Von Kolja Mensing

Die "Zeit" berichtet über die geplanten Kunstmuseen, Opern und Theaterhäuser in den Arabischen Emiraten. Die "Süddeutsche Zeitung" befürwortet die Waldschlösschenbrücke im Dresdner Elbtal. Und die "Welt" ärgert sich über das vom Berliner Ensemble-Intendanten Claus Peymann geäußerte Verständnis für die Taten der RAF.
Es ist schon einiges geschrieben worden über den "Louvre Abu Dhabi" und die neue Sehnsucht nach europäischer Kultur in den arabischen Herrschaftshäusern. Jetzt ist auch Tobias Timm für die ZEIT in die Emirate geflogen, zuerst nach Abu Dhabi und dann nach Dubai, und er kommt zunächst zu dem gleichen Schluss wie die meisten seiner Kollegen: Die geplanten Kunstmuseen, Opern und Theaterhäuser sollen vor allem "vermögende Kulturtouristen" anziehen.

Interessant wird der Beitrag, wenn Timm sich dann dem neuen Stadtzentrum von Dubai widmet, das in den nächsten Jahren entstehen wird.

Michael Schindhelm, der ehemalige Direktor der Berliner Opernstiftung, ist vom Projektentwickler als Kulturmanager für dieses Vorhaben verpflichtet worden, und spätestens wenn er davon schwärmt, dass es in Dubai "keine Geschichte gibt, die man mit sich herumträgt", platzt dem Berichterstatter der ZEIT der Kragen.

Man könne doch nicht einfach eine "Retortenstadt" von einem großen Unternehmen "in die Wüste stellen" lassen, meint Timm, und besteht mit der Empörung des zivilisierten Europäers darauf, dass es "Skepsis, Kritik und politische Teilhabe" brauche, damit eine Stadt eine "Seele" bekommen könne.

Schon lustig, wie angesichts der Kulturoffensive in den Vereinigten Emiraten plötzlich im Westen wieder die alten kolonialen Denkmuster auftauchen: Zur abendländischen Tradition gibt es nun einmal keine Alternative, alles andere - bleibt Wüste.

Dabei täte ein bisschen Dubai auch Deutschland ganz gut - zumindest, wenn man sich vor Augen führt, dass die öffentlichkeitswirksamste stadtplanerische Kontroverse der vergangenen Jahre der Streit um die Waldschlösschenbrücke in Dresden war.

Jetzt hat das Oberverwaltungsgericht entschieden: Es wird gebaut, und in der ZEIT schäumt Evelyn Finger vor Wut über die "superteure" und "sinnlose" Autobrücke, die bald das "Elbtal verschandeln" wird.

Doch was heißt das eigentlich, dass eine Architektur eine bestimmte Ansicht "verschandelt"?

Gerhard Matzig weist in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG mit Blick nach Dresden darauf hin, dass "weder Städte noch Landschaften in ihrer Geschichte" je statisch waren. Man stelle sich zum Beispiel vor, die fragliche Brücke sei bereits vor 100 Jahren gebaut worden:

"Niemand käme heute auf die Idee, sie sei nicht harmonischer Teil jenes historischen Raumkunstwerkes, als das wir das Elbtal mittlerweile wahrnehmen", behauptet Matzig.

Zum Schluss noch zum derzeitigen Lieblingsdauerthema des deutschen Feuilletons: der RAF.

Immer wenn es gerade ruhig wird im Streit um die Geschichte des Terrorismus, meldet sich Claus Peymann zu Wort. Erneut hat der Intendant des Berliner Ensembles Verständnis für die Taten der RAF geäußert und bei SPIEGEL ONLINE mit Brecht darauf hingewiesen, dass da, "wo Gewalt herrscht, nur Gewalt hilft".

Caroline Fetscher stellt im TAGESSPIEGEL etwas kleinlich fest, dass Claus Peymanns Kapitalismuskritik aus Steuermitteln bezahlt werde, also mit "richtigem Geld aus dem falschen System".

Eckhard Fuhr dagegen ärgert sich in der WELT darüber, dass der Berliner Intendant den letzten inhaftierten Terroristen Christian Klar bewundert, weil er im Gegensatz zu ehemaligen Mitstreitern nicht als Kronzeuge ausgesagt habe - und so nicht "zu Kreuze gekrochen" sei.

Aber, so Fuhr: Im Fall der RAF "gibt es keine Ganovenehre".

In der ZEIT meldet sich außerdem Gerhart Baum zu Wort, der von 1978 bis 1982 Innenminister der sozialliberalen Koalition war - und auf einen Beitrag von Jan Philipp Reemtsma antwortet.

Nein, die Terroristen der RAF seien nicht allein durch "Größenwahn, Machtgier und Lust an der Gewalt" geprägt gewesen, meint Baum, und untersucht geduldig die gesellschaftliche und politische Ausgangssituation des deutschen Terrorismus. Der Beitrag ist differenzierter als vieles, was man zu dem Thema in den letzten Wochen gelesen hat - und trotzdem drängt sich der Eindruck auf, dass bereits seit langem alles gesagt ist.

Steht nur zu befürchten, dass Claus Peymann das anders sieht.