Von Klaus Pokatzky
Die "Süddeutsche Zeitung" stimmt ein "Lob der Schraube" an fragt, weshalb Deutsche nicht mehr Dreher und Bohrer sein wollen. Die Feuilletons zeigen sich empört über die Reaktionen auf die Hetzjagd auf acht Inder im sächsischen Mügeln. Außerdem wird diskutiert, weshalb der Rapper Bushido mit seinen umstrittenen Texten zu einem Konzert gegen Gewalt an Schulen eingeladen wurde.
"Das Land braucht Techniker, aber die Deutschen wollen keine Dreher und Bohrer mehr sein."
Das lasen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG – die ein "Lob der Schraube" anstimmte. "Es gehört zur spröden Poesie der Schraube", schrieb Christopher Schmidt, "dass sie eines der wenigen Dinge ist, die unendlich sind in einer von Endlichkeiten beherrschten Welt, dass man bei ihr weiß, 'um was es sich dreht'." Zur harten Prosa in diesen Zeiten gehört aber auch, dass den einstigen Weltmeistern im Erfinden und Tüfteln, den Deutschen, die Ingenieure und die Techniker ausgehen. "Eine Studie rechnet vor, dass der großen Exportnation zehntausende Fachkräfte fehlen", schrieb Johan Schloemann in der SÜDDEUTSCHEN:
"In Sachsen, berichtet eine andere Studie, läuft es zwar rund, da lebt er noch, der technische Tüftelgeist, aber insgesamt reicht es nicht."
Was in Sachsen noch so lebt und feiert und prügelt, setzte fast wie auf Knopfdruck eine Medienwelle in Gang, die es auch nicht alle Tage gibt. "Zum Beispiel Mügeln", schreibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG Peter Richter:
"Dann kommen wieder die Kamerateams aus den großen Städten, mit ihren langen Haaren und den dreisten Fragen, und die Omas räumen ihre Wäsche von der Stange und äugen hinter den Gardinen hervor."
Wie sächsische Politiker die Jagd auf acht Inder als so eine Art sächsisches Brauchtum bei Volksfesten präsentierten und der Bürgermeister von Mügeln erklärte, ausländerfeindliche Sprüche könnten "jedem mal über die Lippen kommen" – entsetzte das Feuilleton. "Jemand, der, wie Georg Milbradt", schrieb in der SÜDDEUTSCHEN Thomas Steinfeld über den sächsischen Ministerpräsidenten, "jemand, der, wie Georg Milbradt erst einmal ermitteln lassen will, ob sich hinter dem exklusiven Verprügeln von acht Indern durch fünfzig Deutsche rassistische Motive verbergen, bevor er dieses Unternehmen tatsächlich für praktizierten Rassismus hält, wird es in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus nicht weit bringen." Wie auf Knopfdruck reagierte auch die Bundespolitik. Rasch wurden wieder Gelder freigemacht für Antinazi-Projekte, die man besser vorher erst gar nicht gestrichen hätte; beklagt wurde, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland leide – schließlich wissen ja alle, dass ausgerechnet Indien eine der großen Nationen der Zukunft ist: und brauchen wir nicht heute schon händeringend indische Ingenieure? "Mit Warnungen von Politikern, hier verspiele Sachsen 'Standortvorteile', können viele Mügelner wenig anfangen", meinte in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Regina Mönch, eine unserer klugen Kolleginnen aus dem Osten:
"Mügeln hat keine Standortvorteile, dafür viele Arbeitslose, deren Anteil nicht sinken will. Denn alle Jungen, die etwas vom Leben erwarten, so sehen es die Einheimischen, packen nach der Schulzeit die Koffer und ziehen fort."
Und dann wies Regina Mönch auf das Vakuum hin, dass die demokratischen Parteien an vielen Orten den Rechten überlassen – nicht nur, wenn Gelder für Antinazi-Projekte gestrichen werden, bis zum nächsten Mügel.
"Es ist bekannt, dass die rechtsradikale Szene nicht nur Sprüche klopft und ihre Prügelhorden trainiert; sie füllt auch viele ganz alltägliche Lücken, veranstaltet Kinderfeste und Ferienlager. Dem kann man nicht nur mit Ächtung, Empörung und Polizei begegnen, dem muss man etwas Konkretes entgegensetzen: andere Kinderfeste und Freizeitangebote."
Auch Peter Richter gehört zu unseren klugen Kollegen aus dem Osten – und sieht irritiert, wie auch linke Politiker wie Oskar Lafontaine mit seinem Reden von den "Fremdarbeitern" Wasser auf ausländerfeindliche Mühlen gießen. "Ausgerechnet linke Politiker", schreibt Peter Richter in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG, "raten ab von dem Einzigen, was die kleine sächsische Stadt eventuell retten könnte: Zuzug von Ausländern."
