Von Maximilian Steinbeis
Was die Feuilletons zum dritten TV-Duell in den USA schreiben und wie die Kritiker die Verfilmung von Daniel Kehlmanns "Die Vermessung der Welt" bewerten - unser Blick in die Zeitungen von Mittwoch.
Männer reiferen Alters, die paarweise Anstoß erregen: So kann man das feuilletonistische Leitmotiv des Tages zusammenfassen. Sie heißen Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß, Mitt Romney und Barack Obama, Hans-Martin Schönherr-Mann und Norbert Bolz, und allesamt kommen sie gar nicht gut weg an diesem Feuilletontag. Doch der Reihe nach.
"Zwei Präsidentschaftskandidaten, drei Duelle, 280 Minuten Sendezeit, sechs dunkle Anzüge, drei Moderatoren und gefühlte 365.000 mal das Wort 'Wirtschaft'."
Diesen Stoßseufzer schickt in der TAZ Rieke Havertz zum Himmel. Nach dem dritten Aufeinandertreffen Romneys und Obamas hat die Autorin indessen immer noch nicht genug, sondern stellt Fragen, 30 an der Zahl, wie sie einem durch den Kopf schwappen, wenn man zu lange ferngesehen hat, etwa: "Warum halten Sie bei den Debatten Ihre Köpfe so schräg?"
In der WELT meinte Mara Delius in der TV-Debatte etwas Ungewöhnliches beobachtet zu haben, nämlich Aggressivität. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG bündelt Patrick Bahners seine Abneigung vor allem auf Amtsinhaber Obama: Der "wirkte kleinlich, selbstgerecht und scheint es für eine Kränkung zu halten, dass von ihm nach vier Jahren Rechenschaft gefordert wird."
Romney dagegen habe zwar wieder "das Vibrato des Verkäufers oder Predigers zum Einsatz" gebracht, mit seiner Kritik am Drohnenkrieg aber immerhin "den moralischen Ehrgeiz der Amerikaner angesprochen"."
Humboldt und Gauß sind die Helden des Romans "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann, dessen Verfilmung von Detlev Buck jetzt in die Kinos kommt. Andreas Kilb misst in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG den Film am Buch und konstatiert: ""Einen literarischen Bestseller in Kinobilder zu bringen" sehe leicht aus, sei aber schwerer, als man denkt. Was im Roman "ein himmlisches Gespräch" war, "ein Wechselgesang der Geister", ein "Missverstehen in höchsten Tönen", sehe im Film so aus: "Zwei Kostümgreise schlurfen durch die Untiefe des Raums. Statt eines Showdowns serviert der Film einen toten Hund."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG regt sich Jan Füchtjohann darüber auf, dass der Film Humboldt und Gauß "hauptsächlich als Trottel" vorführe: "Humboldt als humorloser Klemmi, der die Welt immer nur durch ein Geodreieck betrachtet und dabei das Wichtigste übersieht. Und der alte Gauß als arroganter Choleriker, der ständig einschläft."
Nur in der FRANKFURTER RUNDSCHAU findet der Film Gnade: Dort preist Harald Jähner den Witz, dass "beide Wissenschaftler so verschrobene, einmalige Käuze sind, dass sie sich zu Idealtypen gar nicht eignen. Sie laufen ständig der ihnen von der Grundkonstruktion zugedachten Beispielhaftigkeit davon kraft ihres Eigensinns. Ein herrliches Schauspiel, man kann der Komödie im Kampf mit dem Klischee zusehen."
Hans-Martin Schönherr-Mann und Norbert Bolz sind beide bekannte Philosophen, haben beide jüngst Bücher veröffentlicht und teilen obendrein das Unglück, es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU mit Dirk Pilz zu tun zu bekommen. Der wirft Schönherr-Manns Buch "Pragmatismus als Lebenskunst" den Vorwurf des "Meinungschauvinismus" und Bolz' Sammelband "Wer hat Angst vor der Philosophie?" gar den "stammtischhafter Pauschalpöbelei" an den Kopf. Schönherr-Mann, so erfährt man, wolle uns "für doof verkaufen", und Norbert Bolz treibe es "noch ärger".
Gottseidank, und das gibt uns Gelegenheit zu einem versöhnlichen Schluss dieser Presseschau, gibt es aber diesmal noch einen Dritten, Herbert Schnädelbach nämlich, dessen Buch über die Frage, was Philosophen wissen und was man von ihnen lernen kann, der FR-Rezensent Größe attestiert. Schnädelbachs These, es gebe so etwas wie "einen wenig umstrittenen Kernbestand philosophischen Wissens", stehe in wohltuendem Gegensatz zur sonstigen Philosophie der Gegenwart, die entweder zur "akademischen Spezialdisziplin mit der ihr eigenen Neigung zum Fachidiotentum" oder, noch schlimmer, zur "Lebensberatung für Fortgeschrittene" verkommen sei. Es gibt, so schließt der FR-Rezensent, "auch Philosophen, die etwas zu sagen haben. Herbert Schnädelbach zum Beispiel."
