Von Klaus Pokatzky
In der "Welt" berichtet die Sopranistin Edda Moser vom ihrem Kampf für die deutsche Sprache. Im "Spiegel" meint Hellmuth Karasek: "Es gibt nur ein Gutes am Alter: dass es keine Alternative dazu gibt." Ebenfalls im "Siegel": Auszüge aus den Memoiren von Altkanzler Gerhard Schröder.
"Nun ist's zum Herbst auch nasskalt geworden." Die Tageszeitung TAZ hatte das Ohr am Puls der Zeit und beobachtete ihr Berlin genau. "Am Potsdamer Platz bauen sie den Weihnachtsmarkt auf. Im Supermarkt wurden erste Schokoweihnachtsmänner gesichtet." Manche Glossen kann man jedes Jahr wieder abdrucken, fast wortwörtlich. "Eilig strebt dieses Jahr erst der besinnlichen Zeit, dann seinem Ende entgegen. Wer jetzt keine Textidee hat, bekommt bald keine mehr."
Bei Edda Moser hingegen bekommt Ärger, wer es wagt, seine Ideen mit englischen Texten auszudrücken. "Meinen Schülern verbiete ich", erklärte sie der Tageszeitung DIE WELT, "alle Anglizismen". Edda Moser ist Sopranistin und Professorin an der Kölner Musikhochschule und das schöne Lied "I am dreaming of a white christmas" dürfte bei ihr wohl weder im Sopran noch im Bariton gesungen werden – beim Moserschen Verbot aller Anglizismen:
"Bei wem es nicht klappt, der bekommt Ärger. Studentinnen, die in meinen Seminaren ‚okay’ sagen, müssen einen Euro zahlen. Und den Männern sage ich: Wenn Ihr so redet, seid Ihr unerotisch."
Okay, können wir da nur sagen, auch wir finden sauberes Deutsch sehr sexy, und würden dafür gerne zwei Euro zahlen. In der WELT zählte Hendrik Werner etliche Initiativen auf, die sich um das reine Deutsch verdient zu machen scheinen – etwa den "Sprachpanscher des Jahres":
"Preisträger des Jahres 2005 ist Herbert Beck, früherer Direktor des Frankfurter Städel-Museums und Schöpfer von so anglizistisch verbrämten Veranstaltungsnamen wie ‚Unfinished Print’ und ‚Art after Work’ – mit anschließendem ‚Get-together’."
Mit einem Zusammensein der besonderen Art stellte sich Edda Moser an die Spitze der teutonischen Sprachpuristen und regte ein "Festspiel der deutschen Sprache" auf Schloss Heidecksburg im thüringischen Rudolstadt an. "Es lasen die Schauspieler Jutta Hoffmann, Mario Adorf, Otto Schenk und, spitzmündig-caesarengesichtig, der Dichter Reiner Kunze", fasste in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Edo Reents zusammen:
"Es gab viel Brecht, Goethe, Schiller, Lessing, Matthias Claudius, Heine, Kafka, Enzensberger und Kunze, also alles Qualitätsliteratur."
So viel Prominenz muss natürlich standesgemäß von Flughäfen und Bahnhöfen zum Schloss gefahren werden und Edo Reents verdanken wir die Mitteilung, wie die dicken Limousinen beschriftet waren: "VIP Shuttle-Service". Dazu passt noch ein Zitat aus dem WELT-Interview mit Edda Moser:
"Mir und Altbundeskanzler Helmut Kohl, der einen großen Beitrag zum ‚Festspiel der deutschen Sprache’ geleistet hat, geht es um die prägenden Werte des Abendlandes."
Zum großen Beitrag des Altbundeskanzlers Helmut Kohl zur deutschen Sprache schlechthin fällt uns erstmal dessen "Blackout" vor dem Parteispendenuntersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ein – und dann sein Wörtlein "Bimbes". Damit könnte man auch den Euro bezeichnen, den man bei der Professorin Edda Moser für das Wort "okay" zu entrichten hat. Und was müssen wir bei ihr für ein "Bimbes" zahlen?
"Retro ad Latinam linguam", schrieb DIE WELT über einen Artikel "Zurück zum Latein: Der Papst will den Gebrauch der historischen Liturgie wieder zulassen." Lingua Latina non olet. Ob in Euro oder anderem "Bimbes".
"Es gibt nur ein Gutes am Alter: dass es keine Alternative dazu gibt." Das sagt im Interview mit dem neuen SPIEGEL der Journalist Hellmuth Karasek, der nun mit 72 Jahren das Buch "Süßer Vogel Jugend" veröffentlicht hat.
"Heute machen wenige Jahre schon große Unterschiede aus. Mein Sohn sagt über seine etwas ältere Schwester: ‚Ach, wie die mit dem Computer umgeht, völlig veraltet.’ Drei Jahre Unterschied sind eine Welt. Das heißt aber auch: Ich werde von der nächsten Generation nie mehr gefragt werden wie ein alter Handwerker früher, ein Tischlermeister nach seinen Erfahrungen gefragt wurde – oder ein Bauer: ‚Sag mal, was machst du, wenn die Ernte nass wird?’"
