Von Klaus Pokatzky
Zentrales Thema der Feuilletons in der vergangenen Woche: die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten. Außerdem: die Hitzewelle in Deutschland, Guildo Horns neue Talkshow, Zensur in China und die Spendefreudigkeit von Bill Gates.
"Man kann die Menschheit in zwei Typen einteilen, " lasen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGS-ZEITUNG aus der Feder oder dem Laptop von Julia Encke: "In die, die sich gerne die Finger schmutzig machen, und in jene anderen, die sich entschieden zu fein dafür sind. " Falsch, ganz falsch. Liebe Julia Encke. Man kann die Menschheit in die Duschtypen einteilen und uns kultivierte Badewannen-Typen. Diese Unterscheidung ist viel wichtiger. Vor allem jetzt, wo es so unerträglich heiß ist.
"Nach den nicht gerade rosigen Klimavorhersagen sollte ein Sommer wie dieser erst ab 2040 normal sein, " erklärte im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG der Klimaforscher Hans Joachim Schellnbauer, Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung – und machte uns dann doch etwas Angst, wenn es bei uns immer tropischer werden sollte: "Alle Zivilisationen, die vom Mittelalter bis hinein ins 20. Jahrhundert die Welt beherrscht haben, lebten in gemäßigtem Klima und hatten fruchtbare Böden. "
Man könnte die Menschheit auch in Sexmuffel unterteilen und Sexomanen – deren Triebe möglicherweise bei Hitze erst recht in die Lenden strömen. Die SÜDDEUTSCHE berichtete von der "neuen Lust" prominenter Frauen aus der Unterhaltungs- und Modebranche an Schwangerschaftsbäuchen und sieht einen Trend "von Busen- zu Bauchwundern". Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG widmete sich den Sexmuffelinnen und wies auf stimulierende "Nasensprays, Pillen und Pflaster" hin. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG klärte uns über "Sex in Chinas Internet" und einschlägige Partnervermittler auf – "Sie verkuppeln in acht Minuten. "
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verdirbt uns da ein wenig den Spaß und hat, so die FRANKFURTER ALLGEMEINE, "Microsoft, Google und Yahoo vorgeworfen, zur Internet-Zensur in China beizutragen und damit gegen die Menschenrechte zu verstoßen. " Denn: "Google und andere Suchmaschinenbetreiber sperren Einträge zu kritischen Seiten, um ihre Dienste auch in China anbieten zu dürfen. " Es sind kritische politische Seiten, sei hinzugefügt – offenbar keine Sex-Seiten.
Man kann die Menschheit auch einteilen in Pazifisten und Bellizisten. Jedenfalls glaubte man mal, das zu können. Und damit zum ernstesten Thema dieser Tage: den kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten. Die Entführung israelischer Soldaten durch die Hizbullah, die vom Libanon aus operiert; Hizbullah– und Hamas-Raketen auf israelische Orte – und die militärischen Reaktionen Israels darauf... "Die Israeli bombardierten und beschossen aus der Luft, von der See und vom Land her. Sie vernichteten die Infrastruktur Libanons, " klagte in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG die palästinensische Schriftstellerin Sahar Khalifa: "Sie zerstörten den Beiruter Flughafen und sämtliche Brücken, welche die Hauptstadt mit anderen Städten verbinden. Strom- und Wasserversorgung, Kanalisation, Tankstellen, Dämme, Schulen, Bürogebäude, Privathäuser, armselige Hütten, Gehöfte und Lebensmittelgeschäfte, Autos und Busse wurden attackiert und zerstört. Hunderttausende flohen aus ihren Dörfern und wurden zu obdachlosen Flüchtlingen. " Ebenfalls in der NEUEN ZÜRCHER schrieb der israelische Soziologe Natan Sznaider: "Natürlich kann man Israel vorwerfen, mit unangemessener Gewalt zu reagieren. Aber gibt es wirklich irgendwo einen Völkerrechtler, der genau sagen kann, wie viel Gewalt denn angemessen ist? "
Im neuen SPIEGEL beschreibt Emily Dische-Becker, die als freie Journalistin in Beirut lebt, den Alltag im militärischen Ausnahmezustand - ein Detail: "Die Jugendlichen in meinem Internet-Café verbringen den ganzen Tag in einem dunklen Raum mit virtuellen Kriegsspielen. Gelegentlich tauchen sie auf aus ihrer Welt, um sich den Hisbollah-Fernsehsender al-Manar anzuschauen. "
