Von Klaus Pokatzky
Mehrere Blätter berichten darüber, wie die Erhebung Salman Rushdies in den Ritterstand umgehend durch Mullahs instrumentalisiert wurde, andere Feuilletons werfen im Zusammenhang mit dem EU-Gipfel einen Blick auf die polnischen Kaczynski-Brüder, und der "Tagesspiegel" bat verschiedene Autoren, etwas zum Abschied von "Sabine Christiansen" zu schreiben.
"Ritter treten nie nach; das verbietet ihnen die eigene Würde wie auch jene des Gegners."
Die Tageszeitung DIE WELT klärte uns über die Tugenden des Ritters im Mittelalter auf:
"Diemüete (Demut), milte (Freigiebigkeit), staete (Beständigkeit), güete (Freundlichkeit) und manheit (Tapferkeit)."
So fasste Hendrik Werner das Grundgesetz der ritterlichen Fairness zusammen –
"Eigenschaften, von denen sich heutige Vertreter des Geldadels wie der Orgienfinanzier Peter Hartz, der unverantwortliche Pleitier Jürgen Schneider, der zynische Victory-Fingerer Josef Ackermann wohl nie einen Begriff gemacht haben."
Und nicht nur die.
"Wir werden alle noch staunen, wie die Mullahs diese neue Rushdie-Geschichte zu ihren Zwecken instrumentalisieren."
Das sagte im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG der indische Schriftsteller Kiran Nagarkar – nachdem der indisch-britische Schriftsteller Salman Rushdie durch Königin Elisabeth II. mit der Erhebung in den Ritterstand geehrt worden war und die Mullahs und nicht nur die das umgehend zu ihren Zwecken instrumentalisierten. Vor allem in Pakistan und im Iran.
"In Lahore spektakelte eine wütende Menge auf der Straße und verbrannte ein Elizabeth-Bild, die iranische Zeitung Dschumhuri Eslami nannte die Queen eine alte Ziege,"
schrieb Harald Jähner in der BERLINER ZEITUNG – und wie die islamische Menge zum wütenden Spektakeln gebracht wird, ob im pakistanischen Lahore oder anderswo, erfuhren wir aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Einige hundert jüngere Männer, Bildnisse des jüngsten Sünders in der Hand, stehen herum, unterhalten sich, nehmen fotokopierte Zettel mit aufhetzenden Tiraden entgegen, rufen von Zeit zu Zeit einen Slogan aus und warten offensichtlich auf einen Startschuss. Zwischen ihnen bewegen sich zielstrebig einige pompöse Organisatoren, die man an den Handys am Ohr erkennt."
Das schrieben Ranjit Hoskoté und Ilija Trojanow aus offensichtlicher Augenzeugenschaft:
"Dann tauchen die Fernsehkameras auf, und die Männer verwandeln sich in wütende Furien, dirigiert von den Rädelsführern mit den Handys, sie schreien sich mit verzerrten Gesichtern die Seele aus dem Leib, sie setzen die Bildnisse in Brand, bevor sie auf ihnen herumtrampeln. Kaum sind die Kameras verschwunden, beruhigt sich der Volkszorn wieder, und die Männer gehen bald darauf auseinander, um irgendwo einen Tee zu trinken, in Erwartung des nächsten Kampfaufrufes. Sie zählen die Münzen, die man ihnen zugesteckt hat - ihr einziger Tagesverdienst. Der öffentliche Zorn ist so groß wie der Fernsehbildschirm."
Mittlerweile aber wurde der Aufruf des früheren iranischen Revolutionsführers Ajatollah Chomeini zur Tötung vom Salman Rushdie, die Fatwa, nun von einem anderen führenden iranischen Geistlichen, dem Ajatollah Chatami, erneuert – und deutsche Schriftsteller und Verleger haben sich mit Sir Salman solidarisiert:
"Wenn Salman Rushdie gedroht wird, wird jedem Schriftsteller gedroht","
zitierte etwa der Berliner TAGESSPIEGEL aus den Agenturmeldungen. Und im neuen SPIEGEL zitiert Henryk M. Broder in seinem Beitrag zur Causa Rushdie die "liberale Muslima" Irshad Manji, die als Autorin in Kanada lebt, wo Elisabeth II. Staatsoberhaupt ist:
""Salman Rushdie ist nicht das Problem. Die Muslime selbst sind es."
Wir Europäer lösen unsere Probleme auf unsere Weise. Etwa mit dem Ringen um die Quadratwurzelpolitik zur Berechnung des europäischen Stimmgewichts des "knuffigen Brüderpaars Kaczynski aus dem schönen Polen," wie die FRANKFURTER ALLGEMEINE die beiden nannte.
