Von Klaus Pokatzky
Mit vielen Facetten des Fußballs befassen sich die Gazetten. Der Schlagabtausch zwischen den alten Bekannten Günter Netzer und Franz Beckenbauer in der ARD greift die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ auf. Und die “Süddeutsche Zeitung“ wundert sich, dass der als “krank“ gemeldete Bundesinnenminister plötzlich auf der Tribüne beim Spiel Deutschland gegen Portugal jubelt.
"Fußball ist ein bisschen wie Paralympics für alle", lasen wir in einem Interview des Berliner TAGESSPIEGEL. "Man ist freiwillig behindert, denn man darf seine Hände nicht benutzen," sagte der Kabarettist Jürgen Becker.
"Und das setzt sich fort bei der After-Show-Party, wenn Menschen, die eigentlich gar nicht richtig sprechen können, lange Interviews geben müssen."
Das Spiel hat neunzig Minuten – oder manchmal auch länger, wenn fern, fast auf dem Balkan, die Kroaten und die Türken aufeinander schießen. Und der Ball ist rund. "Der Ball ist eckig" heißt hingegen die Medienkolumne des TAGESSPIEGEL zur Fußball-EM, weil die meisten Menschen den Ball schließlich in ihrem eckigen Fernsehkasten sehen.
"Ein EM-Spiel der Deutschen zu verpassen, rangiert auf dem gleichen Niveau wie Silvester vor Mitternacht ins Bett zu gehen,"
schrieb da etwa Verena Friederike Hasel fast im Befehlston für alle Fußballmuffel. "Fußballreporter nerven. Fußballreporter haben keine Ahnung", klagte hingegen Markus Ehrenberg:
"Fußballreporter sind schlecht. Zu selbstverliebt, zu ignorant, zu viel Stammtischphrasen, zu besserwisserisch."
Joachim Huber trat die Fernsehreporter da gleich mit dem Duz-Fuß:
"Bernd, das Brot, ist geil anzusehen, Waldemar, das Weißbier, nicht."
Wie Günter Netzer – "bräsigste Altlast des deutschen Fußballs", so die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG – anzusehen ist, möchten wir hier nicht zu beschreiben versuchen. Es fielen uns da vielleicht bestimmte Hollywood-Schauspielerinnen nach dem siebten Face-Lifting ein.
"Wer wagt es, heute noch einen braunen Anzug zu tragen?","
fragte die BERLINER ZEITUNG in ihrem "Moderatoren-Check". "Günter Netzer", antwortete Anke Westphal. Und weiter:
""Wessen Haarschnitt überdauert jede alberne Mode? Der von Günter Netzer. In einer Welt geradezu charakterlosen Wandels verkörpert dieser Mann das Beständige, ja Ewige. Umzingelt von lauter innen wie außen komplett verchromten Moderatoren von Beckmann bis Kerner bewahrt allein Günter Netzer Würde, indem er ebenso verlässlich wie offensiv ungnädig urteilt."
Wenn dann allerdings Franz Beckenbauer und Günter Netzer vor den ARD-Kameras aufeinander treffen, dann werden alte Rechnungen beglichen, wie wir aus der neuen FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG erfahren:
"Du hättest den Ball früher nicht mal getroffen",
sagte Beckenbauer zu Netzer – und Netzer zu Beckenbauer:
"Du bist doch nicht mal so weit vors Tor gekommen, hast dich ja gar nicht dahin gewagt."
Das ist heiter und verletzt auch nicht, würde Loriot jetzt sagen.
Wir wollen offen gestanden nicht, dass die Türkei Europameister wird, weil wir wochenlang vom Endspiel Deutschland gegen Niederlande träumten – aber erfreulich ist doch, wie viele deutsche Fernseher zum Viertelfinalspiel Türkei gegen Kroatien eingeschaltet waren.
"Die Begegnung wurde durchschnittlich von 15,90 Millionen Zuschauern gesehen","
steht im TAGESSPIEGEL vom Sonntag.
""Das war zugleich ein neuer Bestwert bei Spielen ohne deutsche Beteiligung."
Da dürfen wir nicht vergessen:
"Die Mutter aller symbolischen Schlachten: das Elfmeterschießen","
so die Tageszeitung DIE WELT.
""Es war ein Deutscher, der diese Nerven und Fingernägel zerrüttende Form der Entscheidungsfindung etablierte: der Fußballschiedsrichter Karl Wald","
schrieb Hendrik Werner. "1970 ersann der gelernte Friseur jene Regel, bei deren Vollzug sich Fans die Haare raufen." Und was sind das für Menschen, die sich da die Haare raufen?
