Von Klaus Pokatzky
"Liechtenstein schlägt zurück", schreibt der "Tagesspiegel" angesichts der Weigerung des Kleinstaates, einer Münchener Ausstellung Leihgaben zur Verfügung zu stellen. Währenddessen beschäfigt die "Süddeutsche Zeitung" die Frage, was passieren kann, wenn eine Frau einen Mann als "Bürohengst" bezeichnet.
"Die Intendantin des Celler Schlosstheaters Karin H. Veit ist wegen einer Beleidigung fristlos entlassen worden."
Das entnahmen wir der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"In einer Diskussion über eine vorübergehende Schließung des Theaters wegen Sanierungsarbeiten hatte sie den Vorsitzenden des Theatervereins Christian Burchard als "Bürohengst" bezeichnet."
Fristlos entlassen wegen des Wörtleins Bürohengst! Hätte die Intendantin politisch korrekt von Bürohengst Schrägstrich Bürostute sprechen sollen? So leicht kann hierzulande beleidigt werden. Deutschland ist ein Rechtsstaat, Deutschland ist ein Rechtsmittelstaat. Das ist deutsch.
"Was ist schweizerisch?", fragte uns da die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, die zu diesem Thema in der kommenden Woche eine große Serie beginnt - und stellte schon mal "einen interessanten Katalog aus Eigenschaften zusammen, die den homo helveticus definieren könnten: Neugier, Genauigkeit, das Verhaltene, die Modestie, Misstrauen, viel Vorsicht, ein bedeckter Humor, Geschäftssinn, Ehrgeiz, Arbeitswut, früher auch - wie es hieß - Gottesfurcht."
Wir greifen uns hier nicht die Modestie, die Bescheidenheit, heraus, sondern aus aktuellem Anlass natürlich den Geschäftssinn. Und schon sind wir beim schweizerischen Winznachbarn, ein paar Banktresore von Zürich entfernt.
"Liechtenstein schlägt zurück", lasen wir im Berliner TAGESSPIEGEL:
"Offensichtlich aus Ärger über die Vorwürfe wegen der Steueraffäre hat das Fürstenhaus Liechtenstein eine in München geplante Ausstellung mit Stücken aus seiner Sammlung abgesagt."
Das war ein Freudenfest fürs Feuilleton. Liechtenstein, dessen Staatsgebiet noch nicht mal ein Fünftel und dessen Einwohner ein Hundertstel von Berlin ausmachen, sagt uns den Kampf an. Da könnte man uns ja gleich als Bürohengste bezeichnen.
"Die fürstliche Retourkutschfahrt hat den Beigeschmack des Billigen", meinte die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Und die Tageszeitung DIE WELT griff in die historische Beispielkiste: "Solche Pressionen sind im Kunstbetrieb, der sich gern als weltverbindend und völkerversöhnend geriert, allerdings nicht neu"", schrieb Peter Dittmar:
"Ägypten versuchte wiederholt seine begehrten Altertümer als politischen Hebel zu benutzen. Die DDR praktizierte einst Ähnliches mit demonstrativen Ausleihen und Verweigerungen."
Liechtenstein auf einer Ebene mit Ägypten und der alten DDR. Liechtenstein, dessen Armee 1868 abgeschafft wurde, weil sie zu teuer war - und das von jeder Besatzung einer Berliner Polizeiwache im Sturm erobert werden könnte. Aber das fürstliche Haus verfügt eben über Kunst als Waffe; was der europäische Hochadel so im Laufe der Jahrhunderte gesammelt und gehortet hat.
"Man fühlt sich in Vaduz nicht ertappt. Man fühlt sich angegriffen", schrieb Andrian Kreye in der SÜDDEUTSCHEN zum Streit um die Stiftungskonten - und zitierte Liechtensteins stellvertretenden Regierungschef und Justizminister Klaus Tschütscher:
"Wir sind nicht Entenhausen"."
Entenhausen, das militärisch vom Fähnlein Fieselschweif unter Tick, Trick und Track Duck verteidigt wird, und in dem der bekannte Fantastilliardär Dagobert Duck lebt.
"Museen gehören nicht in den Bereich der Politik. Und wenn es dort blitzt und donnert, sollte in der Kulturszene immer noch die Sonne scheinen."
Das sagt im Interview mit dem neuen SPIEGEL der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Reinhold Baumstark, der ab Mai die Ausstellung "Wiener Malerei des Biedermeie" mit fürstlich von und zu liechtensteinischen Leihgaben präsentieren wollte. Und dann macht er Hoffnung für die Kunstinteressierten und droht uns anderen damit, dass dieses schöne Thema wieder aus den Feuilletons verschwinden könnte:
"Ich gehe fest davon aus, dass es keine endgültige Absage ist. Ich empfange auch Signale aus Liechtenstein, dass die Schau noch Ende dieses Jahres oder im kommenden Frühjahr nachgeholt werden könnte."