Und dann noch einige deprimierende Sätze des großen Kulturjournalisten Hellmuth Karasek, der bei der "Stuttgarter Zeitung" gearbeitet hat, bei der "Zeit", beim "Spiegel", beim Berliner "Tagesspiegel" – und jetzt eine Kolumne in der "Welt" hat – einige altersweise Sätze zu seinen Kindern:
"Mein Wissen ist nicht mehr gefragt. Die wollen Kuriositäten von mir und sagen: ‚Papa, erzähl doch mal, wie man im Zug noch das Fenster aufmachen konnte.’ Und ich erzähle ihnen, dass es Schilder gab: ‚Aus dem Fenster spucken verboten.’ Das stand da in drei Sprachen."
Auf dem Titelbild der neuen SPIEGEL-Ausgabe ist Altbundeskanzler Gerhard Schröder zu sehen, seine Memoiren "Schröders Entscheidungen – Mein Leben in der Politik" erscheinen in der nächsten Woche auf 544 Seiten zum Preise von 25 Euro; Startauflage: 160.000 Exemplare; Honorarvorschuss des Verlages: eine Million Euro. "Schröders Erinnerungen werden am kommenden Montag zunächst sowohl von ‚Bild’ als auch vom ‚Spiegel’ veröffentlicht – auf dem Boulevard wird es ein Fünfteiler, im Magazin eine Titelgeschichte samt Interview", schrieb in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Michael Jürgs.
"Am Ende hat ihn das Amt mehr verändert, als er das Amt", sagt im Interview mit dem TAGESSPIEGEL vom Sonntag der Spiegel-Reporter Jürgen Leinemann, der für die ARD einen Schröder-Film gedreht hat – Ouvertüre zu einer kaum noch zu überschauenden Welle von televisionären Schröder-Events in den kommenden Wochen – doch halt: "Events" dürfen wir ja nicht mehr sagen. Das kostet einen Euro. "Auftritte im Hamburger Thalia-Theater, bei Wolfgang Herles, bei Beckmann und in der ganzen großen Republik werden folgen", schreibt Nils Minkmar in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGS-ZEITUNG, wie es dem Altkanzler gelingen wird, "einmal durch die gesamte Medienlandschaft hindurchzusegeln und alle relevanten Sendungen und Periodika anzulaufen".
Und damit sich sein Buch schön verkauft, braucht er auch noch die verkaufsfördernden Bestsellerlisten. "Eine Kuriosität ereignete sich auf der Bestsellerliste des Spiegels", schrieb Hermann Unterstöger in der SÜDDEUTSCHEN: "Bei den Sachbüchern stand auf Platz 1 Hape Kerkeling mit ‚Ich bin dann mal weg’, auf Platz 2 Joachim Fest mit ‚Ich nicht’.
Ich bin dann auch mal weg. Basta.
Bei Edda Moser hingegen bekommt Ärger, wer es wagt, seine Ideen mit englischen Texten auszudrücken. "Meinen Schülern verbiete ich", erklärte sie der Tageszeitung DIE WELT, "alle Anglizismen". Edda Moser ist Sopranistin und Professorin an der Kölner Musikhochschule und das schöne Lied "I am dreaming of a white christmas" dürfte bei ihr wohl weder im Sopran noch im Bariton gesungen werden – beim Moserschen Verbot aller Anglizismen:
"Bei wem es nicht klappt, der bekommt Ärger. Studentinnen, die in meinen Seminaren ‚okay’ sagen, müssen einen Euro zahlen. Und den Männern sage ich: Wenn Ihr so redet, seid Ihr unerotisch."
Okay, können wir da nur sagen, auch wir finden sauberes Deutsch sehr sexy, und würden dafür gerne zwei Euro zahlen. In der WELT zählte Hendrik Werner etliche Initiativen auf, die sich um das reine Deutsch verdient zu machen scheinen – etwa den "Sprachpanscher des Jahres":
"Preisträger des Jahres 2005 ist Herbert Beck, früherer Direktor des Frankfurter Städel-Museums und Schöpfer von so anglizistisch verbrämten Veranstaltungsnamen wie ‚Unfinished Print’ und ‚Art after Work’ – mit anschließendem ‚Get-together’."
Mit einem Zusammensein der besonderen Art stellte sich Edda Moser an die Spitze der teutonischen Sprachpuristen und regte ein "Festspiel der deutschen Sprache" auf Schloss Heidecksburg im thüringischen Rudolstadt an. "Es lasen die Schauspieler Jutta Hoffmann, Mario Adorf, Otto Schenk und, spitzmündig-caesarengesichtig, der Dichter Reiner Kunze", fasste in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Edo Reents zusammen:
"Es gab viel Brecht, Goethe, Schiller, Lessing, Matthias Claudius, Heine, Kafka, Enzensberger und Kunze, also alles Qualitätsliteratur."
