Von Kolja Mensing

Die FAZ führt ein Interview mit dem Leiter der "Niederländischen Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende". Die "Welt" macht sich Gedanken über den Zustand des Magazins "Spiegel" bzw. seiner Redaktion, nach der Kritik von Franziska Augstein, Tochter des früheren "Spiegel"-Herausgebers. Der "Spiegel" selbst interviewt Tariq Ramadan zu den Unruhen in Frankreich.
Sterbehilfe ist ein Tabu, zumindest in Deutschland.

In den Niederlanden sieht das ganz anders aus. Dort gibt es mittlerweile Gesetze, in denen geregelt wird, wann ein Arzt das Leben eines schwerkranken Patienten auf dessen Verlangen hin beenden darf.

Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG haben Heinrich Wefing und Christian Schwägerl darum nun mit Rob Jonquière gesprochen, dem Leiter der "Niederländischen Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende".

"Man muss Menschen ein Stück lieben, bevor man ihnen beim Sterben hilft", sagt Jonquière - und er nennt Zahlen. Nach seinen Angaben sind es jährlich mehr als 3.500 todkranke Menschen, die sich für die "Euthanasie" entscheiden, wie Jonquière die Sterbehilfe freimütig nennt.

Das FAZ-Gespräch mit dem Advokaten der Sterbehilfe ist informativ, ausführlich und voller kontroverser und provokanter Thesen – und folgt damit im Grunde genommen dem Muster des klassischen SPIEGEL-Interviews.

Aber hat das Hamburger Nachrichtenmagazin wirklich noch Vorbildfunktion? Franziska Augstein, die Tochter des ehemaligen Herausgebers Rudolf Augstein, glaubt das nicht. Der SPIEGEL sei ein "geschwätziges Blatt unter vielen", hatte sie unlängst geäußert und damit die interne Diskussion um vermeintliche Qualitätsmängel in der Berichterstattung kräftig angeheizt.

Das ist erst einmal dankbarer Stoff für die Medienseiten: Die WELT zum Beispiel weiß zu berichten, dass die notorisch uneinige Redaktion sich angesichts der Vorwürfe wieder zusammengerauft habe und sich nun lauthals gegen die Kritik zur Wehr setze.

Am kommenden Mittwoch treffen sich dann die Gesellschafter des SPIEGEL, zu denen eben auch Franziska Augstein gehört. Michael Hanfeld von der FAZ sieht hinter der ganzen Auseinandersetzung vor allem eine Familiengeschichte: Die Augstein-Kinder seien von ihrem Vater auf dessen eigenen Willen hin nach seinem Tod unter den SPIEGEL-Gesellschaftern anteilsmäßig an den Rand gedrängt worden: "An diesem Erbe", so Hanfeld, "arbeiten sich die Erben nun offenbar ab."

Also, dann: Wie gut – beziehungsweise: wie schlecht ist der SPIEGEL wirklich?

Auf den ersten Blick liefert zumindest der Kulturteil in dieser Woche wieder einmal die gewohnte Mischung aus Klatsch und nicht ganz so neuen Nachrichten.

Unter anderem gibt es ein Mini-Interview mit Marcel Reich-Ranicki, in dem er noch einmal zu seinem Streit mit Martin Walser Stellung nehmen muss. Wolfgang Höbel versucht dem breit diskutierten Zoff an der Berliner Schaubühne noch etwas abzugewinnen. Und dann ist da noch ein langer Text über den Getty-Skandal – auch nicht gerade "top news".

Sicher: Schlägt man das Konkurrenz-Produkt FOCUS auf, findet man dort ein Interview mit Harald Schmidt, das offenbar ganz allein dem Zweck gilt, die Harald-Schmidt-Show, die Harald-Schmidt-FOCUS-Kolumne und natürlich Harald Schmidt selbst zu bewerben.

"Brand yourself", das sei sein Erfolgsgeheimnis, meint der Fernseh-Star. Nett eigentlich, dass der FOCUS ihm dabei hilft.

Aber zurück zum SPIEGEL. Das Interview mit Tariq Ramadan, einem der wichtigsten muslimischen Vordenker in Europa, ist dann natürlich doch sehr interessant.

"Der Islam hat mit dieser Revolte nichts zu tun", erklärt Ramadan mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Frankreich. Hier gehe es nicht um religiöse Fragen, meint der in der Schweiz lebende Intellektuelle:

"Frankreich zerfällt vor unseren Augen in sozioökonomische Gemeinschaften, in eine territoriale und soziale Apartheid."

Erich Follath und Romain Leick fragen trotzdem weiter nach. Und zuletzt übt Tariq Ramadan, der für seine zuweilen durchaus radikalen Ansichten bekannt ist, dann doch noch unverhohlen Kritik an der selbst gewählten Isolation muslimischer Einwanderer:

"Sie haben das Gefühl, dass sie weniger gute Muslime werden, wenn sie sich von Marokkanern oder Algeriern zu Franzosen verwandeln.

Eins muss dem SPIEGEL oder besser: seinen Mitarbeitern lassen: Hartnäckig sind sie auf jeden Fall.