"Zwei Präsidentschaftskandidaten, drei Duelle, 280 Minuten Sendezeit, sechs dunkle Anzüge, drei Moderatoren und gefühlte 365.000 mal das Wort 'Wirtschaft'."
Diesen Stoßseufzer schickt in der TAZ Rieke Havertz zum Himmel. Nach dem dritten Aufeinandertreffen Romneys und Obamas hat die Autorin indessen immer noch nicht genug, sondern stellt Fragen, 30 an der Zahl, wie sie einem durch den Kopf schwappen, wenn man zu lange ferngesehen hat, etwa: "Warum halten Sie bei den Debatten Ihre Köpfe so schräg?"
In der WELT meinte Mara Delius in der TV-Debatte etwas Ungewöhnliches beobachtet zu haben, nämlich Aggressivität. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG bündelt Patrick Bahners seine Abneigung vor allem auf Amtsinhaber Obama: Der "wirkte kleinlich, selbstgerecht und scheint es für eine Kränkung zu halten, dass von ihm nach vier Jahren Rechenschaft gefordert wird."
Romney dagegen habe zwar wieder "das Vibrato des Verkäufers oder Predigers zum Einsatz" gebracht, mit seiner Kritik am Drohnenkrieg aber immerhin "den moralischen Ehrgeiz der Amerikaner angesprochen"."
Humboldt und Gauß sind die Helden des Romans "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann, dessen Verfilmung von Detlev Buck jetzt in die Kinos kommt. Andreas Kilb misst in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG den Film am Buch und konstatiert: ""Einen literarischen Bestseller in Kinobilder zu bringen" sehe leicht aus, sei aber schwerer, als man denkt. Was im Roman "ein himmlisches Gespräch" war, "ein Wechselgesang der Geister", ein "Missverstehen in höchsten Tönen", sehe im Film so aus: "Zwei Kostümgreise schlurfen durch die Untiefe des Raums. Statt eines Showdowns serviert der Film einen toten Hund."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG regt sich Jan Füchtjohann darüber auf, dass der Film Humboldt und Gauß "hauptsächlich als Trottel" vorführe: "Humboldt als humorloser Klemmi, der die Welt immer nur durch ein Geodreieck betrachtet und dabei das Wichtigste übersieht. Und der alte Gauß als arroganter Choleriker, der ständig einschläft."
Nur in der FRANKFURTER RUNDSCHAU findet der Film Gnade: Dort preist Harald Jähner den Witz, dass "beide Wissenschaftler so verschrobene, einmalige Käuze sind, dass sie sich zu Idealtypen gar nicht eignen. Sie laufen ständig der ihnen von der Grundkonstruktion zugedachten Beispielhaftigkeit davon kraft ihres Eigensinns. Ein herrliches Schauspiel, man kann der Komödie im Kampf mit dem Klischee zusehen."
Hans-Martin Schönherr-Mann und Norbert Bolz sind beide bekannte Philosophen, haben beide jüngst Bücher veröffentlicht und teilen obendrein das Unglück, es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU mit Dirk Pilz zu tun zu bekommen. Der wirft Schönherr-Manns Buch "Pragmatismus als Lebenskunst" den Vorwurf des "Meinungschauvinismus" und Bolz' Sammelband "Wer hat Angst vor der Philosophie?" gar den "stammtischhafter Pauschalpöbelei" an den Kopf. Schönherr-Mann, so erfährt man, wolle uns "für doof verkaufen", und Norbert Bolz treibe es "noch ärger".
Gottseidank, und das gibt uns Gelegenheit zu einem versöhnlichen Schluss dieser Presseschau, gibt es aber diesmal noch einen Dritten, Herbert Schnädelbach nämlich, dessen Buch über die Frage, was Philosophen wissen und was man von ihnen lernen kann, der FR-Rezensent Größe attestiert. Schnädelbachs These, es gebe so etwas wie "einen wenig umstrittenen Kernbestand philosophischen Wissens", stehe in wohltuendem Gegensatz zur sonstigen Philosophie der Gegenwart, die entweder zur "akademischen Spezialdisziplin mit der ihr eigenen Neigung zum Fachidiotentum" oder, noch schlimmer, zur "Lebensberatung für Fortgeschrittene" verkommen sei. Es gibt, so schließt der FR-Rezensent, "auch Philosophen, die etwas zu sagen haben. Herbert Schnädelbach zum Beispiel."