Von Klaus Pokatzky
"Der Spiegel" hat die Pinguine entdeckt und macht einen "Hohlspiegel" durch einen "Tippfehler" erst richtig dazu. Weiter befassen sich verschiedene Zeitungen mit dem Streit um den Suhrkamp-Verlag; "Die Zeit" widmet sich dem Berliner Busfahrer.
"Die Pinguine sind unter uns."
Das ruft uns in ihrer druckfrischen Ausgabe die Hamburger illustrierte Zeitschrift DER SPIEGEL zu.
"Eine Serie neuer Filme stilisiert den scheinbar so possierlichen Antarktisbewohner zum engsten Verwandten des Menschen",
schreibt Lars-Olav Beier: "Pinguine sind faul, geil und pervers." Früher, als DER SPIEGEL noch ein politisches Nachrichtenmagazin war, hat er auch schon immer in unschöner Regelmäßigkeit trendige Geschichten – oft aus dem Nichts – nach dem Strickmuster "immer mehr" gebracht: Immer mehr Männer sind dick; immer mehr Frauen bekommen immer weniger Kinder. Solche Aussagen stimmen schließlich immer.
Damals wurden die "Geschichten", die auch redaktionsintern so genannt wurden, aber noch nicht mit den Autorennamen unterzeichnet, sondern waren grundsätzlich anonym – von wenigen Starreportern abgesehen, deren Artikel mit Namen gezeichnet waren. Manchmal sehnt man sich nach diesen Zeiten zurück.
"Im juxarmen Hamburg hat sich ausgerechnet der Spiegel zum Karneval-Saisonstart als heißer Anwärter für den ‚Orden wider den tierischen Ernst’ empfohlen."
Das lasen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG über eine andere Leistung des Hamburger Blattes, "das gerne über die Fehler anderer frotzelt", und das "in seiner beliebten Rubrik ‚Hohlspiegel’ doch tatsächlich aus einem gewissen Tierischen Volksfreund" zitiert habe. Tatsächlich druckte DER SPIEGEL immer schon im "Hohlspiegel" skurrile Ausrutscher aus dem deutschen Blätterwald nach – in der letzten Ausgabe also aus einem Bericht über "einen Gerichtsstreit, einen vermeintlichen Faustschlag des Angeklagten und das Glasauge, das der Nebenkläger dabei verloren hatte", wie die SÜDDEUTSCHE zusammenfasste:
"Dumm nur, dass die Geschichte in der Nähe von Trier spielte, und dort der Trierische Volksfreund erscheint. Ein fehlendes "r", laut Spiegel ein ‚Tippfehler’, macht den journalistischen Missgriff erst richtig reif für den "Hohlspiegel". Da müsse man drüberstehen, heißt es zu dieser Sache aus der Chefredaktion der Trierer Lokalzeitung – Fehler kämen, wie besagtes Beispiel ja gleich zweimal zeige, in den besten Familien vor."
Ceterum censeo: Als der SPIEGEL noch ein politisches Nachrichtenmagazin war, gab es bei ihm grundsätzlich keine "Tippfehler", dafür aber eine funktionierende, strenge Dokumentation.
Aber Unterhaltung kann der SPIEGEL gut.
"Die Verlegerin ist eine öffentliche Figur. Schwarze Locken, rotgeschminkte Lippen, graue Tunika. Sie war früher am Theater, spielte für Peymann und Zadek."
So steht es in der SPIEGEL-Geschichte zum Streit um den Suhrkamp-Verlag, der sich in der zurückliegenden Woche durch die Feuilletons mäanderte. Die Verlegerin ist natürlich Ulla Unseld-Berkéwicz, Witwe der Suhrkampverleger-Legende Siegfried Unseld, die nun von den beiden Hamburger Unternehmern Claus Grossner und Hans Barlach als neue Minderheitsgesellschafter bedroht wird.
"Grossner ist in der Hansestadt seit Jahrzehnten als Premierendauergast und hartnäckiger Salonlöwe bekannt. Sein Geld, so wird gesagt, mache der umtriebige Netzwerker als Investmentbanker",
schreiben im SPIEGEL Verena Araghi und Malte Herwig: "Er gibt es für Kunst, Kultur und Soireen in seiner Elbvilla aus." Das alles hätte so auch in der Bunten stehen können, als die noch eine lesenswerte Illustrierte war.
"Die Fronten im aktuellen Suhrkamp-Fall sind inzwischen klar aufgestellt, die Folgen des Zwistes noch nicht abzusehen",
schreibt im Berliner TAGESSPIEGEL vom Sonntag Gerrit Bartels und verzichtet bei der Erwähnung der Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz gänzlich auf Haarfarbe und Lippenschminke:
"Sie will den Suhrkamp Verlag als ultimativen Hort des Geistes erhalten und sieht in der Welt draußen gern einmal die Kultur vor die Hunde gehen – nur sprechen ihr nicht nur ihre erklärten Feinde die Befähigung ab, einen solchen Verlag zu leiten, sondern auch wohlmeinende Kritiker schauen skeptisch auf die Entwicklung des Verlages und den Führungsstil von Unseld-Berkéwicz in den vergangenen vier Jahren."
