Von Klaus Pokatzky
In den Feuilletons ging es diese Woche um den Umzug der Spiegel-Redaktion, den Philosophie-Kongress in München und den bevorstehenden Besuch des Papstes.
"Allerdings ist es nicht ausdrücklich verboten, sich 'Kundenanwalt' zu nennen", stand in der Tageszeitung TAZ. "Das darf jeder, ohne irgendwelche juristischen Kenntnisse zu haben." Journalist darf sich ja auch jeder nennen - und wir nennen uns hier jetzt mal Feuilletonanwalt.
"Das Bücherregal ist in vielen Wohnungen zum Ersatz für Wandbilder geworden." Das lesen wir im neuen SPIEGEL. "Es rahmt die Bücher. Das funktioniert mit schönen Bildbänden besser als mit Taschenbüchern." Das sagt der Kunsthistoriker Mateo Kries im Interview. Und darin geht es um eine Revolution, um eine Zeitenwende. Das Musterexemplar eines Bücheranwalts wird dicker, wie uns der SPIEGEL erklärt: "Es soll elf Zentimeter tiefer sein und schwerere Last tragen können." Billy von Ikea, das berühmteste Bücherregal des Universums, kommt Anfang Oktober mit einem neuen Umfang – für schöne, repräsentative Bildbände.
"Die für ihr schrilles Design berühmte Spiegel-Kantine schließt – und kommt ins Museum." Das berichtete die FRANKFURTER RUNDSCHAU und zeigte ein Foto von einer rot-orange-Pop-Art-Kantine – bei dem allein der Anblick schon wirr im Kopf macht. 1969 ging sie in Betrieb. "Es war die Zeit, als Schreiben und Alkohol in hochprozentiger Allianz ineinanderflossen, als Frauen vornehmlich als Sekretärin oder Servicekraft das Haus betraten", schrieb Silke Burmester, "und in den Hauseingängen – glaubt man den alten Spiegel-Recken – dem Liebesspiel gehuldigt wurde." Das waren die Zeiten vom alten Rudolf Augstein.
"An ein Gebot mussten sich fast alle halten: mittags kein Alkohol. Erst ab 17 Uhr wurde an das gemeine Redakteurswesen Bier ausgeschenkt, Augstein war von dieser Regelung ausgenommen" – und dann erfuhren wir von Silke Burmester noch, "wie Augstein und die Chefredakteure Erich Böhme und Johannes K. Engel auf das Verlagsgebäude zu wankten." Ja, so warn's: die alten Spiegel-Leut. Nun zieht die Redaktion in ein größeres Gebäude um – noch eine Revolution – und nimmt im neuen Heft Abschied von dem alten. "In den ersten Jahren war in diesem Haus noch Platz für ein Schwimmbad, um das die schönsten Legenden kreisen." Mehr erfahren wir leider nicht. In einem investigativen Enthüllungsmagazin hätten wir schon gerne deftige Details gelesen. Ja, so san's: die neuen Spiegel-Leut.
"Nicht nur die Münchner gehen heute in Tracht auf die Wiesn, sondern auch viele Touristen. Dürfen die das?" So fragte die TAZ zum Beginn des Münchner Oktoberfestes. "Selbstverständlich dürfen die das, wenn sie das lustig finden", antwortete im Interview der Kabarettist Helmut Schleich.
"Viele Touristen ziehen sich ja auch gleich wieder aus. Und wenn sich die Tracht leichter und schneller wieder ausziehen lässt, dann sollen sie das halt machen."
Das klingt ja fast wie früher beim "Spiegel" in den Hauseingängen.
"O’zapft is!" Das rief auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU launig aus – und berichtete dann vom 22. Deutschen Kongress für Philosophie in München. Das Wichtigste fasste die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in ihrer Überschrift zusammen:
"Jürgen Habermas korrigiert sich, Wolf Singer joggt durch Gehirnmarmelade, Robert Brandom rehabilitiert den Rauschebart."
Da werden die Herren schon wissen, warum sie ihren Kongress pünktlich zum Oktoberfest angesetzt haben. "Wer die Wiesn gesund übersteht, ist gut gerüstet für den Winter, weil man Virenstämme aus der ganzen Welt abbekommt", hatte uns im Interview mit der TAZ der Kabarettist Helmut Schleich noch aufgeklärt.
"Bis vor einigen Wochen grasten dort noch Rinder."
