Von Maximilian Steinbeis
Drei Storys dominieren am Ende dieser Woche der postatomaren Fassungslosigkeit die Bemühungen der Kulturredaktionen, mit der Vorstellung einer Kernschmelze in Fukushima fertig zu werden: Die Wisst-ihr-noch-Geschichte. Die Japan-Verstehen-Geschichte. Und schließlich die Das-Unbegreifliche-Begreifen-Geschichte.
Die Wisst-ihr-noch-Geschichte präsentieren, wenngleich in ganz unterschiedlicher Gestalt, die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG und die TAZ ihren Lesern: NZZ-Autor Bernd Flessner lässt die atomare Zuversicht der 50er und 60er Jahre wieder auferstehen und einen gewissen Alvin Weinberg zu Wort kommen,
" Direktor des Oak Ridge National Laboratory, der sich frühzeitig um die Atomenergie Sorgen macht. Er befürchtet nämlich, dass wir schon bald nicht mehr wissen, "was wir mit einem praktisch unbegrenzten Vorrat an Energie anfangen sollen"."
In der TAZ sorgt Susanne Messmer für nostalgischen Schauder:
" "Ein seltsamer Zufall, dass in wenigen Wochen der GAU Tschernobyl 25 Jahre alt wird. Ich war damals vierzehn. (…) Im Deutschunterricht lasen wir Gudrun Pausewang, und zwar gleich beide schrecklichen Bücher, ‚Die letzten Kinder von Schewenborn’ und ‚Die Wolke’: Ich weiß noch heute viele Sätze daraus: "Meine Schwester hatte keine Augen. Dort, wo sie hätten sein müssen, war nichts als Haut, gewöhnliche Haut". "
Die Japan-Verstehen-Geschichte wiederum ist in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN und in der BERLINER ZEITUNG zu finden. In der FAZ beschreibt der Asien-Spezialist Ian Buruma die Lebenseinstellung von
" Menschen, die am Fuß eines Vulkans leben: Die Vorstellung, dass nichts von Bestand ist, prägt die Kultur auf besondere Weise (…). Wir alle sind traurig, wenn etwas Schönes vergeht. Die Japaner machen einen Kult daraus. Eben deswegen spielt die Kirschblüte eine so große Rolle, weil sie nur kurze Zeit dauert. Kaum hat man seine Sake-Schale auf diese rosafarbene Pracht erhoben, ist sie auch schon vorbei. "
In der Berliner Zeitung sucht und findet Christian Schlüter in den japanischen Manga-Comics Gegenindizien gegen das Klischee vom schicksalsergebenen Vulkaninselvolk:
" Im Manga (…) spiegelt sich das Zivilisationsverhängnis (…) die nukleare Postapokalypse als unentrinnbare Lebensform, menschengemacht und doch jedes menschliche Maß übersteigend. "
Zu guter Letzt: die Das-Unbegreifliche-Begreifen-Geschichte. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU grübelt Christian Thomas an dem
" Zufall herum, der jede Katastrophe beherrscht, und erklärt den Prozess zum Ergebnis: Über den Zufall nachzudenken, ihn einzukalkulieren, heißt, unseren Begriff von "Restrisiko" zu durchschauen, angefangen damit, dass er eine Beschönigung ist. Denn der Zufall ist tatsächlich das Hauptrisiko. "
Wiederum in der FAZ beschreibt Frank Schirrmacher "den Moment, in dem man versteht", und der kam Schirrmacher offenbar beim Anschauen eines Beitrags im ZDF-Heute-Journal über die alten Menschen in Japan, die das Land einst aufgebaut hatten und jetzt inmitten der Trümmer verzweifeln –
" der Moment, in dem der Lebenskreis sich schließt und man wieder dort steht, wo man angefangen hat. Der Moment, in dem es politisch und gesellschaftlich zwingend ist zu sagen, dass man einen Fehler gemacht hat, und selbst ein Ende zu setzen, um den verhängnisvollen Kreislauf zu unterbrechen. "
Der Moment, in dem man "zugibt, dass etwas kein Übergang mehr ist. Sondern ein Ende." Der Moment, und das fügen wir jetzt hinzu, in dem vermutlich die Idee für ein neues Buch von Frank Schirrmacher entstanden ist.
