Von Maximilian Steinbeis
Wortgewaltig bespricht Dietmar Dath den Film "The Avengers" in der "FAZ". Um die Frage der Abbildung von Gegenwart ging es bei einer Tagung von Schriftstellern im Literarischen Colloquium Berlin, der sich "NZZ" und "SZ" widmen. Die "Zeit" druckt eine Abrechnung des Regisseurs Dominik Graf mit dem deutschen Kino.
Was das Superheldenkino feuilletonistisch anzurichten im Stande ist, kann man an diesem Tag in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG erleben. Dort hat Dietmar Dath sich von dem US-Blockbuster "The Avengers" zu einem Text inspirieren lassen, der keinen Vergleich zu jeder noch so wüsten Hollywood-3D-Wunderwaffen-Weltenrettungsorgie zu scheuen braucht. Der FAZ-Autor schmeißt mit Metaphern wie der unglaubliche Hulk mit Betonbrocken: Da "grinst" der Schurke Loki "irr wie ein Brandstifterstreichholz", der Iron Man wird als "fürs militärische Ingenieurswesen das, was Andy Warhol für den Siebdrucksachenhandel war", charakterisiert, und sein Superheldenkollege Thor sieht aus "wie der uneheliche Sohn von Hägar und Heidi Klum".
"The Avengers" unterscheidet sich von anderen Superheldenepen dadurch, dass gleich sechs von ihnen aufmarschieren, eine "schiefe Truppe", die Regisseur Joss Weldon laut Dietmar Dath "mit Bravour und sicherem Blick für die Chancen und Gefahren der Transposition bunter Heftchenästhetik in Filmsequenzen entschlossen durch den Rüttelwürger" schickt. Kein Zweifel, Dietmar Dath, the Feuilleton Man, ist der Siebte unter ihnen. Vor allem im Vergleich zum braven Fritz Göttler, der in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wackeres Rezensentenhandwerk auf Normalmenschenniveau abliefert: Durch das Zusammengespanntsein im Sechserteam, so der SZ-Kritiker, werde der "Infantilismus" der Helden "sichtbar, sie werden ihrer Absonderlichkeit bewusst – dass sie nie zu der Welt gehören werden, die sie retten müssen".
Um Helden und ihr Verhältnis zur Welt ging es in gewisser Weise auch bei einer Tagung im Literarischen Colloquium Berlin, wo sich 20 Schriftsteller und eine Handvoll Kritiker zusammengesetzt haben, um die "Gegenwärtigkeit" der Gegenwartsliteratur zu diskutieren.
"So wie man in Deutschland auf den 'Wenderoman' gewartet hat, hoffen wir nun auf den Roman, der uns einen Reim auf die Finanzkrise macht", schreibt Sieglinde Geisel in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
"Meistens allerdings warten wir vergeblich auf die Bücher, die uns die Gegenwart erklären, die uns entgleitet, denn 'die Literatur' gibt es nicht. Es gibt nur die Autorinnen und Autoren, die sie schreiben, und diese nehmen keine Bestellungen entgegen."
Ähnlich desillusioniert gibt sich Annett Scheffel in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Fast hatte man den Eindruck, manche Autoren ließen die Gegenwart am liebsten kampflos davonrauschen."
Und Wolfgang Schneider in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG will von mehr Gegenwart in der Literatur sowieso nichts hören: Inzwischen klinge
"ja auch der Ruf nach 'mehr Finanzkrise' in der Literatur schon wieder klischeehaft. ( ... ) Literatur ist schließlich auch eine Möglichkeit, dem Hamsterrad des Jetzt und den Zumutungen der Gegenwart zu entkommen."
Unsere Empfehlung an den gegenwartsmüden FAZ-Autor wäre, sich in die aktuelle Frage zu vertiefen, ob in der katholischen Liturgie künftig beim Abendmahl Jesu Blut nicht als "für alle" vergossen bezeichnet werden muss, sondern nur noch "für viele". So will das der Papst, und warum das wichtig ist und was dafür und dagegen spricht, schildern Paul Badde in der WELT und noch ausführlicher Matthias Drobinski und Burkhard Müller in zwei gesonderten Artikeln in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Jetzt wollen wir zum Schluss aber beherzt zum Kino zurückkehren, denn die ZEIT druckt eine Abrechnung des Regisseurs Dominik Graf mit dem "deutschen Qualitätskino", an der Dietmar Dath und seine sechs Superhelden ihre helle Freude haben dürften, und so mancher der 20 Schriftsteller aus dem Literarischen Colloquium obendrein.