Reinhold Baumstark hat übrigens vor seiner Münchner Zeit auf Schloss Vaduz die private Kunstsammlung von Fürst Franz Josef II. geleitet.
"Was ist falsch daran, ein Muslim zu sein?", fragte im Interview der SÜDDEUTSCHEN Geert Mak - und holt uns damit in die rauen Niederungen der europäischen Politik zurück:
"Auch in den Niederlanden dreht die Diskussion sich zunehmend um Religion. Der Islam wird für alle möglichen gesellschaftlichen Missstände verantwortlich gemacht. Das ist gefährlich. Da wird eine ganze Religion verdammt."
Der niederländische Journalist und Schriftsteller Geert Mak erhielt nun auf der Leipziger Buchmesse den Buchpreis für Europäische Verständigung. Er ist ein Jahr lang mit einem Kleinbus durch Europa gefahren und hat dabei für jede Ausgabe seiner Zeitung ein Feuilleton geschrieben. Weltläufigkeit gepaart mit Heimatliebe, speziell zur friesischen Heimat.
"Letzte Woche war ich in meinem Ort", erzählt Geert Mak über seinen Geburtsort Vlaardingen, wo er heute noch ein Haus hat:
"Da sitze ich in der Dorfkneipe und rede mit fünf Bauern, die ich alle gut kenne. Wir unterhalten uns über Obama. Diese Bauern sind schon mehrmals in Amerika gewesen. Einer hat einen Sohn, der studiert in Ottawa. Die Daten aus dem Kuhstall seines Vaters werden automatisch auf seinen Computer in Ottawa überspielt. Neulich war der Bauer schon am Gehen, da ruft der Sohn ihn an und sagt: die dritte Zitze einer Kuh sei offenbar entzündet, der Vater möge umkehren und sich das Tier ansehen."
Das ist die Globalisierung, wie wir sie uns wünschen. Das Dörflein als mediales Weltdorf.
"Die in unseren Tagen am weitesten verbreitete Anwendung der Redekunst ist die Schriftstellerei."
Das lasen wir hoch erfreut in der SÜDDEUTSCHEN, die zur Leipziger Buchmesse einen Text von Adam Müller abdruckte. "Der deutsche Patriot hat seine stille Freude darüber, daß überhaupt geschrieben wird", notierte der Philosoph und Diplomat Adam Müller darin schon 1812, "und daß der und der wackre und würdige Gelehrte nicht feire: kurz er hat eine allgemeine, väterliche Freude an der literarischen Geschäftigkeit." Aber ein Bürohengst ist er nicht, der deutsche Patriot, Ihr Liechtensteiner!
Das entnahmen wir der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"In einer Diskussion über eine vorübergehende Schließung des Theaters wegen Sanierungsarbeiten hatte sie den Vorsitzenden des Theatervereins Christian Burchard als "Bürohengst" bezeichnet."
Fristlos entlassen wegen des Wörtleins Bürohengst! Hätte die Intendantin politisch korrekt von Bürohengst Schrägstrich Bürostute sprechen sollen? So leicht kann hierzulande beleidigt werden. Deutschland ist ein Rechtsstaat, Deutschland ist ein Rechtsmittelstaat. Das ist deutsch.
"Was ist schweizerisch?", fragte uns da die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, die zu diesem Thema in der kommenden Woche eine große Serie beginnt - und stellte schon mal "einen interessanten Katalog aus Eigenschaften zusammen, die den homo helveticus definieren könnten: Neugier, Genauigkeit, das Verhaltene, die Modestie, Misstrauen, viel Vorsicht, ein bedeckter Humor, Geschäftssinn, Ehrgeiz, Arbeitswut, früher auch - wie es hieß - Gottesfurcht."
Wir greifen uns hier nicht die Modestie, die Bescheidenheit, heraus, sondern aus aktuellem Anlass natürlich den Geschäftssinn. Und schon sind wir beim schweizerischen Winznachbarn, ein paar Banktresore von Zürich entfernt.
"Liechtenstein schlägt zurück", lasen wir im Berliner TAGESSPIEGEL:
"Offensichtlich aus Ärger über die Vorwürfe wegen der Steueraffäre hat das Fürstenhaus Liechtenstein eine in München geplante Ausstellung mit Stücken aus seiner Sammlung abgesagt."
Das war ein Freudenfest fürs Feuilleton. Liechtenstein, dessen Staatsgebiet noch nicht mal ein Fünftel und dessen Einwohner ein Hundertstel von Berlin ausmachen, sagt uns den Kampf an. Da könnte man uns ja gleich als Bürohengste bezeichnen.