""Mag sein, dass in manchen Stadien hierzulande der proletarische Mann noch dominiert – doch seine Zeit ist abgelaufen","
lasen wir in der Wochenzeitung FREITAG."Tatsächlich hat der neue Mittelstand die Stadien erobert", schrieb Mark Terkessidis. Der Fußball hat eben Schichten erobert, die früher nur ein verächtliches Lächeln für ihn übrig hatten.
""Der Fußball ist die Welt der Titanen und logischerweise der Zwerge, und oft dauert es nur 90 Minuten, um vom einen zum anderen zu schrumpfen","
hieß es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, deren Medienkolumne unter dem Motto "Falscher Einwurf" firmiert.
""Was zieht man an bei diesem Event?","
fragte Benjamin Henrichs – der, als er noch Theaterkritiker bei der Wochenzeitung DIE ZEIT war, dort mit seiner Fußballbegeisterung ein viel belächelter Exot war. Heute ist der Fußball unter Intellektuellen angekommen. Und was zieht man nun an, Kollege Henrichs?
""Braucht man nicht unbedingt Deutschlandfahne, Deutschlandmütze und Deutschlandschal?","
fragt der – und hier muss jetzt energisch korrigiert werden. Die Worte "Deutschlandfahne" oder "Deutschlandfähnchen" wollen wir einfach nicht mehr hören. Es sind nämlich keine Fahnen, die wir jetzt aus dem Fenster hängen haben, sondern Flaggen. Weil eine Fahne immer ein Einzelstück ist, das es eben nur ein einziges Mal gibt, während Flaggen beliebig, auch millionenfach kopiert werden, wie unsere deutsche und die niederländische im Fenster – wobei es übrigens eine Ordnungswidrigkeit ist, wenn jemand eine Flagge mit dem deutschen Bundesadler schwenkt. Flaggen mit dem Bundesadler dürfen nur von Bundesinstitutionen verwendet werden – also denen unseres Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble etwa. Der sollte in Potsdam zum Abschluss der "Deutsch-Polnischen Medientage" unter anderem mit dem polnischen Justizminister diskutieren. "Doch Schäuble fehlte", klärte uns DIE WELT auf.":
""‚Der Herr Innenminister bedauere, hier heute nicht teilnehmen zu können. Er ist aus gesundheitlichen Gründen verhindert’, erklärte der Moderator die Abwesenheit des Politikers","
schrieb Jacques Schuster:
""Wenig später bekam man den Kranken doch noch zu sehen; allerdings nicht in Potsdam, sondern in Basel beim Spiel Deutschland gegen Portugal. Schäuble jubelte wie ein Schüler, der gerade seine letzte Abiturprüfung bestanden hat."
Da können wir nur noch Tobias Moorstedt in der SÜDDEUTSCHEN zitieren:
"Das Spiel ist aus, aus, aus."
"Und das setzt sich fort bei der After-Show-Party, wenn Menschen, die eigentlich gar nicht richtig sprechen können, lange Interviews geben müssen."
Das Spiel hat neunzig Minuten – oder manchmal auch länger, wenn fern, fast auf dem Balkan, die Kroaten und die Türken aufeinander schießen. Und der Ball ist rund. "Der Ball ist eckig" heißt hingegen die Medienkolumne des TAGESSPIEGEL zur Fußball-EM, weil die meisten Menschen den Ball schließlich in ihrem eckigen Fernsehkasten sehen.
"Ein EM-Spiel der Deutschen zu verpassen, rangiert auf dem gleichen Niveau wie Silvester vor Mitternacht ins Bett zu gehen,"
schrieb da etwa Verena Friederike Hasel fast im Befehlston für alle Fußballmuffel. "Fußballreporter nerven. Fußballreporter haben keine Ahnung", klagte hingegen Markus Ehrenberg:
"Fußballreporter sind schlecht. Zu selbstverliebt, zu ignorant, zu viel Stammtischphrasen, zu besserwisserisch."
Joachim Huber trat die Fernsehreporter da gleich mit dem Duz-Fuß:
"Bernd, das Brot, ist geil anzusehen, Waldemar, das Weißbier, nicht."
Wie Günter Netzer – "bräsigste Altlast des deutschen Fußballs", so die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG – anzusehen ist, möchten wir hier nicht zu beschreiben versuchen. Es fielen uns da vielleicht bestimmte Hollywood-Schauspielerinnen nach dem siebten Face-Lifting ein.
"Wer wagt es, heute noch einen braunen Anzug zu tragen?","
fragte die BERLINER ZEITUNG in ihrem "Moderatoren-Check". "Günter Netzer", antwortete Anke Westphal. Und weiter:
""Wessen Haarschnitt überdauert jede alberne Mode? Der von Günter Netzer. In einer Welt geradezu charakterlosen Wandels verkörpert dieser Mann das Beständige, ja Ewige. Umzingelt von lauter innen wie außen komplett verchromten Moderatoren von Beckmann bis Kerner bewahrt allein Günter Netzer Würde, indem er ebenso verlässlich wie offensiv ungnädig urteilt."
