Von Maximilian Steinbeis
Die Feuilletons des Wochenendes sind voll, voller Fragezeichen. Die "SZ" sucht nach Antworten über Unklarheiten zum Stil, die "Literarische Welt" rätselt im Interview mit Marisha Pessl über mögliche Anleihen bei Kollegen und die "FAZ" gibt Juli Zeh viel Raum für die Formulierung ihrer Digitaldaten-Fehlstellen.
Wie sieht ein "Bruce-Willis-Gedächtnis-Tanktop" aus? Was macht "der Pfalz-Beauftragte der bayerischen Staatsregierung" den ganzen Tag? Und "warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?" Das sind drei Fragen, die allein die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG an diesem an Fragen nicht armen Feuilletontag aufwirft. Doch eins nach dem anderen.
Zunächst finden wir auch in der LITERARISCHEN WELT ein raffiniertes kleines Fragezeichen, nämlich hinter dem Satz:
"Oder ist das nur eine Sinnestäuschung?"
Jenny Hoch hat nämlich in New York die Schriftstellerin Marisha Pessl getroffen und schildert sie nicht nur als hochglanzlackiertes Upper-East-Side-Püppchen, sondern hat sie obendrein im Verdacht, sich für ihren neuen Roman bei einem älteren Vorbild allzu großzügig bedient zu haben.
"Gosh, nein", entgegnet die Schriftstellerin auf diesen Vorhalt entsetzt und "reißt ihre Augen noch ein Stückchen weiter auf." Doch dann, so scheint es, "wechselt ihre Gesichtsfarbe von Make-up-matt zu rot." Oder ist es nur eine Sinnestäuschung? Wir werden es nie erfahren.
Kein Fragezeichen, sondern ein sehr energisches Ausrufezeichen präsentiert uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
"Mein digitaler Zwilling gehört mir," steht über einem zornesroten Text von Juli Zeh, und sein erster Satz lautet:
"Das ist doch verkehrte Welt."
Die NSA-Affäre ist es, die den Zorn der Schriftstellerin erregt, genauer deren völlige Resonanzlosigkeit im aktuellen Wahlkampf, "in dem wir uns zwischen fünf verschiedenen Sorten Mindestlohn entscheiden dürfen."
Woher kommt diese Lethargie?
"Wenn die Menschen wenigstens sagen würden: Wir wollen das so," seufzt Juli Zeh.
"Aber niemand spricht sich deutlich für Überwachung aus. Genauso wenig wie dagegen. Es herrscht – ja was? Ein unklares Gefühl der Überforderung, genährt von der Angst, die technischen Aspekte nicht ausreichend zu verstehen. "" Dabei sei es ""ein Missverständnis zu glauben, die Verteidigung der Grundrechte verlange ein abgeschlossenes Informatikstudium. Man muss Kernspaltung nicht begreifen, um gegen Atomkraft zu sein."
Was, so fragt die Autorin zuletzt, "muss noch passieren, damit sich Unbehagen in Protest umsetzt?" Da ist es wieder, das Fragezeichen.
"Was ist mit dem Sonntag geschehen?"
Dies frägt sich und uns in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG der serbische Schriftsteller David Albahari.
"Der Sonntag war ein langsamer Tag. Ein Tag der Erholung. Ein Tag, an dem um die Mittagszeit in der ganzen Stadt die Suppenlöffel einträchtig klimperten, an dem die Strassen verödet waren und die öffentlichen Verkehrsmittel leer fuhren."
Und heute? Fort ist er, der Sonntag, so klagt der nostalgische Serbe.
"Er hatte sich beleidigt irgendwohin zurückgezogen, irgendwo versteckt, wo man immer noch die einfache Regel beachtet: Sechs Tage sollst du arbeiten und am siebten ruhen, Bücher lesen, Gedichte schreiben, Ausflüge ins Grüne machen, anders sein, als du es sechs Tage lang warst. Sei an dem Tag anders, damit du an den übrigen Tagen immer der Gleiche sein kannst."
Einen solchen Sonntag, und damit kommen wir auf die eingangs erwähnte SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zurück, bräuchte man wohl, um die ebenfalls schon erwähnte Superfrage dieses Feuilletontages und überhaupt des ganzen Lebens auch nur zu verstehen, geschweige denn zu beantworten:
"Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?"
Mit ihr ist ein Aufsatzsammelband betitelt, den SZ-Rezensent Burkhard Müller wohl sicher zu Recht dem "Typ von Leser" zur Lektüre anempfiehlt, "den Schiller als 'philosophischen Kopf' bezeichnet.""
Der Band, so erfahren wir, "zeichnet sich (…) durch hohe Stringenz der Komposition aus und gibt dem Leser das befriedigende Gefühl, sich über dieses doch sehr beunruhigende Thema soweit informiert zu haben, wie es heute überhaupt möglich ist."
