Von Kolja Mensing

Der Tod der drei Bundeswehrsoldaten beschäftigt das Feuilleton nur am Rande. So befasst sich beispielsweise der "Tagesspiegel" mit der Frage, wie die ARD mit Bildern aus Kriegs- und Krisenregionen umgeht. Außerdem: der Streit im Suhrkamp-Verlag und das geplante Mahnmal für die getöteten Soldaten und zivilen Angehörigen der Bundeswehr.
Wie sagt man so schön? In den Streit um den Suhrkamp-Verlag ist "Bewegung gekommen". Der Unternehmer Andreas Reinhardt hatte im vergangenen Herbst seine Anteile an die Hamburger Geschäftsleute Hans Barlach und Claus Grossner verkauft. Der Verlag bestritt, dass Reinhardt dazu überhaupt das Recht habe, und gleichzeitig überzogen sowohl die alten als auch neuen die Mitgesellschafter die Suhrkamp-Leitung mit heftiger Kritik.

Besonders Claus Grossner tat sich dabei hervor: "Bizarr", schreibt Uwe Wittstock nun in der WELT, dass ausgerechnet er seine Anteile nie bezahlt hat und damit wieder aus dem Rennen ist.

Für Schadenfreude auf Seiten der Berichterstatter bestehe allerdings kein Anlass, mahnt Jörg Sundermeyer mit ernster Stimme in der TAZ:

"Die Redaktionen, die Grossners Statements unhinterfragt (im vergangenen Jahr) nachgeplaudert haben, haben den Ruf des Verlages beschädigt."

Man hätte meinen können, dass der Tod der drei deutschen Soldaten in Afghanistan nicht nur in den politischen Kommentaren, sondern auch auf den Kulturseiten Thema Nummer eins sein würde.

Doch die Feuilletons üben Zurückhaltung.

Kein aktueller Bezug zum Beispiel, wenn die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG dem Friedensforscher Ernst-Otto Czempiel zum 80. Geburtstag gratuliert und gerade einmal darauf hinweist, dass der Wissenschaftler bis heute daran zweifele, "ob Deutschland sich und der Welt wirklich einen Gefallen tut, wenn es sich immer stärker militärisch engagiert".

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG vermeldet Heinrich Wefing nüchtern, dass der Architekt Andreas Meck auserkoren worden sei, in Berlin ein Mahnmal zu errichten für die getöteten Soldaten und zivilen Angehörigen der Bundeswehr: "Seit 1990 haben fast siebzig Soldaten ihr Leben im Auslandseinsatz verloren", schreibt Wefing, "allein in Afghanistan starben… einundzwanzig deutsche Soldaten." Dass drei von ihnen an diesem Wochenende umkamen, erwähnt er nicht.

Ganz ausdrücklich meldet sich in der FAZ dann allerdings Medienredakteur Michael Hanfeld zu Wort. Er war im vergangenen Jahr im Süden Afghanistans und schildert seine Eindrücke aus einem Land von dem wir, so Hanfeld wörtlich, "nur einen kleinen Ausschnitt wahrnehmen", wenn wir über die deutschen Soldaten und das Selbstmordattentat sprechen.

Gleichzeitig plädiert Hanfeld deutlich für militärische Hilfe: "Die Afghanen sind Opfer einer pervertierten Großmachtpolitik", "sie sind Geiseln eines Krieges, den sie nicht begonnen haben und den sie allein nicht beenden können."

Äußerst aufschlussreich ist im Übrigen ein Interview auf der Medienseite des Berliner TAGESSPIEGELS.

Joachim Huber hat mit Kai Gniffke gesprochen, dem Chefredakteur von ARD-Aktuell, und ihn nach dem Umgang mit Fernsehbildern aus Kriegs- und Krisenregionen gefragt.

Hintergrund ist die Behauptung der BILD-Zeitung, dass die Attentäter von Kundus Kamerateams vorab zum Ort des Anschlags bestellt hatten. Tatsächlich gab es Aufnahmen, die nur wenige Minuten nach der Bombenexplosion entstanden sind. Gniffke schreibt das dem Zufall zu: "Möglicherweise", sagt er, "sind sie mit einer DigiCam entstanden."

Ein Hobbyfilmer also? Wie auch immer: Die ARD hat das Material gesendet.

Wie weit sich die Grenze des Zumutbaren mittlerweile verschoben hat, merkt man, wenn der Chefredakteur die Kriterien der ARD für die Auswahl solcher und ähnlicher Bilder offen legt.

Man brauche keine "herumliegenden Gliedmaßen oder abgerissenen Köpfe" zeigen:

"Der schockierte Blick eines Augenzeugen, die zitternde Hand eines Verletzten oder das blutverschmierte Kleidungsstück eines Kindes sagen das alles aus, ohne die Zuschauer mit abstoßenden Gräuelbildern zu konfrontieren."

Man muss das zweimal lesen, um die Abgründe zu begreifen. Die Methode, die hier beschrieben wird, ist die eines subtilen Horrorfilms. Nur dass er eben von einer so genannten Nachrichtenredaktion in Szene gesetzt wird.

Mit Information hat das nichts mehr zu tun. Das ist der Krieg der Bilder.