So viel Prominenz muss natürlich standesgemäß von Flughäfen und Bahnhöfen zum Schloss gefahren werden und Edo Reents verdanken wir die Mitteilung, wie die dicken Limousinen beschriftet waren: "VIP Shuttle-Service". Dazu passt noch ein Zitat aus dem WELT-Interview mit Edda Moser:
"Mir und Altbundeskanzler Helmut Kohl, der einen großen Beitrag zum ‚Festspiel der deutschen Sprache’ geleistet hat, geht es um die prägenden Werte des Abendlandes."
Zum großen Beitrag des Altbundeskanzlers Helmut Kohl zur deutschen Sprache schlechthin fällt uns erstmal dessen "Blackout" vor dem Parteispendenuntersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ein – und dann sein Wörtlein "Bimbes". Damit könnte man auch den Euro bezeichnen, den man bei der Professorin Edda Moser für das Wort "okay" zu entrichten hat. Und was müssen wir bei ihr für ein "Bimbes" zahlen?
"Retro ad Latinam linguam", schrieb DIE WELT über einen Artikel "Zurück zum Latein: Der Papst will den Gebrauch der historischen Liturgie wieder zulassen." Lingua Latina non olet. Ob in Euro oder anderem "Bimbes".
"Es gibt nur ein Gutes am Alter: dass es keine Alternative dazu gibt." Das sagt im Interview mit dem neuen SPIEGEL der Journalist Hellmuth Karasek, der nun mit 72 Jahren das Buch "Süßer Vogel Jugend" veröffentlicht hat.
"Heute machen wenige Jahre schon große Unterschiede aus. Mein Sohn sagt über seine etwas ältere Schwester: ‚Ach, wie die mit dem Computer umgeht, völlig veraltet.’ Drei Jahre Unterschied sind eine Welt. Das heißt aber auch: Ich werde von der nächsten Generation nie mehr gefragt werden wie ein alter Handwerker früher, ein Tischlermeister nach seinen Erfahrungen gefragt wurde – oder ein Bauer: ‚Sag mal, was machst du, wenn die Ernte nass wird?’"
Und dann noch einige deprimierende Sätze des großen Kulturjournalisten Hellmuth Karasek, der bei der "Stuttgarter Zeitung" gearbeitet hat, bei der "Zeit", beim "Spiegel", beim Berliner "Tagesspiegel" – und jetzt eine Kolumne in der "Welt" hat – einige altersweise Sätze zu seinen Kindern:
"Mein Wissen ist nicht mehr gefragt. Die wollen Kuriositäten von mir und sagen: ‚Papa, erzähl doch mal, wie man im Zug noch das Fenster aufmachen konnte.’ Und ich erzähle ihnen, dass es Schilder gab: ‚Aus dem Fenster spucken verboten.’ Das stand da in drei Sprachen."
Auf dem Titelbild der neuen SPIEGEL-Ausgabe ist Altbundeskanzler Gerhard Schröder zu sehen, seine Memoiren "Schröders Entscheidungen – Mein Leben in der Politik" erscheinen in der nächsten Woche auf 544 Seiten zum Preise von 25 Euro; Startauflage: 160.000 Exemplare; Honorarvorschuss des Verlages: eine Million Euro. "Schröders Erinnerungen werden am kommenden Montag zunächst sowohl von ‚Bild’ als auch vom ‚Spiegel’ veröffentlicht – auf dem Boulevard wird es ein Fünfteiler, im Magazin eine Titelgeschichte samt Interview", schrieb in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Michael Jürgs.
"Am Ende hat ihn das Amt mehr verändert, als er das Amt", sagt im Interview mit dem TAGESSPIEGEL vom Sonntag der Spiegel-Reporter Jürgen Leinemann, der für die ARD einen Schröder-Film gedreht hat – Ouvertüre zu einer kaum noch zu überschauenden Welle von televisionären Schröder-Events in den kommenden Wochen – doch halt: "Events" dürfen wir ja nicht mehr sagen. Das kostet einen Euro. "Auftritte im Hamburger Thalia-Theater, bei Wolfgang Herles, bei Beckmann und in der ganzen großen Republik werden folgen", schreibt Nils Minkmar in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGS-ZEITUNG, wie es dem Altkanzler gelingen wird, "einmal durch die gesamte Medienlandschaft hindurchzusegeln und alle relevanten Sendungen und Periodika anzulaufen".
Und damit sich sein Buch schön verkauft, braucht er auch noch die verkaufsfördernden Bestsellerlisten. "Eine Kuriosität ereignete sich auf der Bestsellerliste des Spiegels", schrieb Hermann Unterstöger in der SÜDDEUTSCHEN: "Bei den Sachbüchern stand auf Platz 1 Hape Kerkeling mit ‚Ich bin dann mal weg’, auf Platz 2 Joachim Fest mit ‚Ich nicht’.
Ich bin dann auch mal weg. Basta.