Von Maximilian Steinbeis
Die "Berliner Zeitung" rezensiert ein Konzert der Band Slipknot, die sich selbst als "Maden“ bezeichnen. Der "Tagesspiegel" empört sich darüber, dass viele namhafte Orchester ihre Konzerte in Japan absagen.
Frankfurt und München schweigen: Der katholische Teil Deutschlands feiert an diesem Tag Leib und Blut Christi anstatt Zeitungen zu drucken, und das dünnt das Feuilleton-Angebot an diesem Tag einigermaßen aus. Aber das gottlose Berlin schweigt nie, schon gar nicht an Fronleichnam.
In der BERLINER ZEITUNG hat Aleksandar Zivanovic der Überschrift seines Artikels zufolge an einem
"Karneval der Maden"
teilgenommen und lässt uns an diesem Erlebnis auf das Farbenfrohste teilhaben:
"Einige interessante Weiterbildungsmaßnahmen waren am Dienstag in der Columbiahalle zu sehen,"
lesen wir:
"als zum Beispiel zwei Jungs ihren Kumpel festhielten und ihn nach unten drückten, damit ihm ein weiterer Freund explosionsartigen Wind aus dem Darm ins Gesicht lassen konnte."
Es handelt sich um Fans der amerikanischen Band Slipknot, die sich selbst als "Maden" bezeichnen. Auf dem Konzert der mit Horrormasken vermummten Musiker aus Iowa wähnt sich der Autor
"wie im Zirkus,"
überrascht am Ende aber mit folgendem Fazit:
"Der gesamte Abend erscheint nur streckenweise roh, meist wirkt alles eher poliert und geglättet."
In die Düsternis der Subkultur wagt sich auch die Tageszeitung DIE WELT, die in ihrem Feuilletonaufmacher einer eigentümlichen Vermummungsmode auf den Grund geht:
"Bei den Demonstrationen in Spanien und Griechenland sieht man immer mehr Menschen mitmarschieren, die sich als Guy Fawkes verkleidet haben,"
beobachtet Welt-Autor Matthias Heine. Und wer ist Guy Fawkes?
"Der katholische Offizier mit dem markanten Musketierbart wollte am 5. November 1605 das britische Parlament und den König in die Luft sprengen. Das genügt, um Guy Fawkes zu einem Rollenmodell für all jene zu machen, die mehr oder weniger radikal gegen die Autoritäten kämpfen."
Hier hat der Welt-Autor einiges richtig zu stellen:
"Der echte Fawkes war ein katholischer Fundamentalist, der als Söldner für Spanien kämpfte, das man mit einigem Recht als das totalitäre Reich des Bösen der Barock-Epoche bezeichnen könnte – sein Freiheitsbegriff unterschied sich also fundamental von demjenigen seiner jungen Fans heutzutage."
Nur wenige Jahre, nachdem Guy Fawkes mit seinen explosiven Plänen scheiterte, verließ das spanisch-barocke Reich des Bösen ein junger Maler namens Jusepe Ribera, um sich in Rom und dann in Neapel niederzulassen und dort berühmt zu werden. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG feiert eine Ausstellung des Madrider Prado, die das Frühwerk dieses Malers zeigt.
"Hell, dunkel und dramatisch"
ist Karin Hellwigs Artikel überschrieben. Das lässt sich vom dem hoch gelehrten Artikel selbst indessen nicht sagen, dessen Enthusiasmus für die Madrider Ausstellung sich so anhört:
"Mit der Präsentation von neuen Forschungsergebnissen erweist sich die Ausstellung als anschauliches Lehrstück der Kunsthistoriografie."
Kehren wir zurück nach Berlin, wo im TAGESSPIEGEL Christine Lemke-Matwey sich ebenfalls aufklärerisch betätigt, und zwar anlässlich der Strahlung in Japan und der Angst des "deutschen Michels" vor derselben.
"Der Michel, sofern er als Musiker vorkommt und vom japanischen Publikum in den vergangenen 50 Jahren mächtig profitiert hat, ist sogar so besorgt, dass er vorerst lieber nicht nach Japan reisen möchte."
Die Bayerische Staatsoper, das Orchèstre de Lyon, die Dresdener Philharmonie, überall grassiert die Angst, obwohl sich laut Tagesspiegel und TÜV Rheinland
"selbst in der Präfektur Fukushima (…) so gut wie keine Radioaktivität in der Luft (befindet)."
Dass jetzt "auch in Berlin (…) diskutiert" wird, beim Deutschen Symphonieorchester nämlich, ist für die Musikkritikerin des Tagesspiegel ein Anlass, streng zu werden: Dem einst so profitablen japanischen Musikmarkt gehe es eh schon schlecht.
"Jedes einzelne Konzert, das nicht stattfindet, stellt einen weiteren Dolchstoß dar."
