Von Maximilian Steinbeis
Die "FAZ" hat die chinesischen Milliardäre besucht, die "SZ" nimmt eine französische Fluchtbewegung unter die Lupe - die Auswanderung der Millionäre -, und die "Berliner Zeitung" befasst sich mit einem Buch über einen Ort des Geldes: London.
Ein halbes Dutzend chinesischer Milliardäre in der FAZ, französisches Reichenbashing in der SÜDDEUTSCHEN, ein Buch über die britische Kapital-Kapitale London in der BERLINER ZEITUNG – kein Zweifel, am vierten Tag dieses Jahres beherrscht das Feuilleton, was bekanntlich sowieso die Welt beherrscht, nämlich das Geld.
Fangen wir mit der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG an. "Wollen Sie meine Haie sehen?", fragt dort der Immobilienunternehmer Huang Nubo, unter Chinas 260 Milliardären die Nummer 70, den Reporter Christian Geinitz, und der kriegt den Mund kaum mehr zu vor dem Raubfischaquarium des Milliardärs:
"kleine Exemplare, aber so energiegeladen und voller Präsenz wie ihr Besitzer."
Die milliardenschweren Privatunternehmer sind ganz klar die Guten in der Geschichte, die der FAZ-Autor erzählt, in scharfem Kontrast zu
"Chinas anderer reicher Führungsschicht, die Mächtigen in Partei und Verwaltung."
Hier Leute wie der vermeintliche Immobilienhai Huang Nubo, der im Flugzeug Gedichte schreibt –
"Ich schreibe immer beim Fliegen. Nur deshalb reise ich erster Klasse, um nicht gestört zu werden."
Dort die prachtliebenden Parteifunktionäre, "Prinzlinge" genannt, die "reichen Söhne der Gründerväter der Volksrepublik," die, so der FAZ-Autor, "mit goldenen Essstäbchen im Mund zur Welt kamen" und bei der Verteidigung ihrer Pfründe vor nichts zurückschrecken.
Kaum weniger exotisch erscheint, was Joseph Hanimann in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG in punkto Klassenkampf aus Frankreich zu berichten hat.
"Die Revolutionäre von gestern haben es sich ausgedacht, die Kapitalisten von heute setzen es um."
Es, das ist die Vertreibung aller Reichen ins Exil, herbeigesehnt durch Frühsozialisten wie Blanqui und Saint-Simon und jetzt angeblich verwirklicht durch die Pläne der sozialistischen Regierung, eine Reichensteuer einzuführen.
"Ob es mittlerweile ein paar Dutzend, ein paar Hundert oder schon Tausend sind, die wie Gérard Depardieu und nun wohl auch der Musiker Jean-Michel Jarre das Land in Richtung Belgien oder London verlassen, will niemand offiziell sagen,"
schreibt der SZ-Autor, aber auf die Zahlen komme es gar nicht so sehr an als vielmehr auf die
"Worte, die diese Debatte begleiten," auf das "Programm der Stigmatisierung der Reichen."
Dass das aus sozialistischer Sicht nicht unbedingt applauswürdig ist, weiß Hanimann mit Marx und Engels zu belegen: Ein "egalitäres Kleinbürgertum" sei das Ergebnis. Die gleichförmige Hässlichkeit der Wohnbezirke der zu Geld gekommenen ehemaligen Armen – das, so der SZ-Autor, sei
"die Stelle im sozialen Raum, wo der Wohlstand anfängt und noch kein Exil droht. Es ist der Ort, wo die Hummel Arbeitsbiene spielt, der Grundbesitzer sich als Revolutionär tarnt und die Straßenbeleuchtung noch vage die Form des Galgens bewahrt. "
Ein solcher Ort ist London nicht, denn dort riecht "selbst die Luft (…) nach Geld." Mit diesem Zitat aus John Lanchesters Roman Kapital betitelt die BERLINER ZEITUNG ihre Rezension des Buches und erweckt damit genau den Eindruck, den Rezensent Dirk Peitz eigentlich als Marketingmasche des Verlags entlarven will: "Dies ist nicht der Roman zur Krise," beginnt er seinen Text mit Emphase. Das Gesellschaftspanorama aus der fiktiven Londoner Pepys Road sei
"kein Krisenschlüsselroman, es ist ein Menschenaufschlüsselroman, ein Buch darüber, wie Menschen sind: Sehr verschieden, aber alle unter demselben Zeitgeisthimmel."
