Von schwedischen Wäldern in ferne Galaxien
Mit seinem Romandebüt "Populärmusik aus Vittula" hat sich Mikael Niemi als schlitzohriger Autor einen Namen gemacht. Darin versuchen zwei Jungs mit Hilfe des Rock&Roll der Einöde Nordschwedens zu entfliehen. Der Held seines Romans tut das mit Hilfe der Phantasie und seiner Sauna und lässt sich so in ferne Galaxien treiben.
Lohnt es sich darüber nachzudenken, wo man seine letzte Nacht auf der Erde verbringen würde? Ein Abschiedsessen mit Freunden fällt ein, der Gang zu lieb gewonnenen Orten - oder würde man mit Wehmut zum Stift greifen, um vorerst letzte, auch testamentarische Anweisungen zu hinterlassen?
Für den schwedischen Autor Mikael Niemi besteht kein Zweifel daran, dass der Ich-Erzähler seines neuen Romans "Das Loch in der Schwarte" den Abschied vom irdischen Dasein allein und in der Sauna begeht. Beim Anblick der tief stehenden Sonne, die sich als "rote, zitternde Scheibe" im Fluss spiegelt, lässt er den Schwermut aus sich "hinausrinnen". Melancholisch gestimmt, gleitet sein Blick ein letztes Mal über jenes lieb gewordene nordschwedische Tornedal, das für ihn der Inbegriff von Heimat ist. Dann erst beginnt er einen Text zu schreiben, der als vulgäre, irritierende Narrenrevue bezeichnet werden kann.
Mit seinem Romandebüt "Populärmusik aus Vittula", das 2002 in deutscher Sprache erschien, hat sich Mikael Niemi als schlitzohriger Autor einen Namen gemacht. Angesiedelt in den nur spärlich besiedelten Weiten Nordschwedens, versuchen Matti und sein wortkarger Freund Niila mit Hilfe des Rock’ n’ Rolls der strengen und auch gefährlichen Einöde zu entkommen.
Schreibend träumt sich Niemi auch in seinem neuen Roman aus dem Tornedal hinweg und die pralle Ausstattung der dabei entstandenen nervösen Traum-Texte erinnert mitunter an deftige und sprachgewaltige Satiren des Mittelalters. Doch während in diesen die Narrheit zum Prinzip erhoben wird, ist bei Niemi eine wirkliche Idee nicht zu erkennen. Seine Reisen führen in ferne Galaxien, um sich mit der Frage herum zu schlagen, wie das Weltall entstanden ist und warum es schwarz und nicht weiß wurde. Hätte er dafür nicht in den heimischen Wäldern bleiben und seine Phantasien in einer gut geheizten Sauna ausschwitzen können. Denn bei der Suche nach einem Namen für das Universum, bleibt er ja doch beim Wort Grützwurst hängen, die ohne Zweifel ein kulinarischer Genuss des Nordens ist. Bei Niemi aber verkommt diese nun zum Pingpongball müder Dialoge.
Und derweil sein Held auf dem Asteroiden Wichssocke landet und angeekelt an einem vulkanischen Joghurt nippt, schwingt sich der Autor zu einem didaktischen Monolog auf, der mit der Weisheit endet: Während man sich Gedanken über Lebewesen auf anderen Planeten macht, vergeht das Leben.
Auf seinen Reisen ins Universum nimmt Niemi zwar viele Laster und Gebrechen menschlicher Wesen mit spitzer Zunge unter die Lupe. Doch wird der angestimmte scharfe, satirische Ton immer dann brüchig, wenn der Ich-Erzähler in Selbstgesprächen die Zukunft unseres Planeten diskutiert. In diesen Textfalten lässt sich ahnen, worum es dem Autor wirklich geht: das phantastische Geheimnis unserer Existenz als ein Geschenk zu begreifen, das vor der Zeit zu enthüllen, nur die Dummen wagen.
Mikael Niemi: "Das Loch in der Schwarte"
Aus dem Schwedischen von Christel Hildebrandt
btb Verlag 2006. 221 Seiten.
Die schwedische Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel "Svålhålet" bei Norstedts Förlag AB, Stockholm. 19,90 Euro.
Für den schwedischen Autor Mikael Niemi besteht kein Zweifel daran, dass der Ich-Erzähler seines neuen Romans "Das Loch in der Schwarte" den Abschied vom irdischen Dasein allein und in der Sauna begeht. Beim Anblick der tief stehenden Sonne, die sich als "rote, zitternde Scheibe" im Fluss spiegelt, lässt er den Schwermut aus sich "hinausrinnen". Melancholisch gestimmt, gleitet sein Blick ein letztes Mal über jenes lieb gewordene nordschwedische Tornedal, das für ihn der Inbegriff von Heimat ist. Dann erst beginnt er einen Text zu schreiben, der als vulgäre, irritierende Narrenrevue bezeichnet werden kann.
Mit seinem Romandebüt "Populärmusik aus Vittula", das 2002 in deutscher Sprache erschien, hat sich Mikael Niemi als schlitzohriger Autor einen Namen gemacht. Angesiedelt in den nur spärlich besiedelten Weiten Nordschwedens, versuchen Matti und sein wortkarger Freund Niila mit Hilfe des Rock’ n’ Rolls der strengen und auch gefährlichen Einöde zu entkommen.
Schreibend träumt sich Niemi auch in seinem neuen Roman aus dem Tornedal hinweg und die pralle Ausstattung der dabei entstandenen nervösen Traum-Texte erinnert mitunter an deftige und sprachgewaltige Satiren des Mittelalters. Doch während in diesen die Narrheit zum Prinzip erhoben wird, ist bei Niemi eine wirkliche Idee nicht zu erkennen. Seine Reisen führen in ferne Galaxien, um sich mit der Frage herum zu schlagen, wie das Weltall entstanden ist und warum es schwarz und nicht weiß wurde. Hätte er dafür nicht in den heimischen Wäldern bleiben und seine Phantasien in einer gut geheizten Sauna ausschwitzen können. Denn bei der Suche nach einem Namen für das Universum, bleibt er ja doch beim Wort Grützwurst hängen, die ohne Zweifel ein kulinarischer Genuss des Nordens ist. Bei Niemi aber verkommt diese nun zum Pingpongball müder Dialoge.
Und derweil sein Held auf dem Asteroiden Wichssocke landet und angeekelt an einem vulkanischen Joghurt nippt, schwingt sich der Autor zu einem didaktischen Monolog auf, der mit der Weisheit endet: Während man sich Gedanken über Lebewesen auf anderen Planeten macht, vergeht das Leben.
Auf seinen Reisen ins Universum nimmt Niemi zwar viele Laster und Gebrechen menschlicher Wesen mit spitzer Zunge unter die Lupe. Doch wird der angestimmte scharfe, satirische Ton immer dann brüchig, wenn der Ich-Erzähler in Selbstgesprächen die Zukunft unseres Planeten diskutiert. In diesen Textfalten lässt sich ahnen, worum es dem Autor wirklich geht: das phantastische Geheimnis unserer Existenz als ein Geschenk zu begreifen, das vor der Zeit zu enthüllen, nur die Dummen wagen.
Mikael Niemi: "Das Loch in der Schwarte"
Aus dem Schwedischen von Christel Hildebrandt
btb Verlag 2006. 221 Seiten.
Die schwedische Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel "Svålhålet" bei Norstedts Förlag AB, Stockholm. 19,90 Euro.