"Polen ist zurzeit der Schauplatz des Siegeszuges einer religiös fundierten, radikalen Rechten,"
schrieb in der Tageszeitung TAZ der polnische Literaturkritiker Igor Stokfiszewski:
"Manchmal denke ich, Polen ist die letzte Warnung vor den Dämonen des Nationalismus, die in ganz Europa am dämmrigen Rand der Demokratie lauern."
Zugleich aber beschrieb Igor Stokfiszewski, welche Debatten, provoziert durch das "knuffige Brüderpaar Kaczynski", seit Monaten "von linken Intellektuellen aus Kultur und Politik" in den größten polnischen Zeitungen geführt werden – und zwar nicht nur in liberalen oder liberal-katholischen, sondern auch regierungsfreundlichen Blättern.
"Ich träume davon," schrieb Igor Stokfiszewski, "dass unsere westlichen Freunde - Schriftsteller, Künstler, Politiker, Intellektuelle - uns in unserem Kampf gegen eine Regierung unterstützen, die auf die Freiheit pfeift, eine Sprache von Hass und Rache spricht und historische Wunden aufreißt."
Noch ist Polen nicht verloren.
"Wenn ich einmal richtig unglücklich bin," sagt im Interview mit dem druckfrischen TAGESSPIEGEL der Journalist Henryk M. Broder, dem jetzt am Sonntag der Ludwig-Börne-Preis verliehen wird, "wenn ich einmal richtig unglücklich bin, dann denke ich daran, dass meine Eltern mit mir vor 50 Jahren Polen verlassen haben, und daran, was ich alles nicht erlebt hätte, wenn wir in Polen geblieben wären. Und schon breitet sich ein Gefühl von Glück aus."
Glück und Harmonie breiten auch die Autoren aus, die der TAGESSPIEGEL gebeten hat, sich von Sabine Christiansen und ihrem "politischen Talk" zu verabschieden, der jetzt am Sonntag Abend das letzte Mal talkend politisiert.
"Alle reden zugleich, aber selten miteinander, und jeder vermeidet klare Botschaften,"
schreibt etwa die Politik-und Unternehmensberaterin Gertrud Höhler:
"Der gnadenlose Realismus dieser Spiegelung ergab sich aus Sabines Laissez-faire."
Und der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Thierse meint:
"Da ist die Aussicht eher gering, dass Argumente sachlich und differenziert und ausführlich ausgetauscht werden. Da zählt eher die gute schnelle Pointe und das freundliche, sympathische Gesicht."
Und leider, fügen wir hinzu, zählt da nicht der drohende Satz von Karl Kraus, den Henryk M. Broder im TAGESSPIEGEL-Interview zitiert: "Mein Herr, wenn Sie nicht schweigen, werde ich Sie zitieren."
Die Tageszeitung DIE WELT klärte uns über die Tugenden des Ritters im Mittelalter auf:
"Diemüete (Demut), milte (Freigiebigkeit), staete (Beständigkeit), güete (Freundlichkeit) und manheit (Tapferkeit)."
So fasste Hendrik Werner das Grundgesetz der ritterlichen Fairness zusammen –
"Eigenschaften, von denen sich heutige Vertreter des Geldadels wie der Orgienfinanzier Peter Hartz, der unverantwortliche Pleitier Jürgen Schneider, der zynische Victory-Fingerer Josef Ackermann wohl nie einen Begriff gemacht haben."
Und nicht nur die.
"Wir werden alle noch staunen, wie die Mullahs diese neue Rushdie-Geschichte zu ihren Zwecken instrumentalisieren."
Das sagte im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG der indische Schriftsteller Kiran Nagarkar – nachdem der indisch-britische Schriftsteller Salman Rushdie durch Königin Elisabeth II. mit der Erhebung in den Ritterstand geehrt worden war und die Mullahs und nicht nur die das umgehend zu ihren Zwecken instrumentalisierten. Vor allem in Pakistan und im Iran.
"In Lahore spektakelte eine wütende Menge auf der Straße und verbrannte ein Elizabeth-Bild, die iranische Zeitung Dschumhuri Eslami nannte die Queen eine alte Ziege,"
schrieb Harald Jähner in der BERLINER ZEITUNG – und wie die islamische Menge zum wütenden Spektakeln gebracht wird, ob im pakistanischen Lahore oder anderswo, erfuhren wir aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Einige hundert jüngere Männer, Bildnisse des jüngsten Sünders in der Hand, stehen herum, unterhalten sich, nehmen fotokopierte Zettel mit aufhetzenden Tiraden entgegen, rufen von Zeit zu Zeit einen Slogan aus und warten offensichtlich auf einen Startschuss. Zwischen ihnen bewegen sich zielstrebig einige pompöse Organisatoren, die man an den Handys am Ohr erkennt."
