Von Kolja Mensing
Es geht düster zu in den Feuilletons: Der Ökonom Dennis Meadows ist äußerst desillusioniert, wenn es um die Energiewende geht, der Musiker Scott Walker verliert sich in kerkerschwarzen Nächten und auch Lemmy Felix Mescoli, Frontmann von Motörhead, würde lieber wieder wie früher im Park sitzen und mit Blumen sprechen.
Ein Hippie ist er eigentlich nicht, eher der Schmuddelopa des Heavy Metal: Ian Fraser Kilmister, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Lemmy, ist seit gut 30 Jahren der Frontmann von Motörhead, einer der lautesten Rockbands der Welt.
Lemmy trinkt viel und ist unter anderem auch als Sammler von Nazi-Devotionalien bekannt. Doch in seiner Jugend war er angeblich ein echtes Blumenkind, das 1967 im Richmond Park in Manchester unter dem Einfluss von halluzinogenen Drogen mit den Bäumen sprach. Ja, es war eine gute Zeit, erklärt Lemmy Felix Mescoli, seinem offensichtlich etwas jüngeren Gesprächspartner von der Tageszeitung DIE WELT: "Das ist das Problem mit Geschichte. Du musst dabei gewesen sein, um sie zu verstehen… Es war wie auf einem anderen Planeten. Es gab mehr Optimismus. Heute" – klagt der Rockmusiker in der WELT – "heute herrschen Pessimismus und Verzweiflung."
Einer, der schuld daran ist, dass wir heute nicht mehr ganz so optimistisch in die Zukunft sehen wie in den Sechzigern, ist der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Dennis Meadows: Anfang der Siebziger warnte er die Menschheit in der Club-of-Rome-Studie "Die Grenzen des Wachstums" vor Umweltverschmutzung und schwindenden Ressourcen. Die Apokalypse wurde zur Naherwartung, gleichzeitig stieg die Sensibilität für den ökologischen Wandel.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG nimmt die Klimakonferenz in Doha jetzt zum Anlass für ein Gespräch mit Meadows. "Wir haben versagt", das ist sein knappes Fazit angesichts der hilflosen Bemühungen der Industriestaaten, die Erderwärmung zu stoppen: "Selbst wenn wir den Knopf zum Ausschalten drücken könnten", so Meadows im Gespräch mit Wissenschaftsredakteur Joachim Müller-Jung, "wäre es zu spät."
Das Interview mit Dennis Meadows ist düster bis in die letzte Zeile. An eine politisch motivierte Energiewende glaubt der desillusionierte Ökonom schon lange nicht mehr: "Jemand muss heute Schmerzen ertragen und Opfer bringen für etwas, von dem ein anderer erst viel später profitiert. Demokratische Systeme sind offensichtlich unfähig, die Menschen zu solchem Verhalten zu mobilisieren." Auch den Verweis auf die Selbstheilungskräfte des Kapitalismus lässt er nicht gelten: "Die grüne Industrie, das ist reine Phantasie", winkt Meadows ab und verweist darauf, dass in Ländern, in denen der Energieverbrauch sinke, auch das Bruttoinlandsprodukt heruntergehe.
Ach so, und der technische Fortschritt? Da kann Dennis Meadows, der als einer der ersten die Entwicklung der Weltwirtschaft mit einem Computer berechnet hat, nur müde lächeln: "Technik hat auch die bisherigen Probleme nicht gelöst. Warum sollte das in Zukunft anders sein?"
Kurzum: Hoffnung war gestern, besser gesagt: vorgestern, in einer Welt, in der harte Männer wie Lemmy noch im Park herumhingen, um mit Bäumen zu plaudern. Wer sich in diesen Tagen auf den drohenden Untergang der Menschheit einstimmen will, kann eines der verteufelt lauten Konzerte der Motörhead-Tournee besuchen – oder dem Rat der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG folgen und sich das neue Album von Scott Walker zu Gemüte führen.
Scott Walker, das ist der Mann, der einst mit den Walker Brothers bekannt wurde – und ihrem Superhit "The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore". Ein Nachtsänger sei er schon damals gewesen, schreibt Joachim Hentschel in der SZ, heute allerdings brächen die Nächte "schockartig" bei Scott Walker ein: "Sie sind leer, kerkerschwarz, geruchlos. Und man weiß nie, wie lange sie dauern werden."