Die Deutschen, die nicht vergessen können, was ihre Vorväter einst den Juden zufügten, dürften hin und her gerissen sein. Das Feuilleton jedenfalls bemüht sich, Gewalt und Gegengewalt in allen Facetten zu spiegeln. "Hizbullah-Anhänger sitzen in der libanesischen Regierung und sind an politischen Entscheidungen beteiligt, " schrieb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN der israelische Schriftsteller David Grossman: "Israel geht heute gegen den Libanon vor, weil der Libanon offiziell für die Hizbullah verantwortlich ist und weil von seinem Gebiet Raketen und Katjuschas auf israelische Städte abgeschossen werden. Und: Die Hizbullah ist - ganz offen - ein verlängerter Arm des Iran im Nahen Osten, der Brückenkopf eines Staates mit erklärten mörderischen Absichten gegenüber Israel. "
Darf man die Menschheit auch einteilen in Gute und Böse? Auf jeden Fall bekamen wir in der letzten Woche in den Feuilletons zum Trost für alles Schreckliche einige wirklich gute Beispiele unserer Gattung präsentiert. Da ist Guildo Horn, den wir als Schlagersänger unsäglich finden mögen, der aber auch Diplom-Pädagoge ist und nun für den Südwestrundfunk eine Talkshow mit Behinderten macht - "über Gott und die Welt: Fußball, Frisuren, Freunde – worüber man eben so redet, " klärte uns der Berliner TAGESSPIEGEL auf. "Er ist ein guter Gastgeber, nimmt seine Gäste ernster als Sabine Christiansen dies in ihrer Sendung mit Spitzenpolitikern je tun könnte, " lobte die FRANKFURTER ALLGEMEINE.
Und dann ist da noch das Ehepaar Gates, das mit rund 25 Milliarden Dollar die "Melinda & Bill Gates Foundation" gegründet hat, um die zwanzig gefährlichsten Krankheiten auf der Welt auszulöschen. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE hat das Ehepaar und seine beiden ältesten Kinder beobachtet, wie sie in einem ärmlichen südafrikanischen Township Tuberkulose-Kranke besuchten. Und dann hat Joachim Müller-Jung ein langes Interview mit Bill und Melinda Gates gemacht. Was sagen eigentlich ihre Kinder, die Erben, wenn gut die Hälfte des Familienvermögens für die Menschheit gespendet wird? Melinda Gates: "Wir haben vor kurzem gemeinsam ein Video gesehen, auf dem ein indisches Kind mit Kinderlähmung zu sehen war. Die erste Reaktion der Kinder war: Helft ihr diesem Kind da. "
"Nach den nicht gerade rosigen Klimavorhersagen sollte ein Sommer wie dieser erst ab 2040 normal sein, " erklärte im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG der Klimaforscher Hans Joachim Schellnbauer, Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung – und machte uns dann doch etwas Angst, wenn es bei uns immer tropischer werden sollte: "Alle Zivilisationen, die vom Mittelalter bis hinein ins 20. Jahrhundert die Welt beherrscht haben, lebten in gemäßigtem Klima und hatten fruchtbare Böden. "
Man könnte die Menschheit auch in Sexmuffel unterteilen und Sexomanen – deren Triebe möglicherweise bei Hitze erst recht in die Lenden strömen. Die SÜDDEUTSCHE berichtete von der "neuen Lust" prominenter Frauen aus der Unterhaltungs- und Modebranche an Schwangerschaftsbäuchen und sieht einen Trend "von Busen- zu Bauchwundern". Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG widmete sich den Sexmuffelinnen und wies auf stimulierende "Nasensprays, Pillen und Pflaster" hin. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG klärte uns über "Sex in Chinas Internet" und einschlägige Partnervermittler auf – "Sie verkuppeln in acht Minuten. "
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verdirbt uns da ein wenig den Spaß und hat, so die FRANKFURTER ALLGEMEINE, "Microsoft, Google und Yahoo vorgeworfen, zur Internet-Zensur in China beizutragen und damit gegen die Menschenrechte zu verstoßen. " Denn: "Google und andere Suchmaschinenbetreiber sperren Einträge zu kritischen Seiten, um ihre Dienste auch in China anbieten zu dürfen. " Es sind kritische politische Seiten, sei hinzugefügt – offenbar keine Sex-Seiten.
