Von Lesung zu Lesung

Von Norbert Zeeb · 04.06.2012
Filmemacher, Schriftsteller, Musiker – Volker Strübing ist ein Multitalent. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er mit schrägem Humor, vor allem mit absurden Texten, vorgetragen auf Lesebühnen überall in der Republik. Er selbst nennt sich einfach: Geschichtenerzähler. Ein Profil in O-Tönen.
"Was ich zu sagen habe, mag wie Science Fiction klingen, doch es ist bittere Realität: Sie leben! Und sie sind schon lange unter uns! Ich werde nicht länger schweigen, ..."

"Es gibt ein Motiv, dass sich durch mein ganzes Schaffen zieht. Die Figuren in meinen Geschichten fühlen sich oft sehr fremd als Menschen unter Menschen, und betrachten sich selbst als 'ne Art Außerirdische, die gar nicht dazugehören, aber trotzdem versuchen müssen, ihren Platz in dieser Welt und unter den Menschen zu finden."

"Menschen, überall sind Menschen,
sie sind schon lange unter uns ... "


"Ja, heute Abend bin ich im Schauspielhaus Hamburg ..."

"Ich bin Volker Strübing, offiziell bin ich freischaffender Autor, aber ich bezeichne mich lieber als Geschichtenerzähler. Ich schreibe Geschichten und lese die vor, das ist sozusagen mein Kerngeschäft, aber ich singe auch Lieder und mache kleine Filmchen, manchmal auch große Filme."

"19.30 Uhr in der Pappelallee im Prenzlauer Berg war die Pizza Vegetaria ausverkauft, es war wie im Osten. Diese blöden Yuppies, diese Medien-Pupnasen und Anwaltsgattinnen – was wollten die überhaupt mit Tiefkühlpizza? 'Wir sind die Guten und retten mit Sojamilch, Neuland-Fleisch und viel Gemüse die Welt'. Ficken! Die kaufen dieses Zeug doch nur, weil ihnen jemand erzählt hat, dass es besser für ihre ach so wertvollen Körper sei und besser schmecke und vor allem, weil es so schön teuer ist. Und wenn ihnen jemand einreden würde, es stamme aus nachhaltiger Bewirtschaftung, sei garantiert frei von Zusatzstoffen und außerdem sei es gerade schwer angesagt, dann würden sie wahrscheinlich auch Kinderfleisch essen!" (Gelächter, Klatschen)

"Der Auftritt im Schauspielhaus war super, das hat riesen Spaß gemacht. Jetzt bin ich ziemlich verkatert, weil gestern Abend war dann noch Schnaps im Spiel und es wurde sehr spät. Und jetzt sitze ich vor meinem fünften Kaffee in einer dunklen Bar eines Hotels, die eigentlich noch geschlossen ist, aber wir durften hier rein zum Rauchen - es ist der Raucherraum des Hotels. Es gibt vielleicht gesündere Jobs als freischaffender Künstler. Es gibt allerdings auch gesündere freischaffendere Künstler als mich. Man muss sich ja nicht hinterher betrinken - aber das ist oft sehr schön."

"Ich bin in Thüringen geboren, dann nach Sachsen Anhalt gezogen, mit einem Jahr, und dann bin ich mit Sieben nach Berlin gezogen worden. Ich bin also kein gebürtiger Berliner, ich bin auch kein Wahlberliner, sondern ich bin quasi Zwangsberliner. Allerdings, wenn man sich die Alternativen anguckt, dann ist man doch ganz froh Berliner zu sein."

"Komm Godzilla, wir latschen alles platt
lass uns keine Zeit verlieren
ich will mit Dir durch Berlin spazieren ..."


"Anfang 1996 bin ich mit geschleppt worden zu einer Lesung, zur Reformbühne Heim und Welt war das damals, einer der ersten Berliner Lesebühnen. Und da standen einfach Leute auf der Bühne und haben Geschichten vorgelesen, die sie gerade geschrieben haben. Und das war so 'ne geile Atmosphäre, dass ich dann dachte, Mist, das muss ich auch mal ausprobieren, und hab mich dann mit 'nem Freund zusammen angemeldet, haben das dann tatsächlich gemacht, und ich bin nicht wieder davon losgekommen."

"Es gab einfach zu viele, zu viele Künstler, zu viele Medienmenschen, zu viele Popstars. Sie lungerten überall rum und laberten. Die Baufirmen kamen nicht mehr hinterher mit dem Bau von neuen Cafés und Fabriketagen, in denen man die Kreativen zwischenlagern konnte, ohne dass sie zu sehr nervten!" (Gelächter)

"Irgendwo war dann der Punkt, wo ich angefangen habe, davon zu leben. Na, sagen wir zu existieren. Auf finanziell niedrigem Niveau - aber glücklich! Bin viel rum gekommen, hatte dann teilweise über 180 Auftritte im Jahr, die irgendwie so halbwegs den Lebensunterhalt gesichert haben. Und ich bin überall in Deutschland rumgefahren, und in Österreich, und in der Schweiz, und hab tausend Leute kennengelernt, die dasselbe machen wie ich, und man hat sich gegenseitig inspiriert und zu Schnäpsen eingeladen."

"Wenn ich jetzt schon mal im Radio bin, möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Menschen zu sagen: Seid nett zueinander, habt euch lieb, benutzt Toilettenpapier aus Recyclingrohstoffen, auch wenn es vielleicht nicht ganz so weiß ist, wie das Klopapier aus Tropenholz, raucht nicht soviel und kauft meine Bücher!"