"Bish Bosch" heißt das neue, pechschwarz gestimmte Werk. Der Titel spielt auf Hieronymus Bosch und seine Schreckensgemälde an - und die Musik, so Hentschel, sei so "schmerzhaft" und "steinbrockenartig" wie der "liturgische Gesang eines allerletzten apokalyptischen Gregorianers". Das also ist der Soundtrack unserer Tage: Musik zur Zeit, Musik – zum Ende hin. Die Sonne wird nie wieder scheinen.
Lemmy trinkt viel und ist unter anderem auch als Sammler von Nazi-Devotionalien bekannt. Doch in seiner Jugend war er angeblich ein echtes Blumenkind, das 1967 im Richmond Park in Manchester unter dem Einfluss von halluzinogenen Drogen mit den Bäumen sprach. Ja, es war eine gute Zeit, erklärt Lemmy Felix Mescoli, seinem offensichtlich etwas jüngeren Gesprächspartner von der Tageszeitung DIE WELT: "Das ist das Problem mit Geschichte. Du musst dabei gewesen sein, um sie zu verstehen… Es war wie auf einem anderen Planeten. Es gab mehr Optimismus. Heute" – klagt der Rockmusiker in der WELT – "heute herrschen Pessimismus und Verzweiflung."
Einer, der schuld daran ist, dass wir heute nicht mehr ganz so optimistisch in die Zukunft sehen wie in den Sechzigern, ist der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Dennis Meadows: Anfang der Siebziger warnte er die Menschheit in der Club-of-Rome-Studie "Die Grenzen des Wachstums" vor Umweltverschmutzung und schwindenden Ressourcen. Die Apokalypse wurde zur Naherwartung, gleichzeitig stieg die Sensibilität für den ökologischen Wandel.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG nimmt die Klimakonferenz in Doha jetzt zum Anlass für ein Gespräch mit Meadows. "Wir haben versagt", das ist sein knappes Fazit angesichts der hilflosen Bemühungen der Industriestaaten, die Erderwärmung zu stoppen: "Selbst wenn wir den Knopf zum Ausschalten drücken könnten", so Meadows im Gespräch mit Wissenschaftsredakteur Joachim Müller-Jung, "wäre es zu spät."
Das Interview mit Dennis Meadows ist düster bis in die letzte Zeile. An eine politisch motivierte Energiewende glaubt der desillusionierte Ökonom schon lange nicht mehr: "Jemand muss heute Schmerzen ertragen und Opfer bringen für etwas, von dem ein anderer erst viel später profitiert. Demokratische Systeme sind offensichtlich unfähig, die Menschen zu solchem Verhalten zu mobilisieren." Auch den Verweis auf die Selbstheilungskräfte des Kapitalismus lässt er nicht gelten: "Die grüne Industrie, das ist reine Phantasie", winkt Meadows ab und verweist darauf, dass in Ländern, in denen der Energieverbrauch sinke, auch das Bruttoinlandsprodukt heruntergehe.
Ach so, und der technische Fortschritt? Da kann Dennis Meadows, der als einer der ersten die Entwicklung der Weltwirtschaft mit einem Computer berechnet hat, nur müde lächeln: "Technik hat auch die bisherigen Probleme nicht gelöst. Warum sollte das in Zukunft anders sein?"
Kurzum: Hoffnung war gestern, besser gesagt: vorgestern, in einer Welt, in der harte Männer wie Lemmy noch im Park herumhingen, um mit Bäumen zu plaudern. Wer sich in diesen Tagen auf den drohenden Untergang der Menschheit einstimmen will, kann eines der verteufelt lauten Konzerte der Motörhead-Tournee besuchen – oder dem Rat der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG folgen und sich das neue Album von Scott Walker zu Gemüte führen.
Scott Walker, das ist der Mann, der einst mit den Walker Brothers bekannt wurde – und ihrem Superhit "The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore". Ein Nachtsänger sei er schon damals gewesen, schreibt Joachim Hentschel in der SZ, heute allerdings brächen die Nächte "schockartig" bei Scott Walker ein: "Sie sind leer, kerkerschwarz, geruchlos. Und man weiß nie, wie lange sie dauern werden."
"Bish Bosch" heißt das neue, pechschwarz gestimmte Werk. Der Titel spielt auf Hieronymus Bosch und seine Schreckensgemälde an - und die Musik, so Hentschel, sei so "schmerzhaft" und "steinbrockenartig" wie der "liturgische Gesang eines allerletzten apokalyptischen Gregorianers". Das also ist der Soundtrack unserer Tage: Musik zur Zeit, Musik – zum Ende hin. Die Sonne wird nie wieder scheinen.