Von Klaus Pokatzky

"Die Welt" meldet, dass Regisseur Dieter Wedel die CSU-Politkrise verfilmen will, außerdem befasst sich das Blatt mit den zwiespältigen Beziehungen von Literaturnobelpreisträger Günter Grass mit der "FAZ". Diese Zeitung wiederum berichtet von den starken Sprüchen Dieter Bohlens bei der Show "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS).
"Das Leben könnte einfacher sein, hielten wir es wie der Süßwasserpolyp Hydra."

Diesen Lebenstipp gab uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Aus dem Körper des Elterntieres wächst eine Knospe, die schnürt sich ab und wird ein eigener kleiner Polyp."

Merke: Hydra vermehrt sich ungeschlechtlich. Das Leben könnte einfacher sein.

"Regisseur Dieter Wedel ("Der große Bellheim") will die Politkrise um den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und die CSU verfilmen."

Das teilte uns DIE WELT mit. Und aus der Tageszeitung TAZ erfuhren wir, dass es dem zu verfilmenden bayerischen Noch-Ministerpräsidenten so schlecht denn doch nicht zu gehen scheint:

"Auf dem deutschen Filmball am vergangenen Wochenende stahl er den SchauspielerInnen gar die Show und tanzte mit Ehefrau und später dann mit Veronika Ferres, mancherorts auch als blonder Mops bekannt, bis in den frühen Morgen."

Das Leben kann so einfach sein. Das Leben kann so schön sein. Etwa für die FRANKFURTER ALLGEMEINE, die uns dieses mitteilte:

"Bei dem Wettbewerb ‚European Newspaper Award’ für vorbildliches Zeitungsdesign hat das Feuilleton dieser Zeitung in der Kategorie ‚Beilagen’ den ‚Award of Excellence’ für die Gestaltung der Günter-Grass-Hochglanzbeilage gewonnen, in der wir Auszüge aus der Autobiographie ‚Beim Häuten der Zwiebel’ abgedruckt haben, die der Schriftsteller mit eigenen, exklusiv für diese Zeitung angefertigten Zeichnungen illustriert hatte."

Das Leben kann so bitter sein, etwa für die FRANKFURTER ALLGEMEINE die uns dieses mitteilte:

"Das Berliner Landgericht hat dieser Zeitung die weitere Veröffentlichung von Briefen des Schriftstellers Günter Grass an den ehemaligen Bundeswirtschaftminister Karl Schiller untersagt."

Das eigenartige Verhältnis zwischen jener Zeitung, also der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, und dem Literaturnobelpreisträger Günter Grass erinnert durchaus ein wenig an die Beziehungen christlich-bayerischer Parteipolitiker untereinander. Was für die einen die Steigerung Freund, Feind, Parteifreund, ist für die anderen Freund, Feind, Medienpartner. Am Ende sieht man sich vor Gericht.

"Die ‚FAZ’ hatte zwei Briefe von Grass an Schiller aus den Jahren 1969 und 1970 abgedruckt," schrieb DIE WELT: "Darin hatte der im SPD-Wahlkampf aktive Grass den Sozialdemokraten Schiller aufgefordert, seine NS-Vergangenheit offen zu legen."

Die Briefe fand ein Politologe im Bundesarchiv bei Arbeiten für seine Dissertation über Karl Schiller und leitete sie an die FRANKFURTER ALLGEMEINE weiter. Die druckte sie im Oktober fast vollständig ab als interessante Ergänzung zum Waffen-SS-Outing Grassens in dieser Zeitung. Es wird erwartet, dass die FRANKFURTER ALLGEMEINE nun vor den Bundesgerichtshof ziehen wird.

"Eine Hitler-Oper fehlt noch. Eine Operette über den ‚Führer’ ebenfalls. Und ein Hitler-Ballett."

Das befand die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG angesichts eines komischen Führers in Film, Theater und Comic, der in anderen Ländern ja keine unbedingt neue Erscheinung ist. Über wen etwa können Briten herzhafter lachen? "Dürfen nun etwa auch die Deutschen an Hitler ihren Spass haben?", fragte Joachim Güntner in der NEUEN ZÜRCHER:

"Filmtheoretiker erkennen einen Wandel der Abbildungs-Tabus; Historiker lesen das Amüsement der vornehmlich jungen Zuschauer als Indiz der Ferne, in welche Hitler gerückt ist: Dass seine Rhetorik und Erscheinung einst die Massen in Bann schlugen, können popkulturell geprägte Nachgeborene nimmermehr nachvollziehen."

Die popkulturell geprägten Nachgeborenen haben ja ohnehin so ihren ganz eigenen Humor. "Das Biest ist weg, aber der Streit geht weiter", hieß es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zu einem Fernsehereignis der besonderen Pop-Art, das nicht nur die britische Insel spaltet, sondern auch zu politischen Spannungen zwischen dem Vereinigten Königreich und Indien geführt hat:

"Mehr als 80 Prozent der Zuschauer wählten Jade Goody, die Drittklassen-Celebrity mit dem Charme eines Fischweibes und den Ansichten eines Skinheads, aus dem britischen Big-Brother-Haus,"

schrieb Wolfgang Koydl über diesen Triumph einer anderen Bewohnerin des britischen Big-Brother-Hauses, der indischen Filmschauspielerin Shilpa Shetty, die von Mitbewohnern dieser popkulturellen Wohngemeinschaft wegen ihres Akzentes, ihrer Hautfarbe und ihrer Essgewohnheiten verunglimpft worden war.

"Von Ignoranz und Bigotterie strotzenden Obszönitäten gegenüber einer indischen Bollywood-Diva, der anmutigen und hochkultivierten Shilpa Shetty,"

schrieb in der WELT Thomas Kielinger. Man könnte natürlich auch ganz naiv fragen: Wie kommt eigentlich eine hochkultivierte Zeitgenossin dazu, sich freiwillig in ein Big-Brother-Haus einsperren zu lassen? Doch, warum in die Ferne schweifen, wenn das Schlechte liegt so nah?

"Von Dieter Bohlen, dem Musiker und Jurymitglied bei der Show ‚Deutschland sucht den Superstar’ (DSDS), stammt das Zitat: ‚Ich sage das, was ich denke. Und deshalb habe ich keine Probleme mit mir.’"

Das lasen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, die genüsslich wiedergab, was Dieter Bohlen zu den Möchtegern-Superstars erst denkt und dann sagt – oder ja vielleicht auch erst sagt, und dann denkt:

"’Damit kannst du Kakerlaken ins Koma singen’ oder ‚Es gibt auf der ganzen Welt keine Maschine, die messen kann, wie schlecht du warst.’"

Das könnte nun Folgen haben für den Superstar-Sender RTL.

"Die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten hat ein Prüfverfahren gegen RTL wegen möglicher sozialethischer Desorientierung von Kindern und Jugendlichen eingeleitet,"

lasen wir im Berliner TAGESSPIEGEL, der den Kommissionsvorsitzenden Wolf-Dieter Ring zitierte: "Beleidigungen und Bloßstellungen der Kandidaten sowie unterstes Sprachniveau kennzeichnen die Kommentare von Jurymitglied Dieter Bohlen."

Es gibt da ja ganz einfache Rezepte, etwa von Wolfgang Menge, dem Altmeister der gehobenen Fernsehunterhaltung, der im Interview mit der WELT erklärte, was er macht, anstatt sich zuviel vor dem Fernseher aufzuhalten:

"Ich gehe früh ins Bett."
Das Leben kann so einfach sein.