Und dann gibt es im TAGESSPIEGEL noch einige Sätze dazu, "Warum ein Streit in diesem Verlag interessanter ist als bei anderen Häusern":
"Suhrkamp ist eben kein Verlag wie jeder andere. Er ist der Verlag, der drei Jahrzehnte die Geistesgeschichte der Bundesrepublik mitgeprägt hat, nach dem gleich eine ganze Kultur benannt wurde: die Suhrkamp-Kultur."
Und in der SÜDDEUTSCHEN erhob ein schwerstgewichtiger Suhrkamp-Autor das Wort: "Hier soll sich ein Bubenstück vollziehen", meinte der Soziologe Ulrich Beck mit "Zornesröte im Gesicht": "So nicht! Hände weg!" Und:
"Hier geht es um eine intellektuelle Schlüsselinstitution dieser Republik. Siegfried Unseld hat den Suhrkamp Verlag zu dem gemacht, was er immer noch ist: ein Hort der Kritik und der Weltliteratur in einem Deutschland, das um seine Rolle und ein weltoffenes Selbstverständnis nach der moralischen Katastrophe ringt."
Abschließend der Kulturpresseschau-Tipp für alle Berlin-Touristen, die immer noch nicht wissen, dass diese Stadt östlich der Elbe liegt, also da, wo für Konrad Adenauer die Steppe begann – gewöhnungsbedürftige Umgangsformen eingeschlossen, was der Ureinwohner an der Spree gerne mit dem Begriff "Berliner Schnauze" enthusiastisch verharmlost.
"Seit Cervantes’ Roman Don Quijote will die Klage nicht verstummen, die moderne Welt biete dem Normalbürger keine Abenteuer und stelle sein Schicksal nicht mehr auf die Probe."
So begann die Glosse "Das Letzte" in der Wochenzeitung DIE ZEIT über eine besonders gewöhnungsbedürftige Spezies: den Busfahrer des Berliner Nahverkehrsunternehmens BVG, der dem Normalbürger jede Menge Abenteuer bietet und seine Geduld auf jede Probe stellt. Etwa, wenn ein fahrplanmäßiger Bus einfach nicht erscheinen will.
"Stellen Sie den Fahrer des nachfolgenden Busses freundlich zur Rede," empfiehlt DIE ZEIT, "und fragen Sie ihn nach dem Grund. ‚Keene Ahnung. Wat weeß ick.’ Diese Antwort bitte nicht notieren, sie ist ortsüblich. Anders bei: ‚Wenn Se pünktlich ankommen wollen, müssen Se zu Fuß gehen.’"
Das machen Pinguine schließlich auch. Immer mehr und immer öfter.
Das ruft uns in ihrer druckfrischen Ausgabe die Hamburger illustrierte Zeitschrift DER SPIEGEL zu.
"Eine Serie neuer Filme stilisiert den scheinbar so possierlichen Antarktisbewohner zum engsten Verwandten des Menschen",
schreibt Lars-Olav Beier: "Pinguine sind faul, geil und pervers." Früher, als DER SPIEGEL noch ein politisches Nachrichtenmagazin war, hat er auch schon immer in unschöner Regelmäßigkeit trendige Geschichten – oft aus dem Nichts – nach dem Strickmuster "immer mehr" gebracht: Immer mehr Männer sind dick; immer mehr Frauen bekommen immer weniger Kinder. Solche Aussagen stimmen schließlich immer.
Damals wurden die "Geschichten", die auch redaktionsintern so genannt wurden, aber noch nicht mit den Autorennamen unterzeichnet, sondern waren grundsätzlich anonym – von wenigen Starreportern abgesehen, deren Artikel mit Namen gezeichnet waren. Manchmal sehnt man sich nach diesen Zeiten zurück.
"Im juxarmen Hamburg hat sich ausgerechnet der Spiegel zum Karneval-Saisonstart als heißer Anwärter für den ‚Orden wider den tierischen Ernst’ empfohlen."
Das lasen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG über eine andere Leistung des Hamburger Blattes, "das gerne über die Fehler anderer frotzelt", und das "in seiner beliebten Rubrik ‚Hohlspiegel’ doch tatsächlich aus einem gewissen Tierischen Volksfreund" zitiert habe. Tatsächlich druckte DER SPIEGEL immer schon im "Hohlspiegel" skurrile Ausrutscher aus dem deutschen Blätterwald nach – in der letzten Ausgabe also aus einem Bericht über "einen Gerichtsstreit, einen vermeintlichen Faustschlag des Angeklagten und das Glasauge, das der Nebenkläger dabei verloren hatte", wie die SÜDDEUTSCHE zusammenfasste:
"Dumm nur, dass die Geschichte in der Nähe von Trier spielte, und dort der Trierische Volksfreund erscheint. Ein fehlendes "r", laut Spiegel ein ‚Tippfehler’, macht den journalistischen Missgriff erst richtig reif für den "Hohlspiegel". Da müsse man drüberstehen, heißt es zu dieser Sache aus der Chefredaktion der Trierer Lokalzeitung – Fehler kämen, wie besagtes Beispiel ja gleich zweimal zeige, in den besten Familien vor."