"Der deutsche Film wirkt trotz seines stetig zunehmenden formalen Könnens in der überwiegenden Masse wie eine Palette von Besinnungsaufsätzen", "
schimpft Graf. Einen dramatischen Verlust an Trivialität beklagt der Regisseur.
" "Die selbst gewählte Seriosität des deutschen Gegenwartskinos widerspricht der Sehnsucht nach Spektakel, nach brüllendem Gelächter, nach Jahrmarkts-Schock – alles Grundwesenszüge des Kinos. Negiert wird der böse, kreischende Anteil filmischen Erzählens, jener kreativ explosive Todestrieb, der stets auch zu herrlich 'schlechten' Filmen führte."
Ein deutscher Superheldenfilm. Das wär's!
"The Avengers" unterscheidet sich von anderen Superheldenepen dadurch, dass gleich sechs von ihnen aufmarschieren, eine "schiefe Truppe", die Regisseur Joss Weldon laut Dietmar Dath "mit Bravour und sicherem Blick für die Chancen und Gefahren der Transposition bunter Heftchenästhetik in Filmsequenzen entschlossen durch den Rüttelwürger" schickt. Kein Zweifel, Dietmar Dath, the Feuilleton Man, ist der Siebte unter ihnen. Vor allem im Vergleich zum braven Fritz Göttler, der in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wackeres Rezensentenhandwerk auf Normalmenschenniveau abliefert: Durch das Zusammengespanntsein im Sechserteam, so der SZ-Kritiker, werde der "Infantilismus" der Helden "sichtbar, sie werden ihrer Absonderlichkeit bewusst – dass sie nie zu der Welt gehören werden, die sie retten müssen".
Um Helden und ihr Verhältnis zur Welt ging es in gewisser Weise auch bei einer Tagung im Literarischen Colloquium Berlin, wo sich 20 Schriftsteller und eine Handvoll Kritiker zusammengesetzt haben, um die "Gegenwärtigkeit" der Gegenwartsliteratur zu diskutieren.
"So wie man in Deutschland auf den 'Wenderoman' gewartet hat, hoffen wir nun auf den Roman, der uns einen Reim auf die Finanzkrise macht", schreibt Sieglinde Geisel in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
"Meistens allerdings warten wir vergeblich auf die Bücher, die uns die Gegenwart erklären, die uns entgleitet, denn 'die Literatur' gibt es nicht. Es gibt nur die Autorinnen und Autoren, die sie schreiben, und diese nehmen keine Bestellungen entgegen."
Ähnlich desillusioniert gibt sich Annett Scheffel in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Fast hatte man den Eindruck, manche Autoren ließen die Gegenwart am liebsten kampflos davonrauschen."
Und Wolfgang Schneider in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG will von mehr Gegenwart in der Literatur sowieso nichts hören: Inzwischen klinge
"ja auch der Ruf nach 'mehr Finanzkrise' in der Literatur schon wieder klischeehaft. ( ... ) Literatur ist schließlich auch eine Möglichkeit, dem Hamsterrad des Jetzt und den Zumutungen der Gegenwart zu entkommen."
Unsere Empfehlung an den gegenwartsmüden FAZ-Autor wäre, sich in die aktuelle Frage zu vertiefen, ob in der katholischen Liturgie künftig beim Abendmahl Jesu Blut nicht als "für alle" vergossen bezeichnet werden muss, sondern nur noch "für viele". So will das der Papst, und warum das wichtig ist und was dafür und dagegen spricht, schildern Paul Badde in der WELT und noch ausführlicher Matthias Drobinski und Burkhard Müller in zwei gesonderten Artikeln in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Jetzt wollen wir zum Schluss aber beherzt zum Kino zurückkehren, denn die ZEIT druckt eine Abrechnung des Regisseurs Dominik Graf mit dem "deutschen Qualitätskino", an der Dietmar Dath und seine sechs Superhelden ihre helle Freude haben dürften, und so mancher der 20 Schriftsteller aus dem Literarischen Colloquium obendrein.
"Der deutsche Film wirkt trotz seines stetig zunehmenden formalen Könnens in der überwiegenden Masse wie eine Palette von Besinnungsaufsätzen", "
schimpft Graf. Einen dramatischen Verlust an Trivialität beklagt der Regisseur.
" "Die selbst gewählte Seriosität des deutschen Gegenwartskinos widerspricht der Sehnsucht nach Spektakel, nach brüllendem Gelächter, nach Jahrmarkts-Schock – alles Grundwesenszüge des Kinos. Negiert wird der böse, kreischende Anteil filmischen Erzählens, jener kreativ explosive Todestrieb, der stets auch zu herrlich 'schlechten' Filmen führte."
Ein deutscher Superheldenfilm. Das wär's!