Von Kolja Mensing

Die Feuilletons beschäftigen sich weiterhin mit Israel und dem Konflikt im Nahen Osten. Oliver Stones Versuch, mit "World Trade Center" einen unpolitischen Film über den 11. September zu drehen, wird in der "TAZ" kommentiert. In der "Welt" findet sich ein kritisches Porträt über den Regisseur.
Oliver Stones Film "World Trade Center" ist bisher nur in den USA und Kanada angelaufen. Die Diskussion um den Regisseur und sein neuestes Werk hat allerdings bereits ihren Weg über den Atlantik gefunden.

Stones Versuch, einen unpolitischen Film über den 11. September zu drehen, sei "eindeutig naiv", schreibt Sebastian Moll in der Tageszeitung TAZ und wundert sich darüber, dass sich der "alt-linke Regisseur" ausgerechnet die PR-Firma ausgesucht hat, die im letzten Präsidentschaftswahlkampf die Rufmordkampagne gegen den demokratischen Kandidaten John Kerry organisiert hat.

Ist Oliver Stone einfach nur blauäugig?

Uwe Schmitt glaubt das nicht. In der WELT porträtiert er den amerikanischen Filmemacher als gewieften Opportunisten, der seine politischen Überzeugungen der Karriere opfert: "Seine drei ‚Oscars’ sind langsam verjährt, nach dem Flop von ‚Alexander’ benötigte er einen Erfolg. Sich als Büttel Osama Bin Ladens verfemen zu lassen, war das Letzte, was er brauchte."

Am 14. August jährt sich Bertolt Brechts Todestag zum 50. Mal. Die ZEIT hat dazu an diesem Donnerstag gleich mehrere Beiträge im Angebot.

Der Schriftsteller und ehemalige Brecht-Schüler Hartmut Lange hat sich bereits vor über dreißig Jahren von seinem Lehrer und seinen Überzeugungen abgewandt, und er bedauert das gar nicht, wie er jetzt erklärt: Wo Brecht "wie in seinen Lehrstücken, den Unfehlbarkeitsanspruch der marxistisch-leninistischen Weltanschauung poetisch ins Recht setzen wollte, hat er jetzt schon alle Bezüglichkeit verloren".

Evelyn Finger hält dagegen. Sie nimmt den "armen B. B." vor den "Anti-Brechtianern" in Schutz.

"Gestorben, aber nicht tot."

Die ZEIT-Autorin entdeckt in dem "Skeptizismus, der gerade in den lauten Klassenkampfparolen steckt", eine "Dialektik der Grausamkeit" und eine aktuelle Fragestellung:

"Wie bekämpft man den Terror, ohne seiner Amoral anheimzufallen?"

Damit ist ziemlich präzise der Konflikt beschrieben, den der österreichische Schriftsteller Robert Menasse in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG reichlich pathetisch in Szene setzt.

"Ich sitze vor dem Fernseher, will Bomben sehen, noch mehr Bomben, so viele Bomben, bis die Hisbollah ausradiert ist und alle Vernichter vernichtet sind."

Das erklärt Menasse, und weist selbstmitleidig darauf hin, dass er sich genau für diese Gefühle hasse:

"Ich bin ein Pazifist, der Daumen drückt bei einem Krieg!"

Israel "ist in seiner Existenz bedroht, wie schon lange nicht mehr. Aber in der deutschen Öffentlichkeit tut sich nichts", stellt Peter Kümmel in der ZEIT fest und weist auf eine "seltsame Koinzidenz" hin. Ausgerechnet in dem Sommer, in dem Deutschland sich während der Fußballweltmeisterschaft von der "Last der Geschichte" freigejubelt habe, gebe es keine "einzige kollektive Gebärde der Zugehörigkeit" mit dem Staat Israel.

"Wir empfinden keine Verantwortung mehr. Ist das die Stimmungslage des ,neuen Deutschlands’?"

Auch die TAZ kommentiert den umstrittenen Diskussionsbeitrag von Jostein Gaarder. Der norwegische Schriftsteller hatte Israel unter anderem vorgeworfen, aggressiv die Nachfolge des Königreichs David anzutreten.

"Was haben Bibelzitate und Rabbisprüche mit der Realität zu tun?","

heißt es in die TAZ unter anderem und dieser Frage widmet sich dann tatsächlich Klaus Berger in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Der Theologe fragt nach der "religiösen Bedeutung" des Konfliktes im "heiligen Land":

""Schon früh und mit Recht hat Israel sich im Bild des leidenden Gottesknechts sehen müssen. Deshalb mündet (diese) Frage in die Problematik der Theodizee. Und sie wird damit die Frage nach Gott überhaupt."

Sein umfangreicher Beitrag, in dem er der Verantwortung von Mensch und Gott gründlich nachspürt, ist zuletzt allerdings auch nur ein weiterer Versuch der Rationalisierung des komplett Unverständlichen.

Theodizee statt Tagesthemen, schön wär’s.