Das schrieben Ranjit Hoskoté und Ilija Trojanow aus offensichtlicher Augenzeugenschaft:
"Dann tauchen die Fernsehkameras auf, und die Männer verwandeln sich in wütende Furien, dirigiert von den Rädelsführern mit den Handys, sie schreien sich mit verzerrten Gesichtern die Seele aus dem Leib, sie setzen die Bildnisse in Brand, bevor sie auf ihnen herumtrampeln. Kaum sind die Kameras verschwunden, beruhigt sich der Volkszorn wieder, und die Männer gehen bald darauf auseinander, um irgendwo einen Tee zu trinken, in Erwartung des nächsten Kampfaufrufes. Sie zählen die Münzen, die man ihnen zugesteckt hat - ihr einziger Tagesverdienst. Der öffentliche Zorn ist so groß wie der Fernsehbildschirm."
Mittlerweile aber wurde der Aufruf des früheren iranischen Revolutionsführers Ajatollah Chomeini zur Tötung vom Salman Rushdie, die Fatwa, nun von einem anderen führenden iranischen Geistlichen, dem Ajatollah Chatami, erneuert – und deutsche Schriftsteller und Verleger haben sich mit Sir Salman solidarisiert:
"Wenn Salman Rushdie gedroht wird, wird jedem Schriftsteller gedroht","
zitierte etwa der Berliner TAGESSPIEGEL aus den Agenturmeldungen. Und im neuen SPIEGEL zitiert Henryk M. Broder in seinem Beitrag zur Causa Rushdie die "liberale Muslima" Irshad Manji, die als Autorin in Kanada lebt, wo Elisabeth II. Staatsoberhaupt ist:
""Salman Rushdie ist nicht das Problem. Die Muslime selbst sind es."
Wir Europäer lösen unsere Probleme auf unsere Weise. Etwa mit dem Ringen um die Quadratwurzelpolitik zur Berechnung des europäischen Stimmgewichts des "knuffigen Brüderpaars Kaczynski aus dem schönen Polen," wie die FRANKFURTER ALLGEMEINE die beiden nannte.
"Polen ist zurzeit der Schauplatz des Siegeszuges einer religiös fundierten, radikalen Rechten,"
schrieb in der Tageszeitung TAZ der polnische Literaturkritiker Igor Stokfiszewski:
"Manchmal denke ich, Polen ist die letzte Warnung vor den Dämonen des Nationalismus, die in ganz Europa am dämmrigen Rand der Demokratie lauern."
Zugleich aber beschrieb Igor Stokfiszewski, welche Debatten, provoziert durch das "knuffige Brüderpaar Kaczynski", seit Monaten "von linken Intellektuellen aus Kultur und Politik" in den größten polnischen Zeitungen geführt werden – und zwar nicht nur in liberalen oder liberal-katholischen, sondern auch regierungsfreundlichen Blättern.
"Ich träume davon," schrieb Igor Stokfiszewski, "dass unsere westlichen Freunde - Schriftsteller, Künstler, Politiker, Intellektuelle - uns in unserem Kampf gegen eine Regierung unterstützen, die auf die Freiheit pfeift, eine Sprache von Hass und Rache spricht und historische Wunden aufreißt."
Noch ist Polen nicht verloren.
"Wenn ich einmal richtig unglücklich bin," sagt im Interview mit dem druckfrischen TAGESSPIEGEL der Journalist Henryk M. Broder, dem jetzt am Sonntag der Ludwig-Börne-Preis verliehen wird, "wenn ich einmal richtig unglücklich bin, dann denke ich daran, dass meine Eltern mit mir vor 50 Jahren Polen verlassen haben, und daran, was ich alles nicht erlebt hätte, wenn wir in Polen geblieben wären. Und schon breitet sich ein Gefühl von Glück aus."
Glück und Harmonie breiten auch die Autoren aus, die der TAGESSPIEGEL gebeten hat, sich von Sabine Christiansen und ihrem "politischen Talk" zu verabschieden, der jetzt am Sonntag Abend das letzte Mal talkend politisiert.
"Alle reden zugleich, aber selten miteinander, und jeder vermeidet klare Botschaften,"
schreibt etwa die Politik-und Unternehmensberaterin Gertrud Höhler:
"Der gnadenlose Realismus dieser Spiegelung ergab sich aus Sabines Laissez-faire."
Und der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Thierse meint:
"Da ist die Aussicht eher gering, dass Argumente sachlich und differenziert und ausführlich ausgetauscht werden. Da zählt eher die gute schnelle Pointe und das freundliche, sympathische Gesicht."
Und leider, fügen wir hinzu, zählt da nicht der drohende Satz von Karl Kraus, den Henryk M. Broder im TAGESSPIEGEL-Interview zitiert: "Mein Herr, wenn Sie nicht schweigen, werde ich Sie zitieren."