Das erzählte Andreas Wallbillich vom Bistum Erfurt über die Wiese neben der Wallfahrtskapelle von Etzelsbach im thüringischen Eichsfeld, wo der Papst auf seiner Deutschland-Reise predigen will. "Jetzt schaffen wir dort die Infrastruktur für eine mittlere Stadt. Es werden zum Beispiel Wege angelegt. Ein vier Tonnen schweres Papamobil kann nicht einfach so über eine Wiese fahren", erklärte der Kirchensprecher der Rubrik "Christ & Welt" in der Wochenzeitung DIE ZEIT.
"Die Kirche war in die Moderne-Falle getappt."
Das lesen wir im SPIEGEL zu den Folgen des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1962 bis 1965.
"Viel Kopf, kein Herz. Es gab nur noch Erlösung durch intellektuelle Akte, nicht mehr Absolution oder das Handauflegen der Priester. Man kniete nicht mehr zur Kommunion. Man verlor das Gefühl für Heiligkeit und Gnade. Stattdessen wurde diskutiert."
Hier wütet unter der Überschrift "Polemik" Matthias Matussek aus der "Spiegel"-Kantine – und vor allem wütet er gegen die Kritiker des Papstes:
"Auf den ersten Blick wirkt das Empfangskomitee, das sich da aufgebaut hat, wie die Riege der gruselig-netten Nachbarn aus dem Schocker 'Rosemary's Baby'. Lauter Lächler mit kalten Augen."
Nämlich: "Der Bürgermeister der Hauptstadt, ein bekennender Schwuler und so stolz darauf, dass er es auch dem Papst sagen will." Und dazu kommen dann laut Matussek noch "Hundertschaften halbnackter Aktivisten" sowie "progressive Katholiken" und "jede Menge katholische Honoratioren".
Christiane Florin sah es in der ZEIT ganz ohne Schaum:
"Den Papst erwarten freudige, gleichgültige und feindlich gesinnte Deutsche. Protest gehört nun einmal zu Deutschland, der Wirkungsstätte Martin Luthers und anderer hauptamtlicher Papstkritiker."
Und eine kluge Ehrenrettung des Heiligen Vaters lesen wir in der TAZ. "Kaum zu glauben, aber wahr", schrieb Philipp Gessler: "Den Papst etwa zum Thema Frieden zu lesen, zu Konsum, Armut, Ökologie, Medien, 'Dritter Welt' und Kapitalismus, das ist oft erfreulich, häufig anregend."
Die Kantinen der ZEIT und der TAZ machen die Menschen eben nicht wirr im Kopf.
"Das Bücherregal ist in vielen Wohnungen zum Ersatz für Wandbilder geworden." Das lesen wir im neuen SPIEGEL. "Es rahmt die Bücher. Das funktioniert mit schönen Bildbänden besser als mit Taschenbüchern." Das sagt der Kunsthistoriker Mateo Kries im Interview. Und darin geht es um eine Revolution, um eine Zeitenwende. Das Musterexemplar eines Bücheranwalts wird dicker, wie uns der SPIEGEL erklärt: "Es soll elf Zentimeter tiefer sein und schwerere Last tragen können." Billy von Ikea, das berühmteste Bücherregal des Universums, kommt Anfang Oktober mit einem neuen Umfang – für schöne, repräsentative Bildbände.
"Die für ihr schrilles Design berühmte Spiegel-Kantine schließt – und kommt ins Museum." Das berichtete die FRANKFURTER RUNDSCHAU und zeigte ein Foto von einer rot-orange-Pop-Art-Kantine – bei dem allein der Anblick schon wirr im Kopf macht. 1969 ging sie in Betrieb. "Es war die Zeit, als Schreiben und Alkohol in hochprozentiger Allianz ineinanderflossen, als Frauen vornehmlich als Sekretärin oder Servicekraft das Haus betraten", schrieb Silke Burmester, "und in den Hauseingängen – glaubt man den alten Spiegel-Recken – dem Liebesspiel gehuldigt wurde." Das waren die Zeiten vom alten Rudolf Augstein.