Und von welcher Neonazi-Band stammt folgender Liedtext, den die Tageszeitung DIE WELT abdruckte? "Berlin wird wieder hart, denn wir verkloppen jede Schwuchtel / Du Nutte kannst nach Hause gehen / Ab jetzt ist es Hardcore, du Opfer." Der schwulenfeindliche Text stammt von keiner Neonaziband, sondern von dem Deutsch-Tunesier Anis Mohamed Ferchichi, "der sich mit dem Kampfnamen Bushido und seinem Gewalt eher lobenden HipHop unter Schülern einer rätselhaften Zuneigung erfreut", wie in der WELT Michael Pilz schrieb. Dass Bushido zu den Musikern gehört, die die Jugendzeitschrift "Bravo" zu einem Konzert gegen Gewalt an Schulen einlud, dass jetzt am Samstag über die Bühne am Brandenburger Tor ging, machte nicht nur DIE WELT fassungslos. Es scheine, als habe sich "Bravo" "den Brandstifter gleich mit ins Haus geholt", schrieb Sebastian Handke im Berliner TAGESSPIEGEL über Bushido und den Bruotalo-Rap der Einwandererkinder, mit dem jetzt unsere Musikkonzerne gewaltigen Umsatz machen:
"Wenn jetzt der Straßenschmutz seinen Weg ins Kinderzimmer findet, dann kommt er nicht mehr aus der Bronx, sondern aus Tempelhof, Neukölln und Märkischem Viertel."
Die BERLINER ZEITUNG zitierte den Bravo-Chefredakteur Tom Junkersdorf:
"Wenn Bushido etwas Strafbares rappen würde, wäre das ein Fall für die Gerichte. Aber kein einziger Titel von ihm ist verboten!"
Das bezeichnete Jens Balzer in der BERLINER ZEITUNG als "gelogen" und beschrieb detailliert, wie das Landgericht Berlin die Verbreitung einer Bushido-CD untersagte,
"weil Bushido in einem Song darauf die Ex-Freundin eines konkurrierenden Rappers namentlich und in ausgesprochen widerwärtiger Weise beleidigt hat. Und: Unter anderem weil er frühere strafbare Beleidigungen über die junge Frau noch einmal in der Bravo wiederholt hat, muss sich Bushido am kommenden Freitag in einem zivilrechtlichen Schmerzensgeldverfahren vor dem Landgericht Hamburg verantworten – und mit ihm die Bravo, die ihm das Forum dafür bot. Ein mutmaßlicher Straftäter und seine journalistischen Komplizen: sind das die rechten Lehrer für eine Schule ohne Gewalt?"
Man könnte ja auch die Dorfschläger von Mügeln beim nächsten deutsch-indischen Freundschaftsfest als Saalordner einsetzen.
Das lasen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG – die ein "Lob der Schraube" anstimmte. "Es gehört zur spröden Poesie der Schraube", schrieb Christopher Schmidt, "dass sie eines der wenigen Dinge ist, die unendlich sind in einer von Endlichkeiten beherrschten Welt, dass man bei ihr weiß, 'um was es sich dreht'." Zur harten Prosa in diesen Zeiten gehört aber auch, dass den einstigen Weltmeistern im Erfinden und Tüfteln, den Deutschen, die Ingenieure und die Techniker ausgehen. "Eine Studie rechnet vor, dass der großen Exportnation zehntausende Fachkräfte fehlen", schrieb Johan Schloemann in der SÜDDEUTSCHEN:
"In Sachsen, berichtet eine andere Studie, läuft es zwar rund, da lebt er noch, der technische Tüftelgeist, aber insgesamt reicht es nicht."
Was in Sachsen noch so lebt und feiert und prügelt, setzte fast wie auf Knopfdruck eine Medienwelle in Gang, die es auch nicht alle Tage gibt. "Zum Beispiel Mügeln", schreibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG Peter Richter:
"Dann kommen wieder die Kamerateams aus den großen Städten, mit ihren langen Haaren und den dreisten Fragen, und die Omas räumen ihre Wäsche von der Stange und äugen hinter den Gardinen hervor."