Zum Abschluss ein Fund aus der Tageszeitung DIE WELT, aus Elmar Krekelers wunderbar übellaunigem Bericht von der Leipziger Buchmesse, wo einerseits der ewig prophezeite Durchbruch des E-Books immer noch nirgends zu finden ist, andererseits aber der stationäre Buchhandel zu Krekelers Grimm unbelehrbaren Optimismus zur Schau trägt:
" Umschauen werden sie sich noch. Der Umbruch wird kommen, auch wenn man ihn in Leipzig noch suchen muss wie eine Laus im Pelz. Und er wird schrecklich werden. "
Wobei es aber der ironische Apokalyptiker Krekeler nicht bewenden lässt:
" Seien wir (…) froh, dass er noch nicht da ist. Genießen wir die uns bleibende Zeit. Und eine Messe, wo wir noch Bücher sehen, in die Hand nehmen können. Herrlich. "
" Direktor des Oak Ridge National Laboratory, der sich frühzeitig um die Atomenergie Sorgen macht. Er befürchtet nämlich, dass wir schon bald nicht mehr wissen, "was wir mit einem praktisch unbegrenzten Vorrat an Energie anfangen sollen"."
In der TAZ sorgt Susanne Messmer für nostalgischen Schauder:
" "Ein seltsamer Zufall, dass in wenigen Wochen der GAU Tschernobyl 25 Jahre alt wird. Ich war damals vierzehn. (…) Im Deutschunterricht lasen wir Gudrun Pausewang, und zwar gleich beide schrecklichen Bücher, ‚Die letzten Kinder von Schewenborn’ und ‚Die Wolke’: Ich weiß noch heute viele Sätze daraus: "Meine Schwester hatte keine Augen. Dort, wo sie hätten sein müssen, war nichts als Haut, gewöhnliche Haut". "
Die Japan-Verstehen-Geschichte wiederum ist in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN und in der BERLINER ZEITUNG zu finden. In der FAZ beschreibt der Asien-Spezialist Ian Buruma die Lebenseinstellung von
" Menschen, die am Fuß eines Vulkans leben: Die Vorstellung, dass nichts von Bestand ist, prägt die Kultur auf besondere Weise (…). Wir alle sind traurig, wenn etwas Schönes vergeht. Die Japaner machen einen Kult daraus. Eben deswegen spielt die Kirschblüte eine so große Rolle, weil sie nur kurze Zeit dauert. Kaum hat man seine Sake-Schale auf diese rosafarbene Pracht erhoben, ist sie auch schon vorbei. "
In der Berliner Zeitung sucht und findet Christian Schlüter in den japanischen Manga-Comics Gegenindizien gegen das Klischee vom schicksalsergebenen Vulkaninselvolk:
" Im Manga (…) spiegelt sich das Zivilisationsverhängnis (…) die nukleare Postapokalypse als unentrinnbare Lebensform, menschengemacht und doch jedes menschliche Maß übersteigend. "
Zu guter Letzt: die Das-Unbegreifliche-Begreifen-Geschichte. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU grübelt Christian Thomas an dem
" Zufall herum, der jede Katastrophe beherrscht, und erklärt den Prozess zum Ergebnis: Über den Zufall nachzudenken, ihn einzukalkulieren, heißt, unseren Begriff von "Restrisiko" zu durchschauen, angefangen damit, dass er eine Beschönigung ist. Denn der Zufall ist tatsächlich das Hauptrisiko. "
Wiederum in der FAZ beschreibt Frank Schirrmacher "den Moment, in dem man versteht", und der kam Schirrmacher offenbar beim Anschauen eines Beitrags im ZDF-Heute-Journal über die alten Menschen in Japan, die das Land einst aufgebaut hatten und jetzt inmitten der Trümmer verzweifeln –
" der Moment, in dem der Lebenskreis sich schließt und man wieder dort steht, wo man angefangen hat. Der Moment, in dem es politisch und gesellschaftlich zwingend ist zu sagen, dass man einen Fehler gemacht hat, und selbst ein Ende zu setzen, um den verhängnisvollen Kreislauf zu unterbrechen. "
Der Moment, in dem man "zugibt, dass etwas kein Übergang mehr ist. Sondern ein Ende." Der Moment, und das fügen wir jetzt hinzu, in dem vermutlich die Idee für ein neues Buch von Frank Schirrmacher entstanden ist.
Zum Abschluss ein Fund aus der Tageszeitung DIE WELT, aus Elmar Krekelers wunderbar übellaunigem Bericht von der Leipziger Buchmesse, wo einerseits der ewig prophezeite Durchbruch des E-Books immer noch nirgends zu finden ist, andererseits aber der stationäre Buchhandel zu Krekelers Grimm unbelehrbaren Optimismus zur Schau trägt:
" Umschauen werden sie sich noch. Der Umbruch wird kommen, auch wenn man ihn in Leipzig noch suchen muss wie eine Laus im Pelz. Und er wird schrecklich werden. "
Wobei es aber der ironische Apokalyptiker Krekeler nicht bewenden lässt:
" Seien wir (…) froh, dass er noch nicht da ist. Genießen wir die uns bleibende Zeit. Und eine Messe, wo wir noch Bücher sehen, in die Hand nehmen können. Herrlich. "