"An ein Gebot mussten sich fast alle halten: mittags kein Alkohol. Erst ab 17 Uhr wurde an das gemeine Redakteurswesen Bier ausgeschenkt, Augstein war von dieser Regelung ausgenommen" – und dann erfuhren wir von Silke Burmester noch, "wie Augstein und die Chefredakteure Erich Böhme und Johannes K. Engel auf das Verlagsgebäude zu wankten." Ja, so warn's: die alten Spiegel-Leut. Nun zieht die Redaktion in ein größeres Gebäude um – noch eine Revolution – und nimmt im neuen Heft Abschied von dem alten. "In den ersten Jahren war in diesem Haus noch Platz für ein Schwimmbad, um das die schönsten Legenden kreisen." Mehr erfahren wir leider nicht. In einem investigativen Enthüllungsmagazin hätten wir schon gerne deftige Details gelesen. Ja, so san's: die neuen Spiegel-Leut.
"Nicht nur die Münchner gehen heute in Tracht auf die Wiesn, sondern auch viele Touristen. Dürfen die das?" So fragte die TAZ zum Beginn des Münchner Oktoberfestes. "Selbstverständlich dürfen die das, wenn sie das lustig finden", antwortete im Interview der Kabarettist Helmut Schleich.
"Viele Touristen ziehen sich ja auch gleich wieder aus. Und wenn sich die Tracht leichter und schneller wieder ausziehen lässt, dann sollen sie das halt machen."
Das klingt ja fast wie früher beim "Spiegel" in den Hauseingängen.
"O’zapft is!" Das rief auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU launig aus – und berichtete dann vom 22. Deutschen Kongress für Philosophie in München. Das Wichtigste fasste die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in ihrer Überschrift zusammen:
"Jürgen Habermas korrigiert sich, Wolf Singer joggt durch Gehirnmarmelade, Robert Brandom rehabilitiert den Rauschebart."
Da werden die Herren schon wissen, warum sie ihren Kongress pünktlich zum Oktoberfest angesetzt haben. "Wer die Wiesn gesund übersteht, ist gut gerüstet für den Winter, weil man Virenstämme aus der ganzen Welt abbekommt", hatte uns im Interview mit der TAZ der Kabarettist Helmut Schleich noch aufgeklärt.
"Bis vor einigen Wochen grasten dort noch Rinder."
Das erzählte Andreas Wallbillich vom Bistum Erfurt über die Wiese neben der Wallfahrtskapelle von Etzelsbach im thüringischen Eichsfeld, wo der Papst auf seiner Deutschland-Reise predigen will. "Jetzt schaffen wir dort die Infrastruktur für eine mittlere Stadt. Es werden zum Beispiel Wege angelegt. Ein vier Tonnen schweres Papamobil kann nicht einfach so über eine Wiese fahren", erklärte der Kirchensprecher der Rubrik "Christ & Welt" in der Wochenzeitung DIE ZEIT.
"Die Kirche war in die Moderne-Falle getappt."
Das lesen wir im SPIEGEL zu den Folgen des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1962 bis 1965.
"Viel Kopf, kein Herz. Es gab nur noch Erlösung durch intellektuelle Akte, nicht mehr Absolution oder das Handauflegen der Priester. Man kniete nicht mehr zur Kommunion. Man verlor das Gefühl für Heiligkeit und Gnade. Stattdessen wurde diskutiert."
Hier wütet unter der Überschrift "Polemik" Matthias Matussek aus der "Spiegel"-Kantine – und vor allem wütet er gegen die Kritiker des Papstes:
"Auf den ersten Blick wirkt das Empfangskomitee, das sich da aufgebaut hat, wie die Riege der gruselig-netten Nachbarn aus dem Schocker 'Rosemary's Baby'. Lauter Lächler mit kalten Augen."
Nämlich: "Der Bürgermeister der Hauptstadt, ein bekennender Schwuler und so stolz darauf, dass er es auch dem Papst sagen will." Und dazu kommen dann laut Matussek noch "Hundertschaften halbnackter Aktivisten" sowie "progressive Katholiken" und "jede Menge katholische Honoratioren".
Christiane Florin sah es in der ZEIT ganz ohne Schaum:
"Den Papst erwarten freudige, gleichgültige und feindlich gesinnte Deutsche. Protest gehört nun einmal zu Deutschland, der Wirkungsstätte Martin Luthers und anderer hauptamtlicher Papstkritiker."
Und eine kluge Ehrenrettung des Heiligen Vaters lesen wir in der TAZ. "Kaum zu glauben, aber wahr", schrieb Philipp Gessler: "Den Papst etwa zum Thema Frieden zu lesen, zu Konsum, Armut, Ökologie, Medien, 'Dritter Welt' und Kapitalismus, das ist oft erfreulich, häufig anregend."
Die Kantinen der ZEIT und der TAZ machen die Menschen eben nicht wirr im Kopf.