Von Kolja Mensing
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet aus den USA, dass sich dort die Stimmen mehren, die seit 1979 untersagten medizinischen Experimente an Strafgefangenen wieder einzuführen. "Tagesspiegel" und "FAZ" porträtieren im Vorfeld der Islamkonferenz junge Muslime. Die "Welt" widmet sich Indien, das Gastland auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse ist.
In den USA haben medizinische Experimente an Strafgefangenen Tradition. Bereits in den Sechzigerjahren erprobten Wissenschaftler bewusstseinserweiternde Drogen an den Insassen eines Staatsgefängnisses in Philadelphia - ohne die Versuchsteilnehmer darüber zu informieren. Im gleichen Gefängnis experimentierte man auch mit giftigen Chemikalien wie Dioxin, die im Vietnam-Krieg als Kampfstoffe zum Einsatz kamen. Erst 1979 wurden medizinische Experimente an Gefängnisinsassen untersagt - doch nun mehren sich die Stimmen derjenigen, die dieses Verbot wieder aufheben wollen.
Der Medizin-Historiker Wolfgang U. Eckart zeigt sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG äußerst besorgt und sucht nach Gründen:
"Einerseits entsprechen medizinische Experimente in Gefängnissen durchaus landläufigen Vorstellungen tätiger Reue in der christlich-fundamentalistischen Rache-Gesellschaft der USA. Andererseits kommen hier harte wirtschaftliche Überlegungen zum Tragen ... Eine neuerliche Öffnung der Gefängnisse für Humanexperimente würde der amerikanischen pharmazeutischen Industrie den Zugriff auf eine immense Zahl leicht verfügbarer und preiswerter menschlicher Versuchskaninchen eröffnen."
In Berlin kommt am Mittwoch die von Wolfgang Schäuble einberufene Islamkonferenz zusammen. Gerade noch rechtzeitig, meint Claudia Keller im TAGESSPIEGEL - auch weil in den muslimischen Organisationen hierzulande derzeit ein Generationswechsel stattfinde:
"In Deutschland aufgewachsene, gut ausgebildete Mittdreißiger übernehmen das Ruder. Anders als ihre Vorgänger wissen sie, dass es Türken und Arabern hier vor Ort wenig hilft, wenn in den Verbänden nach wie vor die Politik der ehemaligen Heimatländer im Fokus des Interesses steht, (und) dass man stattdessen mit hiesigen staatlichen Institutionen zusammenarbeiten sollte."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hat aus demselben Anlass einen Reporter nach Kreuzberg geschickt. Gustav Falke hat sich in den türkischen Cafés, Imbissen und Restaurants umgesehen und freut sich etwas bieder über die "jungen Ausländer", die so "bewundernswert schnell Deutsch können" oder ganz "selbstverständlich Deutschland" loben. Am besten gefällt Falke allerdings, dass eine junge Frau auf der Straße mit ihm flirtet: "Türkinnen", stellt er fest, "sind im Geschlechterverhältnis angenehm unkompliziert." Na, bitte: Man fragt sich, warum wir überhaupt eine Islamkonferenz brauchen!
Die TAZ meldet passenderweise "unterm Strich" ein interkulturelles Literaturprojekt aus Kassel mit dem Titel "Wie Deutsche leben": Menschen mit Migrationshintergrund seien aufgerufen, von ihren angestammten Nachbarn zu erzählen. Gute Idee, findet die TAZ, denn:
"Die wahre Parallelgesellschaft, das ist die deutsche."
In der FAZ findet sich eine Glosse über die bevorstehende Buchmesse - und den Auftritt des diesjährigen Gastlandes. "Indien wird sich als Land 'zwischen Mythos und Moderne' präsentieren", verrät Edo Reents mit deutlicher Ironie.
In der WELT nähert man sich dem Thema dagegen mit dem gebotenen Ernst. Berthold Seewald erzählt vom Aufstieg und vor allem vom Niedergang des Reichs der indischen Großmoguln im 16. und17. Jahrhundert - und erkennt ein historisches Lehrstück:
"Fanatismus, Zentralismus, steigende Steuern, drückende Verwaltung, hohe Staatsquote, fehlende Investitionen, kostspieliges Rentensystem, Abschottung nach außen und militärische Abschottung: Die Gründe, die den Untergang des Mogul-Imperiums beförderten, muten erstaunlich aktuell an, weniger auf Indien denn auf Europa bezogen."
