Von Maximilian Steinbeis
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit Joanne K. Rowling, der Schöpferin der Harry-Potter-Saga, mit dem Schriftsteller Karl-Heinz Bohrer und mit den Memoiren von Edmund Stoiber.
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit Joanne K. Rowling, der Schöpferin der Harry-Potter-Saga, mit dem Schriftsteller Karl-Heinz Bohrer und mit den Memoiren von Edmund Stoiber.
Was will uns dieses Zeitungslayout sagen? Rund wie ein Medaillon durchschneidet das Foto in kühler Symmetrie das Spaltenraster der Zeitungsseite. Blond, dünn und goldgeschmückt stützt die abgebildete Dame ihr Kinn fast gewichtlos auf die schmalen Fingerrücken. Ihr Blick trifft den Betrachter aus seitlich abgewandtem Gesicht. Auf einem gepolsterten Ohrensessel sitzt sie, sehr gerade, ohne sich anzulehnen. So bildet man eine königliche Hoheit ab. Unter eingefleischten Royalisten jedenfalls.
Es geht um Joanne K. Rowling, die Schöpferin der 450-millionenfach verkauften Harry-Potter-Saga. WELT-Autor Thomas Kielinger hat offenbar bei Hofe Zutritt erhalten und gehörte nach eigenem Bekunden zu den wenigen, die nach schriftlicher Vereinbarung mit dem Verlag vorab ihren neuen Roman "Ein plötzlicher Todesfall" durchblättern durften. "Sich diesem Roman zu nähern heißt zum Detektiv werden zu müssen," schreibt er erschöpft und setzt anschließend formvollendet zum Hofknicks an: "Ein Roman wie in der Nachfolge von Jane Austen, oder auch Charles Dickens, ironisch, aber anklägerisch, mit Humor durchsetzt, der doch immer weiter auf eine Thomas Hardy’sche Dunkelheit zuläuft." Eins sollte noch erwähnt werden: Es geht in dem Buch um das Elend des abgehängten britischen Subproletariats.
Nicht royalistisch, wohl aber aristokratisch fühlt das Feuilleton anlässlich des 80. Geburtstags eines der Großen ihrer Zunft, Karl-Heinz Bohrers nämlich. "Wider die Einspießerung des Intellektuellen" überschreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG die Laudatio von Jürgen Kaube auf ihren langjährigen Mitarbeiter, und was mit dieser hübschen Wortschöpfung gemeint ist, erklärt sie so: "Als Bohrer in beispiellos engagierten Kommentaren die Figur des modernen Schriftstellers umriss, des Fechters mit seinen Passionen, dem etwas Unabsehbares gelingt, weil er nichts beitragen möchte - Kleist, E.T.A. Hoffmann, Baudelaire –, da ereilte diese Figur gerade das Schicksal ihrer Einspießerung in den Seminarbetrieb. Eine Zeit der ästhetischen Spannungen, in der an Kunst etwas ausgetragen wurde, was nicht nur Kunst betraf, ging zu Ende."
Ein Intellektueller: dieser Kennzeichnung bedienen sich auch Thomas Steinfeld in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und Dirk Pilz in der FRANKFURTER RUNDSCHAU ebenfalls, der den Jubilar obendrein als hervorragenden Sätzezusammenschrauber und Geistesritter von der trotzigen Gestalt beschreibt. WELT-Herausgeber Thomas Schmid nimmt den Geburtstag des Vollzeit-Ästheten Bohrer zum Anlass, der ästhetischen Unbedarftheit der Bundesdeutschen und ihrer Republik hinterherzusinnen: "Karl Heinz Bohrer trauert darüber, dass den Deutschen mit ihrem Reich zugleich das Gefühl für Formen verloren gegangen ist: Reihenhäuser statt Staatsästhetik." Wenn den Jubilar dies freut, dann wird er sich hoffentlich auch nicht allzu arg daran stören, dass der Welt-Autor sein autobiographisches Buch "Granatsplitter" entlarvenderweise als "Gratsplitter" fehlbetitelt.
Zuletzt müssen wir noch auf einen weiteren Buchautor zu sprechen kommen, der zwar einst ein bisweilen immer noch royalistisch fühlendes Land regierte und auch sonst mit Würden sonder Zahl behängt war und ist, den man sich aber trotzdem kaum erzbürgerlicher vorstellen könnte: Edmund Stoiber hat in Berlin seine Memoiren vorgestellt, und TAZ und FAZ waren dabei. "Die erste Überraschung des 319 Seiten schlanken Politikerbuchs: Es ist lesbar," höhnt TAZ-Autor Matthias Lohre, zumal Stoiber im mündlichem Vortrag wohl wieder recht ins Stammeln kam. "Auch in der Fragerunde redet und redet der Detailmensch Stoiber und merkt nicht, dass ihm sein Mikro immer weiter nach unten gleitet, man ihn kaum noch versteht." Auch Marcus Jauer schüttelt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG den Feuilletonistenkopf: "Einen Mann" sah er dort stehen, "der kein Gefühl dafür entwickelt hat, dass hinter jeder Rede eine Erzählung liegt, die von anderen gelesen wird." Dabei war auch Kanzlerin Angela Merkel, und mit einem ihrer in der TAZ zitierten Sätze wollen wir schließen: "Eine gut geführte Akte ist ein Wert an sich."
