Von Klaus Pokatzky

In der "Welt" wird anlässlich des neuesten Gammelfleischskandals ein Loblied auf die Verwesung angestimmt. Die "FAZ" berichtet über den Umgang mit Medieun und Journalisten in China. Auch der Vertrag der ARD mit Jan Ulrich beschäftigt die Feuilletons.
"Dem Kampf gegen Fäulnis und Verwesung verdankt der Mensch eine Reihe von Kulturtechniken."

Das lesen wir in der Tageszeitung DIE WELT, in der Eckhard Fuhr ein Loblied auf die Verwesung singt. Anlass: die Meldungen vom neuesten Gammelfleischskandal.

"Nur Eingeweihte wissen noch um das Kultur stiftende Wirken von Bakterien, Milchsäuren und Enzymen, welche jeden Organismus im Zuge der Verwesung in den natürlichen Kreislauf der Stoffe zurückführen, in einen Kreislauf, den der Mensch nicht durchbrechen, wohl jedoch dehnen kann."

Hier wird dem lesenden Menschen schon reichlich übel, doch Eckhard Fuhr traktiert den essenden Menschen noch mehr:

"Er muss nur die mikroskopischen Knechte der Zersetzung für Wochen, Monate, Jahre zu Verbündeten seines großen Veredelungswerks machen."

Unsereins hingegen wäre froh, wenn Gammelfleischverbreiter in Zukunft nicht nur zu Geldbußen, sondern zu Haftstrafen verurteilt würden: zu Wochen, Monaten, Jahren. Dem Kampf für Demokratie und Menschenrechte verdankt der Mensch eine Reihe von Kulturtechniken – die Meinungsfreiheit zum Beispiel.

"Es wird geschätzt, dass zur Zeit mindestens 32 Chinesen wegen Medienvergehen hinter Gittern sind."

Das erfahren wir aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, in der Mark Siemons merkwürdige Entwicklungen im chinesischen kommunistischen Kapitalismus beschreibt.

"Laut der parteiamtlichen 'People's Daily' wurden allein 2004 nicht weniger als 338 Veröffentlichungen eingezogen, 202 Zeitungsbüros geschlossen und 73 Organisationen bestraft. Die Behörde für Rundfunk, Film und Fernsehen gibt immer restriktivere Richtlinien heraus."

Doch ein China auf dem Weg in die Moderne darf nicht nur auf 30.000 Internet-Polizisten auf der Suche nach heiklen Stichworten im World Wide Web und die Willfährigkeit westlicher Internet-Konzerne beim Abschalten missliebiger Internetseiten bauen, zum modernen China gehört die Janusköpfigkeit von Verfolgung missliebiger Journalisten auf der einen und einer offiziellen Informationsfreudigkeit auf der anderen Seite:

"Vom öffentlichen Sicherheitsbüro, dem Polizeiministerium, stammt die Zahl von 87.000 Unruhen, die es allein 2005 in China gegeben habe, gegenüber dem Vorjahr ist das noch einmal eine Steigerung um 6,6 Prozent: Auf eine solch hohe Ziffer wären kein Regimekritiker und kein ausländischer Journalist von allein gekommen."

Und damit in das Gammelfleisch-Land, dessen Kapitalismus gelegentlich ja auch durchaus paradiesisch-kommunistische Züge hat, jedenfalls dann, wenn man Jan Ullrich heißt. "Die von den Bürgern gebührenfinanzierte ARD", lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "zahlte dem Radsportstar Jan Ullrich – mit Unterbrechung von einem Jahr – seit 1999 jährlich heimlich eine sechsstellige Summe". Das ging bis zu 195.000 Euro im Jahr:

"Das Geld musste jedes Vierteljahr in einer Tranche über 48.750 Euro auf ein Konto Ullrichs in die Schweiz überwiesen werden"."

Wenigstens wurden keine Geld-Koffer auf Parkplätzen von Supermärkten übergeben, wie weiland bei der CDU-Spendenaffäre, und versteuert hat Jan Ullrich die Summen gewiss auch. Der Vertrag, der das alles regelt, und den die ARD dem nun Doping belasteten Jan Ullrich zum Jahresende gekündigt hat, hat seinen Weg auch zur FRANKFURTER ALLGEMEINEN gefunden, die ihn als "erfolgsabhängig und gestaffelt" bezeichnet:

""Bei einem Etappensieg der Tour de France sollte es 20.000 Euro geben, beim Gewinn der Deutschland-Rundfahrt 40.000 Euro, bei einem Sieg bei den Olympischen Spielen 30.000 Euro."

Und wofür das Ganze?

"Mitwirken sollte Ullrich durch Exklusivinterviews zu den fraglichen Ereignissen, bereitstehen für eine 24-Stunden-Reportage und in zwei bis drei ARD-Unterhaltungsshows pro Jahr auftauchen."

Das schreiben Michael Hanfeld und Thomas Purschke in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN. Hans Leyendecker in der SÜDDEUTSCHEN:

"Es wird eine klebrige Nähe zwischen ARD und dem Sportstar Ullrich erkennbar."