Dass die SZ-Redaktion einen ruhigen, langsamen Sonntag nötig hat, zeigt die Überschrift, die sie über den Text gesetzt hat, und damit sind wir dann auch beim letzten Fragezeichen für heute angelangt:
"Ist der Urknall ein Kaninchen?"
Zunächst finden wir auch in der LITERARISCHEN WELT ein raffiniertes kleines Fragezeichen, nämlich hinter dem Satz:
"Oder ist das nur eine Sinnestäuschung?"
Jenny Hoch hat nämlich in New York die Schriftstellerin Marisha Pessl getroffen und schildert sie nicht nur als hochglanzlackiertes Upper-East-Side-Püppchen, sondern hat sie obendrein im Verdacht, sich für ihren neuen Roman bei einem älteren Vorbild allzu großzügig bedient zu haben.
"Gosh, nein", entgegnet die Schriftstellerin auf diesen Vorhalt entsetzt und "reißt ihre Augen noch ein Stückchen weiter auf." Doch dann, so scheint es, "wechselt ihre Gesichtsfarbe von Make-up-matt zu rot." Oder ist es nur eine Sinnestäuschung? Wir werden es nie erfahren.
Kein Fragezeichen, sondern ein sehr energisches Ausrufezeichen präsentiert uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
"Mein digitaler Zwilling gehört mir," steht über einem zornesroten Text von Juli Zeh, und sein erster Satz lautet:
"Das ist doch verkehrte Welt."
Die NSA-Affäre ist es, die den Zorn der Schriftstellerin erregt, genauer deren völlige Resonanzlosigkeit im aktuellen Wahlkampf, "in dem wir uns zwischen fünf verschiedenen Sorten Mindestlohn entscheiden dürfen."
Woher kommt diese Lethargie?
"Wenn die Menschen wenigstens sagen würden: Wir wollen das so," seufzt Juli Zeh.
"Aber niemand spricht sich deutlich für Überwachung aus. Genauso wenig wie dagegen. Es herrscht – ja was? Ein unklares Gefühl der Überforderung, genährt von der Angst, die technischen Aspekte nicht ausreichend zu verstehen. "" Dabei sei es ""ein Missverständnis zu glauben, die Verteidigung der Grundrechte verlange ein abgeschlossenes Informatikstudium. Man muss Kernspaltung nicht begreifen, um gegen Atomkraft zu sein."
Was, so fragt die Autorin zuletzt, "muss noch passieren, damit sich Unbehagen in Protest umsetzt?" Da ist es wieder, das Fragezeichen.
"Was ist mit dem Sonntag geschehen?"
Dies frägt sich und uns in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG der serbische Schriftsteller David Albahari.
"Der Sonntag war ein langsamer Tag. Ein Tag der Erholung. Ein Tag, an dem um die Mittagszeit in der ganzen Stadt die Suppenlöffel einträchtig klimperten, an dem die Strassen verödet waren und die öffentlichen Verkehrsmittel leer fuhren."
Und heute? Fort ist er, der Sonntag, so klagt der nostalgische Serbe.
"Er hatte sich beleidigt irgendwohin zurückgezogen, irgendwo versteckt, wo man immer noch die einfache Regel beachtet: Sechs Tage sollst du arbeiten und am siebten ruhen, Bücher lesen, Gedichte schreiben, Ausflüge ins Grüne machen, anders sein, als du es sechs Tage lang warst. Sei an dem Tag anders, damit du an den übrigen Tagen immer der Gleiche sein kannst."
Einen solchen Sonntag, und damit kommen wir auf die eingangs erwähnte SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zurück, bräuchte man wohl, um die ebenfalls schon erwähnte Superfrage dieses Feuilletontages und überhaupt des ganzen Lebens auch nur zu verstehen, geschweige denn zu beantworten:
"Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?"
Mit ihr ist ein Aufsatzsammelband betitelt, den SZ-Rezensent Burkhard Müller wohl sicher zu Recht dem "Typ von Leser" zur Lektüre anempfiehlt, "den Schiller als 'philosophischen Kopf' bezeichnet.""
Der Band, so erfahren wir, "zeichnet sich (…) durch hohe Stringenz der Komposition aus und gibt dem Leser das befriedigende Gefühl, sich über dieses doch sehr beunruhigende Thema soweit informiert zu haben, wie es heute überhaupt möglich ist."
Dass die SZ-Redaktion einen ruhigen, langsamen Sonntag nötig hat, zeigt die Überschrift, die sie über den Text gesetzt hat, und damit sind wir dann auch beim letzten Fragezeichen für heute angelangt:
"Ist der Urknall ein Kaninchen?"