Ceterum censeo: Als der SPIEGEL noch ein politisches Nachrichtenmagazin war, gab es bei ihm grundsätzlich keine "Tippfehler", dafür aber eine funktionierende, strenge Dokumentation.
Aber Unterhaltung kann der SPIEGEL gut.
"Die Verlegerin ist eine öffentliche Figur. Schwarze Locken, rotgeschminkte Lippen, graue Tunika. Sie war früher am Theater, spielte für Peymann und Zadek."
So steht es in der SPIEGEL-Geschichte zum Streit um den Suhrkamp-Verlag, der sich in der zurückliegenden Woche durch die Feuilletons mäanderte. Die Verlegerin ist natürlich Ulla Unseld-Berkéwicz, Witwe der Suhrkampverleger-Legende Siegfried Unseld, die nun von den beiden Hamburger Unternehmern Claus Grossner und Hans Barlach als neue Minderheitsgesellschafter bedroht wird.
"Grossner ist in der Hansestadt seit Jahrzehnten als Premierendauergast und hartnäckiger Salonlöwe bekannt. Sein Geld, so wird gesagt, mache der umtriebige Netzwerker als Investmentbanker",
schreiben im SPIEGEL Verena Araghi und Malte Herwig: "Er gibt es für Kunst, Kultur und Soireen in seiner Elbvilla aus." Das alles hätte so auch in der Bunten stehen können, als die noch eine lesenswerte Illustrierte war.
"Die Fronten im aktuellen Suhrkamp-Fall sind inzwischen klar aufgestellt, die Folgen des Zwistes noch nicht abzusehen",
schreibt im Berliner TAGESSPIEGEL vom Sonntag Gerrit Bartels und verzichtet bei der Erwähnung der Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz gänzlich auf Haarfarbe und Lippenschminke:
"Sie will den Suhrkamp Verlag als ultimativen Hort des Geistes erhalten und sieht in der Welt draußen gern einmal die Kultur vor die Hunde gehen – nur sprechen ihr nicht nur ihre erklärten Feinde die Befähigung ab, einen solchen Verlag zu leiten, sondern auch wohlmeinende Kritiker schauen skeptisch auf die Entwicklung des Verlages und den Führungsstil von Unseld-Berkéwicz in den vergangenen vier Jahren."
Und dann gibt es im TAGESSPIEGEL noch einige Sätze dazu, "Warum ein Streit in diesem Verlag interessanter ist als bei anderen Häusern":
"Suhrkamp ist eben kein Verlag wie jeder andere. Er ist der Verlag, der drei Jahrzehnte die Geistesgeschichte der Bundesrepublik mitgeprägt hat, nach dem gleich eine ganze Kultur benannt wurde: die Suhrkamp-Kultur."
Und in der SÜDDEUTSCHEN erhob ein schwerstgewichtiger Suhrkamp-Autor das Wort: "Hier soll sich ein Bubenstück vollziehen", meinte der Soziologe Ulrich Beck mit "Zornesröte im Gesicht": "So nicht! Hände weg!" Und:
"Hier geht es um eine intellektuelle Schlüsselinstitution dieser Republik. Siegfried Unseld hat den Suhrkamp Verlag zu dem gemacht, was er immer noch ist: ein Hort der Kritik und der Weltliteratur in einem Deutschland, das um seine Rolle und ein weltoffenes Selbstverständnis nach der moralischen Katastrophe ringt."
Abschließend der Kulturpresseschau-Tipp für alle Berlin-Touristen, die immer noch nicht wissen, dass diese Stadt östlich der Elbe liegt, also da, wo für Konrad Adenauer die Steppe begann – gewöhnungsbedürftige Umgangsformen eingeschlossen, was der Ureinwohner an der Spree gerne mit dem Begriff "Berliner Schnauze" enthusiastisch verharmlost.
"Seit Cervantes’ Roman Don Quijote will die Klage nicht verstummen, die moderne Welt biete dem Normalbürger keine Abenteuer und stelle sein Schicksal nicht mehr auf die Probe."
So begann die Glosse "Das Letzte" in der Wochenzeitung DIE ZEIT über eine besonders gewöhnungsbedürftige Spezies: den Busfahrer des Berliner Nahverkehrsunternehmens BVG, der dem Normalbürger jede Menge Abenteuer bietet und seine Geduld auf jede Probe stellt. Etwa, wenn ein fahrplanmäßiger Bus einfach nicht erscheinen will.
"Stellen Sie den Fahrer des nachfolgenden Busses freundlich zur Rede," empfiehlt DIE ZEIT, "und fragen Sie ihn nach dem Grund. ‚Keene Ahnung. Wat weeß ick.’ Diese Antwort bitte nicht notieren, sie ist ortsüblich. Anders bei: ‚Wenn Se pünktlich ankommen wollen, müssen Se zu Fuß gehen.’"
Das machen Pinguine schließlich auch. Immer mehr und immer öfter.