Von Klaus Pokatzky

Der Berliner "Tagesspiegel" beschäftigt sich mit der Neuregelung der EU-Fernsehrichtlinie zur Produktplatzierung. In derselben Zeitung wundert sich Politiktalkerin Maybrit Illner, dass die ARD Günther Jauch als Nachfolger von Sabine Christiansen einstellen will. Die Feuilletons beschäftigen sich auch mit dem geplanten "Christiansen"-Gast, dem Schachweltmeister Garri Kasparow, der, wie es offiziell hieß, "Aus technischen Gründen" habe abgeschaltet werden müssen.
" Weiterhin Tabuzonen für Produktplatzierung sollen Nachrichten, Kinderprogramme wie die "Sesamstraße", Dokumentarfilme und Ratgeber-Beiträge sein. "

Das lesen wir im Berliner TAGESSPIEGEL über die Neuregelung der EU-Fernsehrichtlinie, die das Europäische Parlament am Mittwoch in erster Lesung beschlossen hat. Man könnte das Ganze auch eine legalisierte Schleichwerbung der allerschleichendsten Art nennen.

" Danach sollen die umstrittenen Produktplatzierungen bei Sport und leichter Unterhaltung, in Filmen und Serien bei entsprechender Kennzeichnung – alle 20 Minuten ein neutrales Logo – künftig erlaubt sein, "

heißt es im TAGESSPIEGEL:

" Allerdings darf das Produkt "nicht übermäßig hervorgehoben werden und der Zuschauer darf auch nicht zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen aufgefordert werden". "

Der Kulturpresseschauer vom Dienst garantiert der geneigten Hörerschaft für alle Zeiten: Hier werden auch in Zukunft nur Produkte der gedruckten Medien empfohlen - für den etwaigen Kauf, die Ausleihe bei Freunden oder fürs unentgeltliche Mitlesen bei Sitznachbarn in Bus, U-, S- und Straßenbahn.

" ZDF-Politiktalkerin Maybrit Illner zeigt sich verwundert über die Personalpolitik beim Konkurrenzsender ARD wegen der Einstellung von RTL-Star Günther Jauch als Moderator. "

Auch das lesen wir im TAGESSPIEGEL über das zähe Ringen der ARD, Günther Jauch als Nachfolger von Sabine Christiansen aus dem privaten Fernsehen ins öffentlich-rechtliche zu holen. Das kann teuer werden – und deshalb werden wir in der ARD in Zukunft wahrscheinlich jede Menge Produktplatzierungen sehen. Und was sagte Maybrit Illner der Illustrierten "Stern", mit dessen stern-tv Günther Jauch erste größere Prominenz erreichte, zur möglichen Nachfolge von Sabine Christiansen?

"Zunächst mal lese ich daraus, dass ein Sender mit neun Landesanstalten in seinen eigenen Reihen keinen Christiansen-Erben findet. Da pflegt das ZDF seine Marken besser."

Wir könnten auch fragen: Ist es wirklich so schwer, ausgerechnet Sabine Christiansen zu ersetzen?

" Für unklug und kurzsichtig hält der frühere Schachweltmeister und Bürgerrechtler Garri Kasparow die Entscheidung der ARD-Sendung "Christiansen" am vergangenen Sonntag durch die Auswahl der Gäste - etwa seine Ausladung, deren wahrer Grund umstritten ist - Kritik an Putins Politik zu reduzieren. "

So steht es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG nach einem Moskauer Gespräch mit Garri Kasparow und nachdem der, Kritiker des lupenrein demokratischen Präsidenten Wladimir Putin, aus der letzten Christiansen-Sendung wieder ausgeladen worden war – auf Druck des russischen Botschafters in Berlin, wie einige Feuilletons gemeint hatten. Wie übrigens auch der der frühere ARD-Korrespondent in Moskau Klaus Bednarz. Offiziell hieß es, Kasparow habe "Aus technischen Gründen" abgeschaltet werden müssen – und statt für Klaus Bednarz habe man sich lieber für eine Frau entschieden.

" Die Wahl fiel auf Gabriele Krone-Schmalz, "

schrieb die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG dazu:

" Die frühere Moskau-Korrespondentin der ARD geißelt die Kritik deutscher Medien an Wladimir Putin oft und gern als "undifferenziert"."

Nun geißelte auf jeden Fall der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung im Auswärtigen Amt, Günter Nooke von der CDU, die Ausladungspraxis in einem Brief an die ARD –

" woraufhin ihm der "Christiansen"-Redaktionschef Michael Cramer in einem geharnischten Brief vorhält, er habe sich offenbar nicht kundig gemacht, will heißen: sich nicht an Christiansens Firma gewendet, "

steht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN:

" Denn dann hätte er erfahren, so Kramer, daß weder Bednarz noch Kasparow "auf Wunsch des Botschafters" ausgeladen worden seien. Auch sei die Sendung ausgewogen besetzt gewesen. "

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Günter Nooke kennt eben noch nicht die Gepflogenheiten unseres öffentlich-rechtlichen Fernsehens: Wo ARD draufsteht, ist eben im Zweifelsfalle eine private Produktionsfirma drin – demnächst ja vielleicht eine von Günther Jauch. Wir brauchen dringend mehr Produktplatzierung.