"Die fürstliche Retourkutschfahrt hat den Beigeschmack des Billigen", meinte die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Und die Tageszeitung DIE WELT griff in die historische Beispielkiste: "Solche Pressionen sind im Kunstbetrieb, der sich gern als weltverbindend und völkerversöhnend geriert, allerdings nicht neu"", schrieb Peter Dittmar:
"Ägypten versuchte wiederholt seine begehrten Altertümer als politischen Hebel zu benutzen. Die DDR praktizierte einst Ähnliches mit demonstrativen Ausleihen und Verweigerungen."
Liechtenstein auf einer Ebene mit Ägypten und der alten DDR. Liechtenstein, dessen Armee 1868 abgeschafft wurde, weil sie zu teuer war - und das von jeder Besatzung einer Berliner Polizeiwache im Sturm erobert werden könnte. Aber das fürstliche Haus verfügt eben über Kunst als Waffe; was der europäische Hochadel so im Laufe der Jahrhunderte gesammelt und gehortet hat.
"Man fühlt sich in Vaduz nicht ertappt. Man fühlt sich angegriffen", schrieb Andrian Kreye in der SÜDDEUTSCHEN zum Streit um die Stiftungskonten - und zitierte Liechtensteins stellvertretenden Regierungschef und Justizminister Klaus Tschütscher:
"Wir sind nicht Entenhausen"."
Entenhausen, das militärisch vom Fähnlein Fieselschweif unter Tick, Trick und Track Duck verteidigt wird, und in dem der bekannte Fantastilliardär Dagobert Duck lebt.
"Museen gehören nicht in den Bereich der Politik. Und wenn es dort blitzt und donnert, sollte in der Kulturszene immer noch die Sonne scheinen."
Das sagt im Interview mit dem neuen SPIEGEL der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Reinhold Baumstark, der ab Mai die Ausstellung "Wiener Malerei des Biedermeie" mit fürstlich von und zu liechtensteinischen Leihgaben präsentieren wollte. Und dann macht er Hoffnung für die Kunstinteressierten und droht uns anderen damit, dass dieses schöne Thema wieder aus den Feuilletons verschwinden könnte:
"Ich gehe fest davon aus, dass es keine endgültige Absage ist. Ich empfange auch Signale aus Liechtenstein, dass die Schau noch Ende dieses Jahres oder im kommenden Frühjahr nachgeholt werden könnte."
Reinhold Baumstark hat übrigens vor seiner Münchner Zeit auf Schloss Vaduz die private Kunstsammlung von Fürst Franz Josef II. geleitet.
"Was ist falsch daran, ein Muslim zu sein?", fragte im Interview der SÜDDEUTSCHEN Geert Mak - und holt uns damit in die rauen Niederungen der europäischen Politik zurück:
"Auch in den Niederlanden dreht die Diskussion sich zunehmend um Religion. Der Islam wird für alle möglichen gesellschaftlichen Missstände verantwortlich gemacht. Das ist gefährlich. Da wird eine ganze Religion verdammt."
Der niederländische Journalist und Schriftsteller Geert Mak erhielt nun auf der Leipziger Buchmesse den Buchpreis für Europäische Verständigung. Er ist ein Jahr lang mit einem Kleinbus durch Europa gefahren und hat dabei für jede Ausgabe seiner Zeitung ein Feuilleton geschrieben. Weltläufigkeit gepaart mit Heimatliebe, speziell zur friesischen Heimat.
"Letzte Woche war ich in meinem Ort", erzählt Geert Mak über seinen Geburtsort Vlaardingen, wo er heute noch ein Haus hat:
"Da sitze ich in der Dorfkneipe und rede mit fünf Bauern, die ich alle gut kenne. Wir unterhalten uns über Obama. Diese Bauern sind schon mehrmals in Amerika gewesen. Einer hat einen Sohn, der studiert in Ottawa. Die Daten aus dem Kuhstall seines Vaters werden automatisch auf seinen Computer in Ottawa überspielt. Neulich war der Bauer schon am Gehen, da ruft der Sohn ihn an und sagt: die dritte Zitze einer Kuh sei offenbar entzündet, der Vater möge umkehren und sich das Tier ansehen."
Das ist die Globalisierung, wie wir sie uns wünschen. Das Dörflein als mediales Weltdorf.
"Die in unseren Tagen am weitesten verbreitete Anwendung der Redekunst ist die Schriftstellerei."
Das lasen wir hoch erfreut in der SÜDDEUTSCHEN, die zur Leipziger Buchmesse einen Text von Adam Müller abdruckte. "Der deutsche Patriot hat seine stille Freude darüber, daß überhaupt geschrieben wird", notierte der Philosoph und Diplomat Adam Müller darin schon 1812, "und daß der und der wackre und würdige Gelehrte nicht feire: kurz er hat eine allgemeine, väterliche Freude an der literarischen Geschäftigkeit." Aber ein Bürohengst ist er nicht, der deutsche Patriot, Ihr Liechtensteiner!