Von Maximilian Steinbeis

Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi spricht im "Spiegel" über seine Aufnahmeprüfung an der Kunstschule, die "Welt" freut sich über eine Ausstellung aus den Geheimarchiven des Vatikans und die "taz" polemisiert gegen Brustoperationen von Frauen.
Den echten Fälscher. Die Wahrheit über die Lüge.

"Es gibt eine Menge Leute, die gern in den Kopf Beltracchis gucken würden",

schreibt der SPIEGEL mit kaum verhohlenem Stolz, denn tatsächlich hat Wolfgang Beltracchi, der Urheber des "größten Kunstfälscherskandals der Nachkriegszeit", dem SPIEGEL in einem ausführlichen Interview gleichsam einen Einblick in seinen romantisch blondumwallten Kopf gewährt. Und was gibt es dort zu besichtigen? Die ganze unwiderstehliche Geschichte vom superbegabten Spaßvogel, der besser Max-Ernst-Bilder malen kann als Max Ernst selber und dabei auch noch super Sex und einen Wahnsinnsspaß hat die ganze Zeit. Die SPIEGEL-Interviewer sind von alldem genauso hingerissen wie der Leser, so etwa von Beltracchis Geschichte, wie das war damals 1969 bei seiner Aufnahmeprüfung in die Werkkunstschule in Aachen:

"Einer der Dozenten sagte, die eingereichten Arbeiten seien nicht von mir – die seien viel zu gut. Mein Kunstlehrer musste die Echtheit bestätigen."

Ob diese Geschichte nun echt ist oder falsch – es muss echt Spaß gemacht haben, sie dem Spiegel zu erzählen und dann dort gedruckt zu sehen.

Wer von solchen flimmernden Unernsthaftigkeiten genug hat, für den gibt es keinen besseren Ort als die Kapitolinischen Museen in Rom, woselbst derzeit "nie gesehene Schätze aus dem Geheimarchiv des Vatikans" gezeigt werden.

"Es sind allesamt Ikonen der Weltgeschichte, unersetzbare Schätze, gehoben aus einer der größten Schatzkammern der Erde",

begeistert sich Paul Badde in der WELT. Die Bannbulle gegen Martin Luther ist dabei, das Wormser Konkordat, das Todesurteil gegen Giordano Bruno, doch ach: auch die Konstantinische Schenkung ist unter den Exponaten,

"die berühmteste Lüge der Welt: eine im Mittelalter entstandene gefälschte Urkunde, die (…) behauptet, Konstantin habe dem Papst die Hälfte des Römischen Weltreichs geschenkt. Eine so absurde Erfindung, dass sie schon im Mittelalter kaum einer geglaubt hat – was die Päpste nicht daran hinderte, sich jahrhundertelang auf dieses vermeintliche Rechtsdokument zu beziehen."

Über eine Täuschung, nein: eine Blendung berichtet auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.

"Asma al-Assad hat uns geblendet", wird dort die Frau des syrischen Diktators Baschar al-Assad in der Überschrift angeklagt.

"Das braune Haar trägt sie zum lockeren Bob geschnitten, die rehhaften Augen blicken neugierig in die Welt", schreibt Melanie Mühl.

"Ihre Stimme klingt so verständnisvoll, als sei in ihrem Herzen für jeden Menschen Platz."

Jetzt, so die FAZ-Autorin, habe "Empathie als Strategie offenbar ausgedient. Nun verschanzt sich Asma al-Assad hinter den Palastmauern, an denen jeder moralische Appell abprallt."

Wobei die Fälschung auch immer im Auge des Betrachters stattfinde: "Asma al-Assad hat unser Bedürfnis nach einer "Diana des Nahen Ostens" perfekt bedient. Unser Bild von ihr war auch eines, nach dem wir uns sehnten."

Die gleiche Beobachtung in der Formulierung des spaßbegabten Ehepaars Beltracchi: "Wenn jemand vermutet, dass bei ihm zu Hause ein Beltracchi hängt, dann soll er sich melden. (…) Und er bekommt eine ehrliche Antwort."

Von schönen Frauen und ihrer Echt- oder Falschheit ist zu guter Letzt auch in der TAZ die Rede: Unter der unsensiblen Überschrift "Stützen, quetschen, pressen, polstern" polemisiert Stefan Mahlke gegen die "Psychopathologisierung der Frauen, die sich die Brüste aufbessern lassen." Die "permanent entwickelte Brust" sei ein "Alleinstellungsmerkmal" der Menschenfrauen, erklärbar durch den aufrechten Gang:

"Äffinnen signalisieren mit angeschwollenen Pobacken und Schamlippen Lust und Kopulationsbereitschaft. Beim Übergang zur aufrechten Face-to-Face-Kommunikation hat es eine Duplizierung der hinten befindlichen Blickfänger gegeben."

Das ist nur eine von mehreren Theorien, die der TAZ-Autor präsentiert, die alle auf die gleiche Pointe hinauslaufen: "Unser Begriff vom schönen Körper" sei eine "Erbschaft unserer biologischen Evolution", und jede "Arbeit am Körper" wie "Sport treiben, gesund ernähren, rasieren und epilieren" sei "als Versuch zu sehen, nicht zu stark von diesem Ideal abzuweichen. Sich die Brüste neu machen zu lassen ist prinzipiell nichts anderes." Denn, so schließen wir mit einem Satz, den sicher auch Wolfgang Beltracchi unterschreiben könnte: "Wir sind auf Schönheit geeicht."