Von Klaus Pokatzky

Unmoralisches Angebot im "Spiegel": Charlotte Roche fordert Christian Wulff auf, das Gesetz zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken nicht zu unterschreiben - dafür würde sie auch mit ihm ins Bett gehen.
"Es gibt kein Thema, das im Moment für mehr Erregung sorgt als die Wärmedämmung für Gebäude."

Das lesen wir in der neuen FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG – und sind bass erstaunt, was uns alles so entgangen ist bisher.

"Der Journalist war immer schon der Inbegriff des Schaumschlägers im Dienst der Neugier","

hatte der Schriftsteller und Publizist Richard Wagner in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG geschrieben:

""Wir verkaufen Politik und nutzen auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten die Gunst der Stunde."

Das relativiert dann doch ein wenig die erregende Wirkung der Wärmedämmung von Gebäuden. Und manches andere auch.

"Ich bin in einer linken Familie groß geworden. Nachrüstung, Atomkraft, Volkszählung, meine Familie war bei den großen Demonstrationen immer dabei."

Das erzählt im Interview mit dem neuen SPIEGEL die Autorin Charlotte Roche, die mit ihrem Roman "Feuchtgebiete" berühmt wurde.

"Meine Mutter hat um uns herum schwarze Kindersärge mit kleinen Trauerbouquets gebastelt, aus denen nur unsere Köpfe herausguckten. Wir waren Kindersoldaten."

Nun scheint ja schon die Mutter von Charlotte Roche leicht gestört gewesen zu sein – aber ihrer Tochter Charlotte würden wir dringend empfehlen, ein gescheites Buch über die Kindersoldaten in Afrika zu lesen, um zu wissen, was Kindersoldaten tatsächlich sind und wie ihnen mitgespielt wird. Charlotte Roche gehörte zu den sogenannten Prominenten, die jetzt an den Demonstrationen gegen den Castor-Transport aus Frankreich ins Wendland teilgenommen haben.

"Selten haben französische Medien so ausführlich nicht nur über die Widerstandsaktionen gegen einen Castor-Atomtransport berichtet, sondern auch über die (ungelöste) Frage der Entsorgung des Atommülls","

hat sich die Tageszeitung TAZ gefreut. Ebenfalls in der TAZ berichtete der schleswig-holsteinische Biobauer Matthias Stührwoldt von seiner Anreise ins Wendland auf einem der vielen Traktoren.

""Manche Trecker - man muss es zugeben - leckten ganz schön mit Öl. Darauf angesprochen, sagte ein Bauer: "Der Castor ist ja auch nicht dicht!"

Das ist das Stichwort wieder für Charlotte Roche.

"Christian Wulff muss dem Gesetz zur Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke seine Unterschrift verweigern","

appelliert sie im SPIEGEL-Interview an den Bundespräsidenten.

"Ich würde anbieten, mit ihm ins Bett zu gehen, wenn er es nicht unterschreibt." Da fragt der SPIEGEL: "Sie tauschen Sex gegen Unterschrift?" Antwort Charlotte Roche: Genau. Mein Mann ist einverstanden. Muss nur noch die First Lady zustimmen. Ich habe auch Tattoos." Charlotte Roche ist übrigens tatsächlich schon 32 Jahre alt – und nicht mehr 13. Was würde Alice Schwarzer wohl zu dem sexistischen Angebot sagen?

""Was die Bild-Zeitung, sabbernd vor Begeisterung, schon als 'bizarren Sex-Streit' zwischen der Feministin Alice Schwarzer und der Familienministerin Kristina Schröder annonciert, beruht auf der wechselseitigen Unterstellung von Positionen, die in Wahrheit keine von beiden eingenommen hat."

So urteilte Jens Jessen in der Wochenzeitung DIE ZEIT über einen schlagzeilenträchtigen Frauenstreit. Der RHEINISCHE MERKUR verwies hingegen auf Studien: "Denen zufolge sind Jungs die Verlierer dieser Gesellschaft. Sie schneiden in der Schule schlechter ab, werden eher als verhaltensauffällig eingestuft und sitzen häufiger im Gefängnis", schrieb Christiane Florin: "Frau Schröder hält deshalb Feminismus für irgendetwas von gestern."

Den RHEINISCHEN MERKUR werden wir ja leider nicht mehr lange zitieren können. Ab Dezember wird er eingestellt und soll als Beilage in der ZEIT aufgehen. "Deutschland braucht ein Männerministerium", fordert auf jeden Fall noch mal Christiane Florin. Was würde der Sparwart der Bundesregierung, der Bundesfinanzminister, nur zu einem weiteren Ministerium sagen? Da möchten wir lieber nicht anwesend sein.

"Welches Youtube-Video können Sie denn empfehlen?","

fragt der TAGESSPIEGEL vom Sonntag den PR-Mann Elmar Giglinger. Was der antwortet, ist wahrlich keine Überraschung:

""Den aktuellen Youtube-Hit 'Reden Sie nicht, Herr Offer!'. Perfektes Infotainment zum Thema Mitarbeiterführung. Vielen Dank für diesen kostenneutralen Crashkurs an den Bundesfinanzminister."

Der seltsame Fall des Dr. Offer und Mr. Schäuble – wie der Bundesfinanzminister vor versammelter Journalistenmeute und laufenden Kameras mit seinem Sprecher umsprang – hat die Kommentatoren ja in eine Erregung versetzt, mit der verglichen selbst die "Wärmedämmung für Gebäude" noch harmlos ist.

"Der Fall wirkt, als wäre er perfekt inszeniert", lasen wir in der TAZ: "eine gute, weil ehrliche Show", fand Jan Feddersen.

"Offer, der Düpierte, gibt, auch das sehen wir alles ungeschnitten, den Erschrockenen, in winzigen Brüchen von Sekunden auch den Beflissenen, Ertappten, aber nicht den Unterwürfigen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sah die "Stunde der Heuchler", sah "Empörungstheater". In der Tat: wer sich das Video ansieht, weiß wirklich nicht, was ihn mehr befremden soll – der ausgeflippte Minister oder die Tatsache, dass anwesende Journalisten dazu lachen.

"In den Redaktionen jener, die gelacht haben, wird der Anlass des Gelächters skandalisiert, als hätte der Minister eine Menschenrechtsverletzung ersten Ranges begangen","

empörte sich in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN Jürgen Kaube.

""Was hat den Pressesprecher mehr verletzt: der fünfminütige Sarkasmus des Ministers oder seine mediale Ausschlachtung bis zum unteren Rand der Geschmacksskala?"

Und dann zählte Jürgen Kaube Minister auf, "an die jetzt erinnert wird, weil sie zu noch viel drastischerem Umgang mit ihrem Personal neigten: Schily, Clement, Fischer." Hinter verschlossenen Türen eben, möchte man hinzufügen. Und wie schrieb schon Richard Wagner in der NEUEN ZÜRCHER?

"Wir verkaufen Politik und nutzen auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten die Gunst der Stunde."