Wie sächsische Politiker die Jagd auf acht Inder als so eine Art sächsisches Brauchtum bei Volksfesten präsentierten und der Bürgermeister von Mügeln erklärte, ausländerfeindliche Sprüche könnten "jedem mal über die Lippen kommen" – entsetzte das Feuilleton. "Jemand, der, wie Georg Milbradt", schrieb in der SÜDDEUTSCHEN Thomas Steinfeld über den sächsischen Ministerpräsidenten, "jemand, der, wie Georg Milbradt erst einmal ermitteln lassen will, ob sich hinter dem exklusiven Verprügeln von acht Indern durch fünfzig Deutsche rassistische Motive verbergen, bevor er dieses Unternehmen tatsächlich für praktizierten Rassismus hält, wird es in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus nicht weit bringen." Wie auf Knopfdruck reagierte auch die Bundespolitik. Rasch wurden wieder Gelder freigemacht für Antinazi-Projekte, die man besser vorher erst gar nicht gestrichen hätte; beklagt wurde, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland leide – schließlich wissen ja alle, dass ausgerechnet Indien eine der großen Nationen der Zukunft ist: und brauchen wir nicht heute schon händeringend indische Ingenieure? "Mit Warnungen von Politikern, hier verspiele Sachsen 'Standortvorteile', können viele Mügelner wenig anfangen", meinte in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Regina Mönch, eine unserer klugen Kolleginnen aus dem Osten:
"Mügeln hat keine Standortvorteile, dafür viele Arbeitslose, deren Anteil nicht sinken will. Denn alle Jungen, die etwas vom Leben erwarten, so sehen es die Einheimischen, packen nach der Schulzeit die Koffer und ziehen fort."
Und dann wies Regina Mönch auf das Vakuum hin, dass die demokratischen Parteien an vielen Orten den Rechten überlassen – nicht nur, wenn Gelder für Antinazi-Projekte gestrichen werden, bis zum nächsten Mügel.
"Es ist bekannt, dass die rechtsradikale Szene nicht nur Sprüche klopft und ihre Prügelhorden trainiert; sie füllt auch viele ganz alltägliche Lücken, veranstaltet Kinderfeste und Ferienlager. Dem kann man nicht nur mit Ächtung, Empörung und Polizei begegnen, dem muss man etwas Konkretes entgegensetzen: andere Kinderfeste und Freizeitangebote."
Auch Peter Richter gehört zu unseren klugen Kollegen aus dem Osten – und sieht irritiert, wie auch linke Politiker wie Oskar Lafontaine mit seinem Reden von den "Fremdarbeitern" Wasser auf ausländerfeindliche Mühlen gießen. "Ausgerechnet linke Politiker", schreibt Peter Richter in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG, "raten ab von dem Einzigen, was die kleine sächsische Stadt eventuell retten könnte: Zuzug von Ausländern."
Und von welcher Neonazi-Band stammt folgender Liedtext, den die Tageszeitung DIE WELT abdruckte? "Berlin wird wieder hart, denn wir verkloppen jede Schwuchtel / Du Nutte kannst nach Hause gehen / Ab jetzt ist es Hardcore, du Opfer." Der schwulenfeindliche Text stammt von keiner Neonaziband, sondern von dem Deutsch-Tunesier Anis Mohamed Ferchichi, "der sich mit dem Kampfnamen Bushido und seinem Gewalt eher lobenden HipHop unter Schülern einer rätselhaften Zuneigung erfreut", wie in der WELT Michael Pilz schrieb. Dass Bushido zu den Musikern gehört, die die Jugendzeitschrift "Bravo" zu einem Konzert gegen Gewalt an Schulen einlud, dass jetzt am Samstag über die Bühne am Brandenburger Tor ging, machte nicht nur DIE WELT fassungslos. Es scheine, als habe sich "Bravo" "den Brandstifter gleich mit ins Haus geholt", schrieb Sebastian Handke im Berliner TAGESSPIEGEL über Bushido und den Bruotalo-Rap der Einwandererkinder, mit dem jetzt unsere Musikkonzerne gewaltigen Umsatz machen:
"Wenn jetzt der Straßenschmutz seinen Weg ins Kinderzimmer findet, dann kommt er nicht mehr aus der Bronx, sondern aus Tempelhof, Neukölln und Märkischem Viertel."
Die BERLINER ZEITUNG zitierte den Bravo-Chefredakteur Tom Junkersdorf:
"Wenn Bushido etwas Strafbares rappen würde, wäre das ein Fall für die Gerichte. Aber kein einziger Titel von ihm ist verboten!"
Das bezeichnete Jens Balzer in der BERLINER ZEITUNG als "gelogen" und beschrieb detailliert, wie das Landgericht Berlin die Verbreitung einer Bushido-CD untersagte,
"weil Bushido in einem Song darauf die Ex-Freundin eines konkurrierenden Rappers namentlich und in ausgesprochen widerwärtiger Weise beleidigt hat. Und: Unter anderem weil er frühere strafbare Beleidigungen über die junge Frau noch einmal in der Bravo wiederholt hat, muss sich Bushido am kommenden Freitag in einem zivilrechtlichen Schmerzensgeldverfahren vor dem Landgericht Hamburg verantworten – und mit ihm die Bravo, die ihm das Forum dafür bot. Ein mutmaßlicher Straftäter und seine journalistischen Komplizen: sind das die rechten Lehrer für eine Schule ohne Gewalt?"
Man könnte ja auch die Dorfschläger von Mügeln beim nächsten deutsch-indischen Freundschaftsfest als Saalordner einsetzen.