Wenn dann allerdings Franz Beckenbauer und Günter Netzer vor den ARD-Kameras aufeinander treffen, dann werden alte Rechnungen beglichen, wie wir aus der neuen FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG erfahren:
"Du hättest den Ball früher nicht mal getroffen",
sagte Beckenbauer zu Netzer – und Netzer zu Beckenbauer:
"Du bist doch nicht mal so weit vors Tor gekommen, hast dich ja gar nicht dahin gewagt."
Das ist heiter und verletzt auch nicht, würde Loriot jetzt sagen.
Wir wollen offen gestanden nicht, dass die Türkei Europameister wird, weil wir wochenlang vom Endspiel Deutschland gegen Niederlande träumten – aber erfreulich ist doch, wie viele deutsche Fernseher zum Viertelfinalspiel Türkei gegen Kroatien eingeschaltet waren.
"Die Begegnung wurde durchschnittlich von 15,90 Millionen Zuschauern gesehen","
steht im TAGESSPIEGEL vom Sonntag.
""Das war zugleich ein neuer Bestwert bei Spielen ohne deutsche Beteiligung."
Da dürfen wir nicht vergessen:
"Die Mutter aller symbolischen Schlachten: das Elfmeterschießen","
so die Tageszeitung DIE WELT.
""Es war ein Deutscher, der diese Nerven und Fingernägel zerrüttende Form der Entscheidungsfindung etablierte: der Fußballschiedsrichter Karl Wald","
schrieb Hendrik Werner. "1970 ersann der gelernte Friseur jene Regel, bei deren Vollzug sich Fans die Haare raufen." Und was sind das für Menschen, die sich da die Haare raufen?
""Mag sein, dass in manchen Stadien hierzulande der proletarische Mann noch dominiert – doch seine Zeit ist abgelaufen","
lasen wir in der Wochenzeitung FREITAG."Tatsächlich hat der neue Mittelstand die Stadien erobert", schrieb Mark Terkessidis. Der Fußball hat eben Schichten erobert, die früher nur ein verächtliches Lächeln für ihn übrig hatten.
""Der Fußball ist die Welt der Titanen und logischerweise der Zwerge, und oft dauert es nur 90 Minuten, um vom einen zum anderen zu schrumpfen","
hieß es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, deren Medienkolumne unter dem Motto "Falscher Einwurf" firmiert.
""Was zieht man an bei diesem Event?","
fragte Benjamin Henrichs – der, als er noch Theaterkritiker bei der Wochenzeitung DIE ZEIT war, dort mit seiner Fußballbegeisterung ein viel belächelter Exot war. Heute ist der Fußball unter Intellektuellen angekommen. Und was zieht man nun an, Kollege Henrichs?
""Braucht man nicht unbedingt Deutschlandfahne, Deutschlandmütze und Deutschlandschal?","
fragt der – und hier muss jetzt energisch korrigiert werden. Die Worte "Deutschlandfahne" oder "Deutschlandfähnchen" wollen wir einfach nicht mehr hören. Es sind nämlich keine Fahnen, die wir jetzt aus dem Fenster hängen haben, sondern Flaggen. Weil eine Fahne immer ein Einzelstück ist, das es eben nur ein einziges Mal gibt, während Flaggen beliebig, auch millionenfach kopiert werden, wie unsere deutsche und die niederländische im Fenster – wobei es übrigens eine Ordnungswidrigkeit ist, wenn jemand eine Flagge mit dem deutschen Bundesadler schwenkt. Flaggen mit dem Bundesadler dürfen nur von Bundesinstitutionen verwendet werden – also denen unseres Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble etwa. Der sollte in Potsdam zum Abschluss der "Deutsch-Polnischen Medientage" unter anderem mit dem polnischen Justizminister diskutieren. "Doch Schäuble fehlte", klärte uns DIE WELT auf.":
""‚Der Herr Innenminister bedauere, hier heute nicht teilnehmen zu können. Er ist aus gesundheitlichen Gründen verhindert’, erklärte der Moderator die Abwesenheit des Politikers","
schrieb Jacques Schuster:
""Wenig später bekam man den Kranken doch noch zu sehen; allerdings nicht in Potsdam, sondern in Basel beim Spiel Deutschland gegen Portugal. Schäuble jubelte wie ein Schüler, der gerade seine letzte Abiturprüfung bestanden hat."
Da können wir nur noch Tobias Moorstedt in der SÜDDEUTSCHEN zitieren:
"Das Spiel ist aus, aus, aus."