Von Klaus Pokatzky
"Die Zeit" betrachtet aus kulturhistorischer Sicht, warum das "Alte Europa" dem Untergang geweiht ist. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet über die Verlagsklage zum verbotenen Buch "Esra" von Maxim Biller.
Der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch hat beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen das Verbot des Romans "Esra" von Maxim Biller eingelegt, das vom Bundesgerichtshof vor zwei Monaten bestätigt worden war. Das erfahren wir aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Und in der Tageszeitung DIE WELT wundert sich Uwe Wittstock über ein müdes Desinteresse bei Billers Schriftstellerkollegen: Als in den sechziger Jahren Klaus Manns Roman "Mephisto" vom Bundesgerichtshof verboten wurde, erhoben sich noch lautstarke Proteste. Heute ist den meisten Autoren ein derartiger Einschnitt in ihre Arbeitsmöglichkeiten offenbar kaum mehr als ein Schulterzucken wert.
Das müde alte Europa wird zunehmend zum Thema der Feuilletons - der Abschied vom reichen, früh-industrialisierten Kontinent der Aufklärung und Moderne. Meistens aus ökonomischer Sicht, nun in der Wochenzeitung DIE ZEIT aus kulturhistorischer Sicht des Schriftstellers Matthias Politycki, der das "Alte Europa" bereits explizit dem Untergang geweiht sieht. Zum Beleg werden nicht nur die üblichen kraftvollen Industrien Asiens genannt, sondern auch des Autors eigene Erfahrungen auf Kuba mit geheimbündlerisch anmutenden Ritualen, genannt wird eine Massenschlägerei im schwarzen Südzipfel von Indien, genannt werden der Bürgerkrieg in Burundi und in Marokko enthemmt balzende Jungmänner mit erschreckendem Testosteronhaushalt - kurz: der "Untergang des weißen Mannes" ist nahe.
Und wir reden darüber, ob uns nach der "Schicksalswahl" am 18. September Gerhard Schröder oder Angela Merkel regieren. Matthias Politycki macht sich hingegen für einen mitteleuropäischen Fundamentalismus stark: Ein robusteres Mandat für Freiheit, Toleranz und Höflichkeit im Umgang mit all den Unhöflichen dieser Welt. Und für die Stärke, dem Fremden gegenüber so lange couragiert Distanz zu halten, bis es zur wechselweisen Anerkennung kommt.
Doch warum in die Ferne schweifen, wenn das Schlechte liegt so nah? Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt sich Fragen, nachdem im Berliner Stadtbezirk Zehlendorf ein Siebenjähriger von einem Sechzehnjährigen aus der Nachbarschaft erschlagen wurde. Einem wegen Schlägereien vorbestraften Sechzehnjährigen, der zuletzt vor sechs Wochen einen anderen Jugendlichen zusammengeschlagen haben soll und anschließend im müden Europa den milden Haftrichter fand, der ihn gleich wieder auf freien Fuß setzte. Gab es bei einem Täter, der sich so offenkundig nicht unter Kontrolle hat, nicht Grund genug, den rechtlichen Spielraum auszuschöpfen und ihn in Gewahrsam zu nehmen, fragt Heinrich Wefing.
Die Feuilletons registrieren mit Erschrecken, dass dem diesjährigen Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, dem türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk, einem Befürworter des EU-Beitritts der Türkei, wegen "öffentlicher Herabsetzung des Türkentums" der Prozess gemacht werden soll - nachdem er bereits vor Monaten in einem Interview mit dem Schweizer Tagesanzeiger den türkischen Völkermord an den Armeniern thematisiert hatte. Es droht eine Haftstrafe von sechs Monaten bis drei Jahren. Es ist ein Schritt in die falsche Richtung. Denn er führt die Türkei weg von Europa, meint in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Hubert Spiegel: Rätselhaft bleibt, warum ein Land, das seine Aufnahme in die Europäische Union energisch betreibt, einen seiner prominentesten kulturellen Botschafter mit Freiheitsentzug bedroht, weil er sagt, was in jedem Geschichtsbuch außerhalb der Türkei nachzulesen ist. Und in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ist nachzulesen, wie die auflagenstarke türkische Zeitung "Hürriyet" den diesjährigen Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels zu bezeichnen pflegt: Als "Hund" oder "elende Kreatur". "Hürriyet" ist etwa in Berlin an nahezu jeder Straßenecke zu kaufen. Im müden Europa, im sehr müden Europa.