Was will uns dieses Zeitungslayout sagen? Rund wie ein Medaillon durchschneidet das Foto in kühler Symmetrie das Spaltenraster der Zeitungsseite. Blond, dünn und goldgeschmückt stützt die abgebildete Dame ihr Kinn fast gewichtlos auf die schmalen Fingerrücken. Ihr Blick trifft den Betrachter aus seitlich abgewandtem Gesicht. Auf einem gepolsterten Ohrensessel sitzt sie, sehr gerade, ohne sich anzulehnen. So bildet man eine königliche Hoheit ab. Unter eingefleischten Royalisten jedenfalls.
Es geht um Joanne K. Rowling, die Schöpferin der 450-millionenfach verkauften Harry-Potter-Saga. WELT-Autor Thomas Kielinger hat offenbar bei Hofe Zutritt erhalten und gehörte nach eigenem Bekunden zu den wenigen, die nach schriftlicher Vereinbarung mit dem Verlag vorab ihren neuen Roman "Ein plötzlicher Todesfall" durchblättern durften. "Sich diesem Roman zu nähern heißt zum Detektiv werden zu müssen," schreibt er erschöpft und setzt anschließend formvollendet zum Hofknicks an: "Ein Roman wie in der Nachfolge von Jane Austen, oder auch Charles Dickens, ironisch, aber anklägerisch, mit Humor durchsetzt, der doch immer weiter auf eine Thomas Hardy’sche Dunkelheit zuläuft." Eins sollte noch erwähnt werden: Es geht in dem Buch um das Elend des abgehängten britischen Subproletariats.
Nicht royalistisch, wohl aber aristokratisch fühlt das Feuilleton anlässlich des 80. Geburtstags eines der Großen ihrer Zunft, Karl-Heinz Bohrers nämlich. "Wider die Einspießerung des Intellektuellen" überschreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG die Laudatio von Jürgen Kaube auf ihren langjährigen Mitarbeiter, und was mit dieser hübschen Wortschöpfung gemeint ist, erklärt sie so: "Als Bohrer in beispiellos engagierten Kommentaren die Figur des modernen Schriftstellers umriss, des Fechters mit seinen Passionen, dem etwas Unabsehbares gelingt, weil er nichts beitragen möchte - Kleist, E.T.A. Hoffmann, Baudelaire –, da ereilte diese Figur gerade das Schicksal ihrer Einspießerung in den Seminarbetrieb. Eine Zeit der ästhetischen Spannungen, in der an Kunst etwas ausgetragen wurde, was nicht nur Kunst betraf, ging zu Ende."
Ein Intellektueller: dieser Kennzeichnung bedienen sich auch Thomas Steinfeld in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und Dirk Pilz in der FRANKFURTER RUNDSCHAU ebenfalls, der den Jubilar obendrein als hervorragenden Sätzezusammenschrauber und Geistesritter von der trotzigen Gestalt beschreibt. WELT-Herausgeber Thomas Schmid nimmt den Geburtstag des Vollzeit-Ästheten Bohrer zum Anlass, der ästhetischen Unbedarftheit der Bundesdeutschen und ihrer Republik hinterherzusinnen: "Karl Heinz Bohrer trauert darüber, dass den Deutschen mit ihrem Reich zugleich das Gefühl für Formen verloren gegangen ist: Reihenhäuser statt Staatsästhetik." Wenn den Jubilar dies freut, dann wird er sich hoffentlich auch nicht allzu arg daran stören, dass der Welt-Autor sein autobiographisches Buch "Granatsplitter" entlarvenderweise als "Gratsplitter" fehlbetitelt.
Zuletzt müssen wir noch auf einen weiteren Buchautor zu sprechen kommen, der zwar einst ein bisweilen immer noch royalistisch fühlendes Land regierte und auch sonst mit Würden sonder Zahl behängt war und ist, den man sich aber trotzdem kaum erzbürgerlicher vorstellen könnte: Edmund Stoiber hat in Berlin seine Memoiren vorgestellt, und TAZ und FAZ waren dabei. "Die erste Überraschung des 319 Seiten schlanken Politikerbuchs: Es ist lesbar," höhnt TAZ-Autor Matthias Lohre, zumal Stoiber im mündlichem Vortrag wohl wieder recht ins Stammeln kam. "Auch in der Fragerunde redet und redet der Detailmensch Stoiber und merkt nicht, dass ihm sein Mikro immer weiter nach unten gleitet, man ihn kaum noch versteht." Auch Marcus Jauer schüttelt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG den Feuilletonistenkopf: "Einen Mann" sah er dort stehen, "der kein Gefühl dafür entwickelt hat, dass hinter jeder Rede eine Erzählung liegt, die von anderen gelesen wird." Dabei war auch Kanzlerin Angela Merkel, und mit einem ihrer in der TAZ zitierten Sätze wollen wir schließen: "Eine gut geführte Akte ist ein Wert an sich."