Von Kolja Mensing

Nachdem ein Sturm eine Documenta-Skulptur zerstört hat, sehen sich die Feuilletons in ihrer Kritik an der Kunstschau weiter bestätigt. Der bulgarische Schriftsteller Vladimir Zarev zeichnet ein trauriges Porträt seines Heimatlandes. Und im Herbst will das "erste deutsche Trauerfernsehen" auf Sendung gehen.
So viel Schadenfreude war lange nicht mehr. Nachdem der Sturm eine Documenta-Skulptur zerstört hat, fühlt sich jetzt so mancher Kritiker in seinem negativen Urteil über die Kunstschau und ihre Macher bestätigt.

"Die Pannenserie reißt nicht ab", höhnt Holger Liebs in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und überschüttet Documenta-Chef Roger M. Buergel mit Spott für seinen Versuch, auch in den jüngsten Vorfällen noch eine "Anregung" erkennen zu wollen:

"Fein, wie sich alles fügt, wenn man nur hinreichend stoizistisch begabt ist."

Auch Christina Tilmann kann sich im TAGESSPIEGEL die Häme nicht verkneifen, wenn sie den Zusammenbruch von Ai Wei-weis monumentalem Holzbauwerk trocken kommentiert: Eine "eindrucksvolle Mahnung an die Vergänglichkeit von Architektur war dieser Turm zu Kassel", und "nun ist er hin".

"Die Kunst im öffentlichen Raum hat es nie leicht gehabt", schreibt Tim Ackermann in der WELT, "aber in Kassel scheitert sie gerade besonders spektakulär an den Klippen des realen Lebens."

Niklaas Maak, Kunstkritiker der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, möchte trotz allem ein "produktives Scheitern" in Kassel erkennen – und Sebastian Preuss verteidigt die vielkritisierte Kunstausstellung in der BERLINER ZEITUNG wortgewaltig gegen ihre Gegner. "Wer gegen diese Documenta immun bleibt, muss seine Sinne verloren haben", meint Preuss und schwärmt vom Reichtum der Formen und der geradezu "klassischen" ikonographischen Strenge der Schau.

In ihrem Aufmacher widmet die FAZ sich der Forderung des Bundesbildungsministeriums nach "mehr Akademikern".

"Mehr Studenten für besser zu halten, darauf kommt man auch nur, wenn man aus dem Blick verloren hat, wie sich die Bildungsdemographie in diesem Land wandelt", behauptet Jürgen Kaube. Anstatt immer mehr Studienanfänger, "deren schulische Rückstände allerorten beklagt werden", an den Hochschulen zuzulassen, sollten lieber die Standards erhöht werden.

Ansonsten dürften Universitätsabschlüsse in Zukunft zunehmend ihren Wert verlieren: Bereits jetzt, so beschreibt Kaube diese "Zertifikate-Inflation", muss man offenbar "ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert haben, um zu einer Anstellung zu gelangen, in der man dann Kunden ihre Kontoauszüge erklärt oder Bausparverträge verkaufen darf".

Der bulgarische Schriftsteller Vladimir Zarev zeichnet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ein trauriges Porträt seines Heimatlandes.

Mit der Wende von 1989 begann in Bulgarien "ein nicht enden wollender Prozess von Mühsal und bitterer Enttäuschung", erinnert sich Zalev und beschreibt, wie die "zarte, unerfahrene Demokratie von Geheimdienstlern und Parteinomenklatura" überrumpelt wurde.

Die Hoffnungen der Bevölkerung hatten sich zuletzt auf den Beitritt zur EU Anfang dieses Jahres gerichtet, doch bisher scheint sich nicht viel geändert zu haben: In den Städten kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Banden, die Armut steigt, die Lebenshaltungskosten explodieren.

Und der Kapitalismus zeigt seine böse Fratze: "Ich frage mich", so Vladimir Zarev, "ob es noch ein Land gibt, in dem die Mehrwertsteuer auf Bücher und Lebensmittel 20 Prozent, auf Glücksspielgewinne aber nur 10 Prozent beträgt?"

Zuletzt noch zu einem Interview auf der Medienseite des Berliner TAGESSPIEGELS. Joachim Huber hat sich mit Kerstin Gernig unterhalten, der Pressesprecherin des "ersten deutschen Trauerfernsehens", das im November auf Sendung gehen will.

Zielgruppe sind "ältere Menschen", Gesellschafter sind neben dem "Bundesverband deutscher Bestatter" unter anderem "Hersteller von Treppenliften". Im Programm soll es um Grabrituale gehen und um praktische Fragen der Vorsorge. Darüber hinaus wird es Nachrufe geben.

Und damit niemand beim Zuschauen auf den Gedanken kommt, es könnte das letzte Mal sein, dass er den Fernseher eingeschaltet hat, versprüht zumindest der Name des Senders einen Funken Hoffnung: EosTV heißt er, nach der griechischen Göttin der Morgenröte.