Man kann die Menschheit auch einteilen in Pazifisten und Bellizisten. Jedenfalls glaubte man mal, das zu können. Und damit zum ernstesten Thema dieser Tage: den kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten. Die Entführung israelischer Soldaten durch die Hizbullah, die vom Libanon aus operiert; Hizbullah– und Hamas-Raketen auf israelische Orte – und die militärischen Reaktionen Israels darauf... "Die Israeli bombardierten und beschossen aus der Luft, von der See und vom Land her. Sie vernichteten die Infrastruktur Libanons, " klagte in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG die palästinensische Schriftstellerin Sahar Khalifa: "Sie zerstörten den Beiruter Flughafen und sämtliche Brücken, welche die Hauptstadt mit anderen Städten verbinden. Strom- und Wasserversorgung, Kanalisation, Tankstellen, Dämme, Schulen, Bürogebäude, Privathäuser, armselige Hütten, Gehöfte und Lebensmittelgeschäfte, Autos und Busse wurden attackiert und zerstört. Hunderttausende flohen aus ihren Dörfern und wurden zu obdachlosen Flüchtlingen. " Ebenfalls in der NEUEN ZÜRCHER schrieb der israelische Soziologe Natan Sznaider: "Natürlich kann man Israel vorwerfen, mit unangemessener Gewalt zu reagieren. Aber gibt es wirklich irgendwo einen Völkerrechtler, der genau sagen kann, wie viel Gewalt denn angemessen ist? "
Im neuen SPIEGEL beschreibt Emily Dische-Becker, die als freie Journalistin in Beirut lebt, den Alltag im militärischen Ausnahmezustand - ein Detail: "Die Jugendlichen in meinem Internet-Café verbringen den ganzen Tag in einem dunklen Raum mit virtuellen Kriegsspielen. Gelegentlich tauchen sie auf aus ihrer Welt, um sich den Hisbollah-Fernsehsender al-Manar anzuschauen. "
Die Deutschen, die nicht vergessen können, was ihre Vorväter einst den Juden zufügten, dürften hin und her gerissen sein. Das Feuilleton jedenfalls bemüht sich, Gewalt und Gegengewalt in allen Facetten zu spiegeln. "Hizbullah-Anhänger sitzen in der libanesischen Regierung und sind an politischen Entscheidungen beteiligt, " schrieb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN der israelische Schriftsteller David Grossman: "Israel geht heute gegen den Libanon vor, weil der Libanon offiziell für die Hizbullah verantwortlich ist und weil von seinem Gebiet Raketen und Katjuschas auf israelische Städte abgeschossen werden. Und: Die Hizbullah ist - ganz offen - ein verlängerter Arm des Iran im Nahen Osten, der Brückenkopf eines Staates mit erklärten mörderischen Absichten gegenüber Israel. "
Darf man die Menschheit auch einteilen in Gute und Böse? Auf jeden Fall bekamen wir in der letzten Woche in den Feuilletons zum Trost für alles Schreckliche einige wirklich gute Beispiele unserer Gattung präsentiert. Da ist Guildo Horn, den wir als Schlagersänger unsäglich finden mögen, der aber auch Diplom-Pädagoge ist und nun für den Südwestrundfunk eine Talkshow mit Behinderten macht - "über Gott und die Welt: Fußball, Frisuren, Freunde – worüber man eben so redet, " klärte uns der Berliner TAGESSPIEGEL auf. "Er ist ein guter Gastgeber, nimmt seine Gäste ernster als Sabine Christiansen dies in ihrer Sendung mit Spitzenpolitikern je tun könnte, " lobte die FRANKFURTER ALLGEMEINE.
Und dann ist da noch das Ehepaar Gates, das mit rund 25 Milliarden Dollar die "Melinda & Bill Gates Foundation" gegründet hat, um die zwanzig gefährlichsten Krankheiten auf der Welt auszulöschen. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE hat das Ehepaar und seine beiden ältesten Kinder beobachtet, wie sie in einem ärmlichen südafrikanischen Township Tuberkulose-Kranke besuchten. Und dann hat Joachim Müller-Jung ein langes Interview mit Bill und Melinda Gates gemacht. Was sagen eigentlich ihre Kinder, die Erben, wenn gut die Hälfte des Familienvermögens für die Menschheit gespendet wird? Melinda Gates: "Wir haben vor kurzem gemeinsam ein Video gesehen, auf dem ein indisches Kind mit Kinderlähmung zu sehen war. Die erste Reaktion der Kinder war: Helft ihr diesem Kind da. "