Wir schließen mit einem ebenfalls in Berlin formulierten Satz aus der TAZ, geschrieben von Matthias Lohre, der auch im Kontext nicht viel mehr Sinn ergibt als ohne und den wir deshalb am Ende dieser feiertäglich ausgedünnten Presseschau einfach in seiner ganzen schrägen Schönheit stehen lassen wollen:
"Wie gern lebte ich in einer Welt, in der es als extrem männlich gilt, zu gähnen."
In der BERLINER ZEITUNG hat Aleksandar Zivanovic der Überschrift seines Artikels zufolge an einem
"Karneval der Maden"
teilgenommen und lässt uns an diesem Erlebnis auf das Farbenfrohste teilhaben:
"Einige interessante Weiterbildungsmaßnahmen waren am Dienstag in der Columbiahalle zu sehen,"
lesen wir:
"als zum Beispiel zwei Jungs ihren Kumpel festhielten und ihn nach unten drückten, damit ihm ein weiterer Freund explosionsartigen Wind aus dem Darm ins Gesicht lassen konnte."
Es handelt sich um Fans der amerikanischen Band Slipknot, die sich selbst als "Maden" bezeichnen. Auf dem Konzert der mit Horrormasken vermummten Musiker aus Iowa wähnt sich der Autor
"wie im Zirkus,"
überrascht am Ende aber mit folgendem Fazit:
"Der gesamte Abend erscheint nur streckenweise roh, meist wirkt alles eher poliert und geglättet."
In die Düsternis der Subkultur wagt sich auch die Tageszeitung DIE WELT, die in ihrem Feuilletonaufmacher einer eigentümlichen Vermummungsmode auf den Grund geht:
"Bei den Demonstrationen in Spanien und Griechenland sieht man immer mehr Menschen mitmarschieren, die sich als Guy Fawkes verkleidet haben,"
beobachtet Welt-Autor Matthias Heine. Und wer ist Guy Fawkes?
"Der katholische Offizier mit dem markanten Musketierbart wollte am 5. November 1605 das britische Parlament und den König in die Luft sprengen. Das genügt, um Guy Fawkes zu einem Rollenmodell für all jene zu machen, die mehr oder weniger radikal gegen die Autoritäten kämpfen."
Hier hat der Welt-Autor einiges richtig zu stellen:
"Der echte Fawkes war ein katholischer Fundamentalist, der als Söldner für Spanien kämpfte, das man mit einigem Recht als das totalitäre Reich des Bösen der Barock-Epoche bezeichnen könnte – sein Freiheitsbegriff unterschied sich also fundamental von demjenigen seiner jungen Fans heutzutage."
Nur wenige Jahre, nachdem Guy Fawkes mit seinen explosiven Plänen scheiterte, verließ das spanisch-barocke Reich des Bösen ein junger Maler namens Jusepe Ribera, um sich in Rom und dann in Neapel niederzulassen und dort berühmt zu werden. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG feiert eine Ausstellung des Madrider Prado, die das Frühwerk dieses Malers zeigt.
"Hell, dunkel und dramatisch"
ist Karin Hellwigs Artikel überschrieben. Das lässt sich vom dem hoch gelehrten Artikel selbst indessen nicht sagen, dessen Enthusiasmus für die Madrider Ausstellung sich so anhört:
"Mit der Präsentation von neuen Forschungsergebnissen erweist sich die Ausstellung als anschauliches Lehrstück der Kunsthistoriografie."
Kehren wir zurück nach Berlin, wo im TAGESSPIEGEL Christine Lemke-Matwey sich ebenfalls aufklärerisch betätigt, und zwar anlässlich der Strahlung in Japan und der Angst des "deutschen Michels" vor derselben.
"Der Michel, sofern er als Musiker vorkommt und vom japanischen Publikum in den vergangenen 50 Jahren mächtig profitiert hat, ist sogar so besorgt, dass er vorerst lieber nicht nach Japan reisen möchte."
Die Bayerische Staatsoper, das Orchèstre de Lyon, die Dresdener Philharmonie, überall grassiert die Angst, obwohl sich laut Tagesspiegel und TÜV Rheinland
"selbst in der Präfektur Fukushima (…) so gut wie keine Radioaktivität in der Luft (befindet)."
Dass jetzt "auch in Berlin (…) diskutiert" wird, beim Deutschen Symphonieorchester nämlich, ist für die Musikkritikerin des Tagesspiegel ein Anlass, streng zu werden: Dem einst so profitablen japanischen Musikmarkt gehe es eh schon schlecht.
"Jedes einzelne Konzert, das nicht stattfindet, stellt einen weiteren Dolchstoß dar."
Wir schließen mit einem ebenfalls in Berlin formulierten Satz aus der TAZ, geschrieben von Matthias Lohre, der auch im Kontext nicht viel mehr Sinn ergibt als ohne und den wir deshalb am Ende dieser feiertäglich ausgedünnten Presseschau einfach in seiner ganzen schrägen Schönheit stehen lassen wollen:
"Wie gern lebte ich in einer Welt, in der es als extrem männlich gilt, zu gähnen."