Nach so viel Geld kann ein bisschen Punk nicht schaden, und so ist am Horizont unseres Zeitgeisthimmels noch Platz für ein Zitat, das sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG findet. Von Alexander von Borsig stammt es, dem Gitarristen der Einstürzenden Neubauten, und handelt von einem ganz normalen Tagesablauf im Westberlin der 80er Jahre:
""Irgendwann hast du deine Wohnung verlassen und bist losgegangen, von einem Ort zum nächsten. Wahrscheinlich bist du dann mal sechs Stunden in der Wohnung von irgendjemandem hängen geblieben. Von dort aus bist du wieder in den Club gegangen, der gerade aufgemacht hatte oder noch auf war. Danach bist du wieder weiter gezogen. Möglicherweise hast du mal eine Weile geschlafen, bei dir zu Hause oder irgendjemandem, den du kennen gelernt hast. Das ging fortwährend immer so weiter"
Fangen wir mit der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG an. "Wollen Sie meine Haie sehen?", fragt dort der Immobilienunternehmer Huang Nubo, unter Chinas 260 Milliardären die Nummer 70, den Reporter Christian Geinitz, und der kriegt den Mund kaum mehr zu vor dem Raubfischaquarium des Milliardärs:
"kleine Exemplare, aber so energiegeladen und voller Präsenz wie ihr Besitzer."
Die milliardenschweren Privatunternehmer sind ganz klar die Guten in der Geschichte, die der FAZ-Autor erzählt, in scharfem Kontrast zu
"Chinas anderer reicher Führungsschicht, die Mächtigen in Partei und Verwaltung."
Hier Leute wie der vermeintliche Immobilienhai Huang Nubo, der im Flugzeug Gedichte schreibt –
"Ich schreibe immer beim Fliegen. Nur deshalb reise ich erster Klasse, um nicht gestört zu werden."
Dort die prachtliebenden Parteifunktionäre, "Prinzlinge" genannt, die "reichen Söhne der Gründerväter der Volksrepublik," die, so der FAZ-Autor, "mit goldenen Essstäbchen im Mund zur Welt kamen" und bei der Verteidigung ihrer Pfründe vor nichts zurückschrecken.
Kaum weniger exotisch erscheint, was Joseph Hanimann in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG in punkto Klassenkampf aus Frankreich zu berichten hat.
"Die Revolutionäre von gestern haben es sich ausgedacht, die Kapitalisten von heute setzen es um."
Es, das ist die Vertreibung aller Reichen ins Exil, herbeigesehnt durch Frühsozialisten wie Blanqui und Saint-Simon und jetzt angeblich verwirklicht durch die Pläne der sozialistischen Regierung, eine Reichensteuer einzuführen.
"Ob es mittlerweile ein paar Dutzend, ein paar Hundert oder schon Tausend sind, die wie Gérard Depardieu und nun wohl auch der Musiker Jean-Michel Jarre das Land in Richtung Belgien oder London verlassen, will niemand offiziell sagen,"
schreibt der SZ-Autor, aber auf die Zahlen komme es gar nicht so sehr an als vielmehr auf die
"Worte, die diese Debatte begleiten," auf das "Programm der Stigmatisierung der Reichen."
Dass das aus sozialistischer Sicht nicht unbedingt applauswürdig ist, weiß Hanimann mit Marx und Engels zu belegen: Ein "egalitäres Kleinbürgertum" sei das Ergebnis. Die gleichförmige Hässlichkeit der Wohnbezirke der zu Geld gekommenen ehemaligen Armen – das, so der SZ-Autor, sei
"die Stelle im sozialen Raum, wo der Wohlstand anfängt und noch kein Exil droht. Es ist der Ort, wo die Hummel Arbeitsbiene spielt, der Grundbesitzer sich als Revolutionär tarnt und die Straßenbeleuchtung noch vage die Form des Galgens bewahrt. "
Ein solcher Ort ist London nicht, denn dort riecht "selbst die Luft (…) nach Geld." Mit diesem Zitat aus John Lanchesters Roman Kapital betitelt die BERLINER ZEITUNG ihre Rezension des Buches und erweckt damit genau den Eindruck, den Rezensent Dirk Peitz eigentlich als Marketingmasche des Verlags entlarven will: "Dies ist nicht der Roman zur Krise," beginnt er seinen Text mit Emphase. Das Gesellschaftspanorama aus der fiktiven Londoner Pepys Road sei
"kein Krisenschlüsselroman, es ist ein Menschenaufschlüsselroman, ein Buch darüber, wie Menschen sind: Sehr verschieden, aber alle unter demselben Zeitgeisthimmel."
Nach so viel Geld kann ein bisschen Punk nicht schaden, und so ist am Horizont unseres Zeitgeisthimmels noch Platz für ein Zitat, das sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG findet. Von Alexander von Borsig stammt es, dem Gitarristen der Einstürzenden Neubauten, und handelt von einem ganz normalen Tagesablauf im Westberlin der 80er Jahre:
""Irgendwann hast du deine Wohnung verlassen und bist losgegangen, von einem Ort zum nächsten. Wahrscheinlich bist du dann mal sechs Stunden in der Wohnung von irgendjemandem hängen geblieben. Von dort aus bist du wieder in den Club gegangen, der gerade aufgemacht hatte oder noch auf war. Danach bist du wieder weiter gezogen. Möglicherweise hast du mal eine Weile geschlafen, bei dir zu Hause oder irgendjemandem, den du kennen gelernt hast. Das ging fortwährend immer so weiter"