Von Klaus Pokatzky

29.01.2008
Die Feuilletons beschäftigen sich mit dem Warnstreik der Kommunal- und Staatsorchester. "Der Tagesspiegel" nimmt die RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" auseinander. Die "NZZ" schreibt, die Liebesgeschichte zwischen Frankreichs Präsident Sarkozy und Carla Bruni folge einer "Seifenopern-Dramaturgie".
" Die deutschen Kommunal- und Staatsorchester haben gestern mit ihren angekündigten 15-minütigen Warnstreiks begonnen. "

Das erfahren wir aus dem Berliner TAGESSPIEGEL.

" Die Musiker protestieren gegen die Abkopplung ihrer Gehälter von der Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes. "

Nun sind Künstler bekanntlich per se sehr eitle Zeitgenossen und wir können nur hoffen, dass jetzt nicht ein monatelanges öffentliches Gezerre über die Bühnen geht wie zwischen dem Bahnchef und dem obersten Lokomotivführer – vielleicht sind an den beiden ja auch nur grandiose Künstler verloren gegangen. Wir blicken mit der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG in die Musikgeschichte und ihre Gewerkschaftskämpfe.

" Haydn hatte es mit den heimwehgeschüttelten Musikern seiner Kapelle am Hof des Fürsten Nikolaus Esterházy seinerzeit vorgemacht, als er im Schlusssatz seiner "Abschiedsymphonie" einen Musiker nach dem anderen abgehen ließ, bis nurmehr zwei, in ein gedämpftes Duett versunkene Violinisten auf dem Podium zurückblieben, "

schreibt Julia Spinola.

" Der kunstsinnige Fürst verstand - und gewährte den Musikern den längst überfälligen Urlaub. Das waren noch Zeiten! "

Ja, das waren die schönen Zeiten der Monarchie mit ihren kunstsinnigen Fürsten und Gräflein.

" Den Kandidaten scheint nichts peinlich zu sein. "

Das lesen wir im TAGESSPIEGEL über zeitgemäße Musikrituale – über die Castingshow des Fernsehsenders RTL "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS).

" Die "DSDS"-Casting-Sendungen sind ein Ringelreihen der Peinlichkeiten, " schreibt Yoko Rückerl.

" Kandidaten quietschen in schrägem Englisch "Ei belief ei kän flei", sie treten in rosa Trainingsanzügen, Mönchskutten, mit Schwimmflügeln oder gleich mit Mutti im Schlepptau an. "

Es fragt sich aber auch hier, wie so oft bei bestimmten Fernsehshows, wer eigentlich das Allerpeinlichste dabei ist: die Selbstdarsteller oder das Publikum im Studio, die sechs Millionen Zuschauer zu Hause vor dem Fernseher – oder in diesem Falle die Jury um Dieter Bohlen.

" Nach ihren talentfreien Auftritten werden Teilnehmer erst von der Jury als "Vollschwuchtel", "Wildschwein" oder "Katastrophe" bezeichnet, anschließend in unzähligen Internetforen verspottet, "

meint Yoko Rückerl im TAGESSPIEGEL und lässt sich vom WDR-Moderator Jürgen Domian erklären, warum sich das Menschen antun:

"Die Sehnsucht, nach oben zu kommen, sich von der Masse abzuheben, ein Star zu sein, ist tief im Menschen verwurzelt. Das hat eine Zaubersogwirkung."

Kaiser Joseph der Zweite aus dem Hause Habsburg, der zu Zeiten von Haydns "Abschiedsymphonie" herrschte, und der als rabiat-aufgeklärter Geist die Folter abschaffte, hätte solches Treiben nicht geduldet.

"Seifenopern-Dramaturgie", lesen wir in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG zu einem anderen, einem präsidialen Akt der "Kalkulierten Selbstinszenierung" – wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sich und seine neue singende Lebensgefährtin feiern lässt, mit der eine "erstmals zu sehende Figur aufgetaucht" sei: "die der offiziellen Lebensgefährtin", wie Marc Zitzmann schreibt.

" Die Episoden, in denen diese bisher auftrat, könnte man «Schneewittchen und der Zwerg in Disneyland», «In den Bosketten von Versailles», «Kleiner Tod auf dem Nil» und «Bollywoodscher Eiertanz» überschreiben. "

Ein Boskett – es sei allen gesagt, die ihren Fremdwörter-Duden gerade nicht in der Hand halten – ein Boskett ist ein Lustwäldchen. Und das weist uns zurück in jene Zeiten, da die Höflinge und Höflinginnen der französischen Könige sich hinter Büschen und Bäumchen verlustierten.

"Späte Entschuldigung", ist eine Meldung aus der NEUEN ZÜRCHER überschrieben.

" Israel will sich bei den Beatles für die Absage eines vor 43 Jahren geplanten Konzerts im Heiligen Land offiziell entschuldigen. Der Auftritt wurde 1965 auf Druck israelischer Politiker abgesagt. Diese befürchteten, die Rockgruppe könnte die Jugend moralisch verderben. "

Walter Ulbricht und manche bundesdeutschen Politiker können sich nicht mehr entschuldigen. Yeah, Yeah, Yeah.