Von Klaus Pokatzky

Über die Bankenkrise und ihre Ursachen schreiben die "Neue Zürcher Zeitung", die "Süddeutsche Zeitung" und "Frankfurter Rundschau". Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet über den - vom Glauben an den Propheten abgefallenen - Islamwissenschaftler Muhammad Sven Kalisch.
"Wer bestimmt, was ein Hochschullehrer denkt und schreibt?"

Das fragt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zum "Fall Muhammad Sven Kalisch. "Dem Leiter des Centrums für religiöse Studien an der Universität Münster, Muhammad Sven Kalisch, wollen ja islamische Verbände an den Kragen, die sich im Koordinierungsrat der Muslime (KRM) zusammengefunden haben.

"Der Islamwissenschaftler hat in einigen seiner Arbeiten die These vertreten, für die historische Existenz des Propheten Mohammed gebe es keine wissenschaftlich beweiskräftigen Zeugnisse,"

schreibt Regina Mönch und berichtet von einer "Hetzkampagne gegen den Münsteraner Professor."

An dessen Centrum für religiöse Studien werden auch Lehrer für islamischen Religionsunterricht ausgebildet. Der nordrein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart verkündete bereits, vor der Besetzung einer zweiten Professur in Münster würde ein Votum der islamischen Verbände eingeholt.

"Das ist ein starkes Stück vorauseilenden Gehorsams" protestiert Regina Mönch:

"Es hebelt nicht nur die Autonomie der Universität aus, sondern schafft Präjudizien: Es erhebt das politische Bündnis KRM in den Rang einer anerkannten Religionsgemeinschaft, ohne dies geprüft zu haben."

Inzwischen gibt es bereits einen Solidaritätsaufruf für Muhammad Sven Kalisch von Islamwissenschaftlern aus ganz Europa.

"Die ganze Sache," erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "ist die Schuld der Computer."

Die ganze Sache ist die internationale Bankenkrise, die aus faulen Immobiliendarlehen entstanden ist. Und wie die Immobilienkrise entstanden ist, erklärt uns nun im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN der Schriftsteller Tom Wolfe - nachdem er sich neulich mit einem Banker unterhalten hat, der ihm erzählte, wie vor zwanzig Jahren jede einzelne Hypothek in Papierform noch ganz genau geprüft wurde.

"Heutzutage bekommt man sie auf den Computerschirm, solche Schirme sind von hinten beleuchtet, und nichts ist nervtötender, als auf dem Schirm etwas zu lesen, das langweilig geschrieben und kompliziert ist. Das macht einen irre."

Das ist mal eine originelle Erklärung für eine Wirtschaftskrise, die ansonsten ja eher schwer verständlich ist. Die SÜDDEUTSCHE veröffentlicht auf zwei Zeitungsseiten acht Versuche, die Krise zu erklären. Neben den Computer-Irren des Schriftstellers Tom Wolfe gibt es so auch Erklärungsversuche von Wirtschaftswissenschaftlern - wie von Hersh Shefrin, einem Professor an der Santa Clara University in Kalifornien:

"Die Investoren der Hedge Funds und Investmentbanken waren zu hoffnungsvoll, was steigende Immobilienpreise betraf. Hausbesitzer waren zu optimistisch, was ihre Rückzahlungsfähigkeit betraf. Diese Dreierkombination verdammte uns zum Absturz. Ähnliches ist immer wieder passiert. Jetzt wird Angst einkehren. Aber dann vergessen die Menschen. Sie werden wieder optimistisch. Der Kreislauf beginnt von vorn."

Die Krise ist auch die Stunde des Kabaretts, der Satire - und der Glosse. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU erteilt uns Marcia Pally, Literaturwissenschaftlerin an der New York University, pekuniären Religionsunterricht.

"Schon im Ansatz verlangt Kapitalismus Glauben: Du musst daran glauben, dass deine Anlage aus dem Grabe aufersteht und mit Profiten gen Himmel fährt."

Das alles zusammengenommen verwirrt dann doch: Computerirre, ein ewiger Kreislauf, religiöse Inbrunst vor der Aktie.

"Mein Blick schweift über die vor mir liegende Bergkette."

Das schreibt in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG Philipp M. Hildebrand, der Vizepräsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank. Und so sinniert er über die Krise seiner Bankerkollegen weltweit - und erfreut sich seiner schweizerischen Berge:

"Sie schützen uns vor unseren eigenen Illusionen und Überheblichkeiten, indem sie uns immer wieder eine von Kraft und gleichzeitig von Bescheidenheit geprägte Wertewelt vor Augen führen. "

Und so können Berge Glauben ersetzen.