Das müde alte Europa wird zunehmend zum Thema der Feuilletons - der Abschied vom reichen, früh-industrialisierten Kontinent der Aufklärung und Moderne. Meistens aus ökonomischer Sicht, nun in der Wochenzeitung DIE ZEIT aus kulturhistorischer Sicht des Schriftstellers Matthias Politycki, der das "Alte Europa" bereits explizit dem Untergang geweiht sieht. Zum Beleg werden nicht nur die üblichen kraftvollen Industrien Asiens genannt, sondern auch des Autors eigene Erfahrungen auf Kuba mit geheimbündlerisch anmutenden Ritualen, genannt wird eine Massenschlägerei im schwarzen Südzipfel von Indien, genannt werden der Bürgerkrieg in Burundi und in Marokko enthemmt balzende Jungmänner mit erschreckendem Testosteronhaushalt - kurz: der "Untergang des weißen Mannes" ist nahe.
Und wir reden darüber, ob uns nach der "Schicksalswahl" am 18. September Gerhard Schröder oder Angela Merkel regieren. Matthias Politycki macht sich hingegen für einen mitteleuropäischen Fundamentalismus stark: Ein robusteres Mandat für Freiheit, Toleranz und Höflichkeit im Umgang mit all den Unhöflichen dieser Welt. Und für die Stärke, dem Fremden gegenüber so lange couragiert Distanz zu halten, bis es zur wechselweisen Anerkennung kommt.
Doch warum in die Ferne schweifen, wenn das Schlechte liegt so nah? Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt sich Fragen, nachdem im Berliner Stadtbezirk Zehlendorf ein Siebenjähriger von einem Sechzehnjährigen aus der Nachbarschaft erschlagen wurde. Einem wegen Schlägereien vorbestraften Sechzehnjährigen, der zuletzt vor sechs Wochen einen anderen Jugendlichen zusammengeschlagen haben soll und anschließend im müden Europa den milden Haftrichter fand, der ihn gleich wieder auf freien Fuß setzte. Gab es bei einem Täter, der sich so offenkundig nicht unter Kontrolle hat, nicht Grund genug, den rechtlichen Spielraum auszuschöpfen und ihn in Gewahrsam zu nehmen, fragt Heinrich Wefing.
Die Feuilletons registrieren mit Erschrecken, dass dem diesjährigen Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, dem türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk, einem Befürworter des EU-Beitritts der Türkei, wegen "öffentlicher Herabsetzung des Türkentums" der Prozess gemacht werden soll - nachdem er bereits vor Monaten in einem Interview mit dem Schweizer Tagesanzeiger den türkischen Völkermord an den Armeniern thematisiert hatte. Es droht eine Haftstrafe von sechs Monaten bis drei Jahren. Es ist ein Schritt in die falsche Richtung. Denn er führt die Türkei weg von Europa, meint in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Hubert Spiegel: Rätselhaft bleibt, warum ein Land, das seine Aufnahme in die Europäische Union energisch betreibt, einen seiner prominentesten kulturellen Botschafter mit Freiheitsentzug bedroht, weil er sagt, was in jedem Geschichtsbuch außerhalb der Türkei nachzulesen ist. Und in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ist nachzulesen, wie die auflagenstarke türkische Zeitung "Hürriyet" den diesjährigen Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels zu bezeichnen pflegt: Als "Hund" oder "elende Kreatur". "Hürriyet" ist etwa in Berlin an nahezu jeder Straßenecke zu kaufen. Im müden Europa, im sehr müden Europa.