Von Maximilian Steinbeis

Die Hoeneß-Affäre, der angebliche Kino-Abschied von Steven Soderbergh und die Regierungsbildung in Italien - die Themen in den Feuilletons an diesem Mittwoch.
Nichts kann man ihnen glauben, den Protagonisten dieses Feuilleton-Tages. Dem Uli Hoeneß seine Steuererklärung nicht, dem Steven Soderbergh seinen Abschied vom Kino-Business nicht, und wer glaubt, dass in der Republik Italien regierungsmäßig bald wieder alles wieder in Ordnung kommt, dem ist sowieso nicht zu helfen.

Fangen wir bei Italien an. "Die Stunde der schlimmstmöglichen Wendung" ist Dirk Schümers kurzer Artikel in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG überschrieben. "Nach einem in Chaos und Unfähigkeit verschenkten Monat kristallisiert sich das schlimmstmögliche Bild heraus, das bei der Erneuerung des politischen Systems herauskommen konnte: Kein Kandidat, der zur Wahl gestanden hatte – Bersani, Monti, Grillo – spielt bei der Regierungsbildung eine Rolle. Wer abtreten wollte – Napolitano –, ist wieder da. Wer nun regieren wird, wurde vom Volk gar nicht gewählt. Und nur ein Nutznießer steht als großer Taktiker grinsend im Rampenlicht: Berlusconi, ein Mann mit Zukunft."

Als Ergebnis von eineinhalb Jahren Krise, so der FAZ-Autor, werde "eine neue Regierung im bewährt zersetzenden Stil in Hinterzimmern ausgekungelt (…). Das sei exakt jenes ‚Inciucio‘ – die Schmierenintrige –, das unbedingt vermieden werden sollte."

Inciucio – das wäre ein guter Titel für einen Film von Steven Soderbergh, vom Stoff ganz zu schweigen. Doch ach, der Regisseur will kein Kino mehr machen. Was genau stattdessen, das weiß er noch nicht, aber, so erzählt er im Interview mit der BERLINER ZEITUNG, "in jedem Fall muss ich jetzt etwas Neues, Anderes machen, um dieses Kino-Ding aus meinem System zu bekommen". Allein, das glaubt ihm keiner. "Da geht einer, der noch voll da ist", argwöhnt Tobias Kniebe in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Bei dem man jederzeit mit einen neuen Lauf rechnen könnte."

Sarkastischer formuliert Andreas Kilb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG seine Skepsis: "Vielleicht sehen wir Steven Soderbergh demnächst ja als UN-Sonderbotschafter in Schwarzafrika wieder, als Extremtaucher im Marianengraben oder als Ballonfahrer in der unteren Stratosphäre. Das Einzige, was man sich beim besten Willen nicht vorstellen kann, ist, dass er bei irgendeiner seiner Aktivitäten keine Kamera dabeihat."

Nur die TAZ interessiert sich nicht für Soderberghs Zukunftspläne, sondern beschränkt sich darauf, dessen neuen Film "Side Effects" zu besprechen, und zwar – wie sollte es anders sein – skeptisch. "Viele falsche Spuren" lege der Thriller, findet TAZ-Rezensent Bert Rebhandl, und mäkelt: "Da waren die Erzählungen schon mal deutlich weiter."

Da wir gerade dabei sind, uns neue Betätigungsfelder für Soderbergh auszudenken: Die Uli-Hoeneß-Story bietet überreiche Inspiration für jeden Liebhaber verworrener Wirtschaftsthriller und düsterer Gesellschaftsdiagnosen. Wie düster, das bringt der Feuilletonchef der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Nils Minkmar auf den Begriff: "Spielgeldsystem" nennt er das, was da im Fall Hoeneß ebenso offenbar werde wie in dem des französischen Ex-Budgetministers Jerome Cahuzac, ebenfalls heimlich im Besitz eines Schwarzgeldkontos im Ausland.

"Die seit Jahrzehnten befreiten und bei Bedarf spontan neu erzeugten Geldmassen, die mal innerhalb des nationalstaatlich legalen Rahmens wohnen, mal aber auch nicht, gehören ebenso zur Spielaufstellung unserer Gegenwart wie der immense staatliche Refinanzierungsbedarf. Der Staat sollte schwach sein, seine Grenzen porös, damit das Geld sich freier bewegen und vermehren kann, und in diesem schwachen Staat sollte es guten Spielern gutgehen."

Und die, die nicht mitgespielt haben? "Am Ende der Kette stehen private Sparguthaben, Löhne und Gehälter derer, die für die Verbindlichkeiten haften, die bei Spielen aufgelaufen sind, von denen sie nichts hatten, weder den Spaß noch den Gewinn."

Und was, fragt der FAZ-Autor, wenn diese Bürger "kapieren, dass es ihr Geld ist, mit dem ein verschachteltes System aus schwachen Nationalstaaten und starken Firmen, aus armen Gemeinden und Regionen und reichen Spielern unterhalten wird?" Dann, so schließt er und zitiert dabei den Buchautor Wolfgang Hetzer, "ist auch der Frieden nicht mehr sicher: ‚Die europäische Geschichte zeigt, wie schnell sich Lämmer in reißende Wölfe verwandeln.‘"