Immerhin wird auf dem alten Kontinent noch gelesen, möchte man mit Blick auf die Frankfurter Messe meinen.
Hier belehrt uns leider die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG eines Besseren. Auf ihrer Medienseite berichtet sie über die Sanierung der angeschlagenen Bertelsmann-Buchclubs - und die Erweiterung des Angebotes um so genannte "Nichtmedienprodukte": Urlaubsreisen, Versicherungen oder dekorative Engel im Teelichtrahmen.
Der Medizin-Historiker Wolfgang U. Eckart zeigt sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG äußerst besorgt und sucht nach Gründen:
"Einerseits entsprechen medizinische Experimente in Gefängnissen durchaus landläufigen Vorstellungen tätiger Reue in der christlich-fundamentalistischen Rache-Gesellschaft der USA. Andererseits kommen hier harte wirtschaftliche Überlegungen zum Tragen ... Eine neuerliche Öffnung der Gefängnisse für Humanexperimente würde der amerikanischen pharmazeutischen Industrie den Zugriff auf eine immense Zahl leicht verfügbarer und preiswerter menschlicher Versuchskaninchen eröffnen."
In Berlin kommt am Mittwoch die von Wolfgang Schäuble einberufene Islamkonferenz zusammen. Gerade noch rechtzeitig, meint Claudia Keller im TAGESSPIEGEL - auch weil in den muslimischen Organisationen hierzulande derzeit ein Generationswechsel stattfinde:
"In Deutschland aufgewachsene, gut ausgebildete Mittdreißiger übernehmen das Ruder. Anders als ihre Vorgänger wissen sie, dass es Türken und Arabern hier vor Ort wenig hilft, wenn in den Verbänden nach wie vor die Politik der ehemaligen Heimatländer im Fokus des Interesses steht, (und) dass man stattdessen mit hiesigen staatlichen Institutionen zusammenarbeiten sollte."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hat aus demselben Anlass einen Reporter nach Kreuzberg geschickt. Gustav Falke hat sich in den türkischen Cafés, Imbissen und Restaurants umgesehen und freut sich etwas bieder über die "jungen Ausländer", die so "bewundernswert schnell Deutsch können" oder ganz "selbstverständlich Deutschland" loben. Am besten gefällt Falke allerdings, dass eine junge Frau auf der Straße mit ihm flirtet: "Türkinnen", stellt er fest, "sind im Geschlechterverhältnis angenehm unkompliziert." Na, bitte: Man fragt sich, warum wir überhaupt eine Islamkonferenz brauchen!
Die TAZ meldet passenderweise "unterm Strich" ein interkulturelles Literaturprojekt aus Kassel mit dem Titel "Wie Deutsche leben": Menschen mit Migrationshintergrund seien aufgerufen, von ihren angestammten Nachbarn zu erzählen. Gute Idee, findet die TAZ, denn:
"Die wahre Parallelgesellschaft, das ist die deutsche."
In der FAZ findet sich eine Glosse über die bevorstehende Buchmesse - und den Auftritt des diesjährigen Gastlandes. "Indien wird sich als Land 'zwischen Mythos und Moderne' präsentieren", verrät Edo Reents mit deutlicher Ironie.
In der WELT nähert man sich dem Thema dagegen mit dem gebotenen Ernst. Berthold Seewald erzählt vom Aufstieg und vor allem vom Niedergang des Reichs der indischen Großmoguln im 16. und17. Jahrhundert - und erkennt ein historisches Lehrstück:
"Fanatismus, Zentralismus, steigende Steuern, drückende Verwaltung, hohe Staatsquote, fehlende Investitionen, kostspieliges Rentensystem, Abschottung nach außen und militärische Abschottung: Die Gründe, die den Untergang des Mogul-Imperiums beförderten, muten erstaunlich aktuell an, weniger auf Indien denn auf Europa bezogen."
Immerhin wird auf dem alten Kontinent noch gelesen, möchte man mit Blick auf die Frankfurter Messe meinen.
Hier belehrt uns leider die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG eines Besseren. Auf ihrer Medienseite berichtet sie über die Sanierung der angeschlagenen Bertelsmann-Buchclubs - und die Erweiterung des Angebotes um so genannte "Nichtmedienprodukte": Urlaubsreisen, Versicherungen oder dekorative Engel im Teelichtrahmen.