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG anlässlich der Max-Ernst-Retrospektive in der Wiener Albertina. Der Kurator der Ausstellung: Werner Spies. Darüber ist die SZ-Autorin wenig erfreut:
"So eine Auswahl einem Mann zu überlassen, der in Marktklüngel und Zuschreibungsprobleme verstrickt war, kann man zumindest als unsensibel empfinden"."
Ihre These: Spies, der mit Max Ernst befreundet war, habe dessen Bedeutung als Künstler überbewertet, ihn gar als "wichtigsten Maler des 20. Jahrhunderts neben Picasso" bezeichnet. Davon hätten Spies und Ernst finanziell profitiert. Catrin Lorch kommt zu einer kritischeren Einschätzung des Werks. In der kleinen Form, als "verspielter Collagist", habe Max Ernst durchaus "Charme" und "Witz" bewiesen. Aber ein bedeutender, "radikaler Maler" sei er nicht gewesen. Wenn man Ernst unbedingt im Olymp ansiedeln wolle, dann gelte es, mit ihm dort "ein paar Stufen herunterzusteigen"
Die Füße benutzen, das hätte Johann Gottfried Seume gefallen. An diesem Dienstag wäre der Wanderer, Reporter und Literat 250 Jahre alt geworden. Christian Thomas erinnert in der BERLINER ZEITUNG an den Erfinder des geflügelten Wortes "sich in die Büsche schlagen" und an den begeisterten Verfechter des Gehens:
""Ich halte den Gang für das Ehrenvollste und Selbstständigste in dem Manne und bin der Überzeugung, dass alles besser gehen würde, wenn man ginge."